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3. Grundsätze für Bürger*innenbeteiligung in Lichtenberg

3.1. Grundsätze der Kommunikation

Die Grundlage für erfolgreiche Beteiligungsprozesse ist eine konstruktive Dialogkultur aller Beteiligten. Dieser liegen folgende Regeln zugrunde:

  1. Alle Beteiligten bringen eine Bereitschaft für einen offenen und ehrlichen Dialog mit und sind bereit ihre eigenen Sichtweisen zu hinterfragen.
  2. Alle Beteiligten verständigen sich auf gemeinsame Gesprächsregeln.
  3. Alle Beteiligten erhalten die gleichen verfügbaren Informationen zum Beteiligungsgegenstand. Die Möglichkeiten und Grenzen des Beteiligungsprozesses sind für alle transparent.
  4.  Alle Beteiligten bringen die eigenen Erfahrungen, den individuellen Sachverstand und persönliche Perspektiven und Interessen in den Prozess ein. Wenn darüber hinaus fachliche Expertise benötigt wird, wird diese hinzugezogen.
  5. Im Gespräch stehen Argumente im Vordergrund.
  6. Die Beteiligten diskutieren zu allen Themen lösungsorientiert. Sie streben im Konfliktfall Kompromisse an und suchen sich im Zweifelsfall Unterstützung durch eine neutrale Moderation oder Mediation.  

3.2. Grundsätze der Transparenz

Das Beteiligungsvorhaben sowie der Beteiligungsprozess sollen transparent, nachvollziehbar und verbindlich gestaltet werden.

Dazu gehört:

3.2.1.    Alle bezirklichen Vorhaben sollen in Zukunft über eine zentrale Vorhabenliste kommuniziert werden

Ein zentrales Instrument, um Bürger*innen über geplante Veränderungen im Bezirk und die Möglichkeit, an diesen mitzuwirken, zu informieren ist eine Vorhabenliste. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen strebt eine Vorhabenliste auf Landesebene an, die auch die Vorhaben aller Berliner Bezirke mitaufführt. Der Bezirk leitet seine Vorhabenbeschreibungen an die Stelle weiter und ist verantwortlich dafür, die Angaben in der Vorhabenliste regelmäßig zu aktualisieren bzw. die Aktualisierung an die Stelle weiterzuleiten. Die Vorhaben sollen in verständlicher Sprache formuliert werden. In der Vorhabenliste wird neben Hintergrundinformationen zum geplanten Vorhaben auch angezeigt, ob hierzu bereits eine Beteiligung der Bürger*innen geplant ist. Wenn dies nicht der Fall ist, können Beteiligungen auch von Bürger*innen selbst angeregt werden.

3.2.2.    Alle Beteiligungsprojekte werden frühzeitig und zielgruppengerecht bekannt gemacht.

Kommunikation und Beteiligung werden zusammengedacht und miteinander verzahnt. Beteiligungsprozesse, die von der Verwaltung initiiert werden, werden frühzeitig angekündigt. Zu jedem Beteiligungsprozess gehört daher auch eine Kommunikationsstrategie, in der festgehalten wird, wie die Lichtenberger*innen angesprochen werden, um sich in den Beteiligungsprozess einzubringen. Es werden verschieden Wege der Bekanntmachung genutzt und dabei auch neue Kommunikationsmaßnahmen ausprobiert. So sollen sowohl analoge als auch digitale Kommunikationskanäle für eine zielgruppenspezifische Ansprache, z.B. Social Media, Presse oder bereits bestehende Netzwerke zum Einsatz kommen . Lichtenberger*innen sollen sich auch direkt über Vorhaben im Bezirk informieren können, indem sie themen- und raumbezogene Informationen (z.B. als Newsletter) abonnieren, die vom Bezirksamt bereitgestellt werden.

3.2.3.    Informationen werden verständlich aufbereitet und zur Verfügung gestellt.

Eine gemeinsame Informationsgrundlage aller Beteiligten zum Ausgangszustand (und wenn möglich auch zur Zielsetzung) des Prozesses ist die Grundlage für eine gelingende Beteiligung. Hintergrundinformationen werden daher auf verschiedenen Ebenen zur Verfügung gestellt als Text, Bild, Video, Graphik oder Audio. Es wird dabei eine verständliche Sprache verwendet. Die Bereitstellung der Informationen erfolgt niedrigschwellig. Dokumente, Bilder und Videos und weitere Medien werden barrierearm erstellt und zur Verfügung gestellt

3.2.4.    Die durch eine Bürger*innenbeteiligung entwickelten Vorschläge finden ihre ernsthafte Berücksichtigung in der politischen bzw. Entscheidungsfindung bei der Verwaltung

Am Ende eines jeden Beteiligungsprozesses steht die Entscheidung des Bezirkes oder der Bezirksverordnetenversammlung. Die Ideen und Hinweise der Lichtenberger*innen werden hier beratend aufgenommen und wenn möglich umgesetzt. Der Umgang mit den Ergebnissen eines Beteiligungsprozesses muss durch die Entscheidungsträger*innen transparent und verbindlich erfolgen. In dem Fall, dass Ergebnisse der Beteiligung nicht (vollständig) übernommen oder umgesetzt werden können, begründen die Entscheidungsträger*innen diese Entscheidung mündlich oder schriftlich (Protokoll). Die Lichtenberger*innen können Rückfragen zum Prozess und zu den Ergebnissen an den Bezirk und in der Bezirksverordnetenversammlung stellen.

3.3. Grundsätze der Prozessgestaltung

Beteiligungsprozesse sind je nach Thema oder Komplexität sehr unterschiedlich. Dennoch soll dieser Leitfaden übergreifende Anforderungen und Standards definieren. Zu diesen gehören:

3.3.1.    Es braucht individuelle Konzepte für jeden Prozess.

Die Verantwortung für die Erstellung eines Beteiligungskonzeptes liegt bei der für das Vorhaben zuständigen Verwaltung. Das Beteiligungskonzept umfasst neben dem zeitlichen Ablauf auch die Überlegung, welche Formate und Methoden zum Einsatz kommen sowie Zuständigkeiten und Aufgaben. Damit bietet das Beteiligungskonzept einen transparenten Überblick über den Prozess. Gleichzeitig müssen Konzepte im Laufe des Verfahrens auch angepasst werden können, wenn dies nötig wird. Werden Beteiligungsprozesse von Bürger*innen angeregt und von den zuständigen Stellen angenommen, dann wird das Beteiligungskonzept für das Verfahren in einem kooperativen Prozess aus Politik, Verwaltung und Bürgerschaft erstellt, was nicht ausschließt, dass ein partizipativ erstelltes Konzept auch in anderen Fällen möglich ist. Bedeutung und Tragweite eines Projektes sollten möglichst in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand stehen. Konstruktive Beteiligungsprozesse benötigen einen vernünftigen Zeitrahmen in Abhängigkeit von Größe und Tragweite des Einzelvorhabens.

3.3.2.     Bürger*innen haben die Möglichkeit Beteiligungsprozesse anzuregen.

Neben der Möglichkeit, sich über bereits geplante Beteiligungsprozesse des Bezirkes zu informieren und dort aktiv mitzuwirken, haben Lichtenberger*innen das Recht selbst Beteiligungen zu bezirklichen Angelegenheiten anzuregen. Dafür gelten folgende Grundsätze:

  • Lichtenberger*innen können zu Vorhaben aus der Vorhabenliste eine Beteiligung anregen, sofern von amtlicher Seite keine Mitwirkung angedacht ist.
  • Bei Angelegenheiten, die nicht Teil der Vorhabenliste sind, wenden sich Lichtenberger*innen mit ihrem Anliegen an dafür festgelegten Ansprechpartner*innen, etwa an die Stadtteilkoordination, die Stabsstelle oder den Beirat.
  • Es gibt nachvollziehbare Kriterien, anhand derer entschieden wird, in welchen Fällen eine Beteiligung möglich ist.

3.3.3.    Für die Durchführung von Bürger*innenbeteiligungen werden dauerhaft Ressourcen bereitgestellt.

Der Bezirk Lichtenberg möchte die Mitwirkung von Bürger*innen dauerhaft etablieren und stellt daher zusätzliche und ausreichende zeitliche, finanzielle wie auch personelle Ressourcen zur Verfügung – hierbei müssen sowohl interne als auch externe Ressourcen (z.B. Planer*innen, Moderator*nnen etc.) bedacht werden. Es wird ein Konzept erarbeitet, in dem eine dauerhaft angelegte Struktur für die Organisation von Beteiligungsprozessen mit konkreten Zuständigkeiten festgelegt wird.

3.3.4.    Beteiligungsprozesse sind grundsätzlich ergebnisoffen - innerhalb eines klar definierten Rahmens.

Der Spielraum für die konkrete Ausarbeitung und inhaltliche Gestaltung des jeweiligen Vorhabens ist abhängig vom genauen Gegenstand und vom Zeitpunkt im Prozess. Zu Beginn des Beteiligungsprozesses tauschen sich die mitwirkenden Akteur*innen über den bestehenden Gestaltungsspielraum und über fachliche, rechtliche wie prozessuale Grenzen aus. Auch wenn Beteiligungsprozesse zu späteren Zeitpunkten oder bei engem Spielraum ebenfalls sinnvoll sind, wird angestrebt, die Lichtenberger*innen möglichst frühzeitig in Prozesse mit einzubeziehen. Zudem muss in jedem Prozess die Möglichkeit mitgedacht werden, dass im Rahmen eines Beteiligungsprozesses bereits getroffene Entscheidungen auch wieder verworfen werden können, wenn dies zielführend und gewollt ist.

3.3.5.    Beteiligungsprozesse richten sich an möglichst unterschiedliche Zielgruppen.

Um ein breit gestreutes Meinungsbild einzuholen und verschiedene Menschen miteinander in den Austausch zu bringen, finden möglichst diverse Zielgruppen und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen verschiedenen Zielgruppen Beachtung. Beteiligungs- und Kommunikationskonzepte sind folglich auf die Adressierung und Beteiligung betroffener Zielgruppen gerichtet. Es werden Orte, Methoden, Themen und Formate gewählt, die einer Diversität von Zielgruppen eine Beteiligung ermöglichen bzw. erleichtern. Das Ziel ist es, vor allem jene einzubeziehen, deren Interessen unterrepräsentiert sind.

3.3.6.    Beteiligungsprozesse müssen für alle leicht zugänglich sein

Um unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen, ist auch die Zugänglichkeit des Beteiligungsprozesses selbst wichtig. Dieser soll daher barrierearm gestaltet werden. Dazu gehört, dass Veranstaltungen barrierearm erreichbar sind. Es wird geprüft, ob Gebärdendolmetscher*innen oder Übersetzer*innen für Veranstaltungen benötigt werden. Informationen und Dokumente müssen barrierearm gestaltet werden und voraussetzungsfrei zugänglich sein.

3.3.7.    Beteiligungsprozesse werden regelmäßig evaluiert.

Um die Qualität von Beteiligungsprozessen zu sichern, ist es wichtig, diese regelmäßig zu evaluieren. Daher sollen Beteiligungen spätestens nach Abschluss des Prozesses evaluiert werden. Bei der Evaluation sind unterschiedliche Dimensionen von Bedeutung, die je nach Prozessgestaltung variieren können:

  • Erreichung von Zielgruppen/ Vielfalt der Teilnehmenden
  • Qualität der Ergebnisse
  • Prozesablauf und Zeitplanung
  • Direktes Feedback der Teilnehmenden

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