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Smart City-Strategie Berlin

Das Land Berlin entwickelt eine neue Smart City Strategie - und die ganze Stadtgesellschaft schreibt mit!

Kapitel 2: Ziele

Einleitung

Aufbauend auf die im strategischen Rahmen formulierten Leitgedanken und Zukunftsperspektiven (siehe Kapitel 1) wurden in einem umfassenden Beteiligungsprozess insgesamt 16 operative Ziele erarbeitet. Die Strategie „Gemeinsam Digital: Berlin“ ist als ermöglichende Strategie angelegt und erfordert damit auch eine neue Art der Zusammenarbeit. Daher sind die Zielsetzungen bewusst ressortübergreifend gewählt. Sie adressieren auf unterschiedliche Weise eine grundlegende Frage der städtischen Transformation: Wie können neue Prozesse und Technologien dazu beitragen, angestrebte Veränderungen effektiver, schneller und bedarfsgerechter zu erreichen? 

 

Die operativen Ziele sind an unterschiedliche Fachstrategien und Maßnahmen anschlussfähig, insbesondere der BerlinStrategie 3.0. Sie sollen deren Wirksamkeit verstärken. Sie sind zur besseren Übersicht in fünf Kategorien unterteilt:

  • Ziele für die lernende Strategie, 
  • Ziele für Transparenz, zugängliche Informationen und Bürgerrechte, 
  • Ziele für passende Rahmenbedingungen, 
  • Ziele für nachhaltige Wertschöpfung und 
  • Ziele für erfolgreiche Praxis.

Ziele für die lernende Strategie

Die Strategie “Gemeinsam Digital: Berlin” verfolgt einen lernenden Ansatz. Die Strategie zielt darauf ab, gemeinsam Lösungen zu definieren, diese zu testen, zu evaluieren und zu verbessern. Digitalisierung stellt keinen abgeschlossenen Prozess dar und die Smart City muss sich immer wieder neu erfinden, d.h. auf geänderte Rahmenbedingungen reagieren.

Operatives Ziel 1: Veränderung gemeinsam angehen und notwendige Kapazitäten aufbauen

Berlin braucht auf allen Ebenen eine Kultur des offenen Lernens und gemeinsamen Experimentierens, um dringende Herausforderungen anzugehen und auf Krisen vorbereitet zu sein. In der öffentlichen Verwaltung soll der Aufbau von methodischen und technischen Kompetenzen, wie z.B. zu agilen Methoden oder Data Science, durch die Führungsebene vorangetrieben werden, um eigenständiges Handeln zu ermöglichen und zugleich eine wirkungsorientierte Zusammenarbeit mit externen Akteur:innen zu erleichtern. In der Stadt sollen vielfältige Bildungs- und Netzwerkangebote allen Bewohner:innen ermöglichen, sich selbstbestimmt im digitalen Raum zu bewegen, Wissen aufzubauen und dieses in die Stadtgestaltung einzubringen. Durch die neuen Kompetenzen soll die Stadtgesellschaft befähigt werden, Veränderungen gemeinsam anzugehen. 

Operatives Ziel 2: Mit anderen Smart Cities gemeinsam lernen

Die Akteur:innen von “Gemeinsam Digital: Berlin” sollen sich mit anderen Smart Cities national und international vernetzen, um gegenseitig von den Erfahrungen zu lernen. In bestehenden Netzwerken sowie neuen, passenden Austauschformaten soll damit der Wissenstransfer zur Gestaltung lebenswerter, nachhaltiger und gemeinwohlorientierter Smart Cities ermöglicht werden. Dabei kann Berlin durch die gemeinsamen Erfahrungen als starke Stimme den internationalen Smart City-Diskurs beeinflussen und durch projektbezogene Kooperationen die jeweiligen Erfolgsmodelle lokal anpassen und skalieren, sowie Lösungen auch gemeinsam entwickeln.

Operatives Ziel 3: Partizipative Governance und Beteiligungsformate verstetigen

Nur gemeinsam mit den Bewohner:innen kann eine an deren Bedarfen ausgerichtete Stadt gestaltet werden. Dazu müssen inklusive, aufsuchende und möglichst dialogorientierte Formate der Beteiligung (Workshops, Umfragen, öffentliche Veranstaltungen etc.) allen Berliner:innen ermöglichen, Ideen einzubringen und an deren Umsetzung mitzuwirken. Die Methoden und der Ort sollen passend zu Thema, Anlass und Zielgruppe ausgewählt und durch zusätzliches Fachpersonal unterstützt werden. Eine partizipative Governance* soll gewährleisten, dass Bewohner:innen bei wichtigen Entscheidungen einbezogen werden. 

Operatives Ziel 4: Begegnungs- und Lernorte attraktiv weiterentwickeln

Lern- und Begegnungsorte, etwa Kiezlabore oder Digitalwerkstätten, unterstützen die Stadtgesellschaft dabei, neue Kompetenzen zu erwerben, sich zu vernetzen und ihre Stadt gemeinsam zu gestalten. Bei der Entwicklung inklusiver Angebote sollen lokale Akteur:innen gefördert werden. Es soll auf bestehenden Begegnungsorten (öffentliche Bibliotheken, Volkshochschulen, Kiezbüros und Offenen Werkstätten) aufgebaut werden, um so die bestehenden Strukturen und Alltagsroutinen der Menschen zu nutzen und bestehende öffentlich zugängliche Räume weiterzudenken. Die Angebote müssen für alle Berliner:innen unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Alter zugänglich und einladend sein und dafür sorgen, dass digitale Teilhabe für alle gewährleistet ist.

Ziele für Transparenz, zugängliche Informationen und Bürgerrechte

Um die in Kapitel 1 beschriebenen Leitgedanken umzusetzen und Partizipation zu ermöglichen, müssen digitale Angebote nutzer:innenorientiert gestaltet und Informationen zugänglich und leicht verständlich sein.  Das Handeln von Politik und Verwaltung muss nachvollziehbar und transparent sein. Es gilt außerdem, die digitale Souveränität und Privatsphäre der Bürger:innen zu stärken.

Operatives Ziel 5: Städtische Dienstleistungen barrierearm und bedarfsgerecht entwickeln

In Berlin leben Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Voraussetzungen. Angebote des digitalen Berlins sollen diese unterschiedlichen Bedürfnisse berücksichtigen und insbesondere auch sonst unterrepräsentierte Gruppen – z.B. Kinder, Senior:innen, Menschen mit geringen Deutschkenntnissen oder Menschen mit Behinderung – frühzeitig in Entwicklungsprozesse einbeziehen. Öffentliche Informationsangebote sollen in Text und Bild die ganze Diversität der Stadtgesellschaft widerspiegeln, in leicht verständlicher Sprache verfasst und bei Bedarf auch mehrsprachig zur Verfügung gestellt werden. 

Operatives Ziel 6: Nachvollziehbarkeit in der Gestaltung der Stadt und ihrer Prozesse gewährleisten

Ein transparentes Handeln aller an der Stadtgestaltung beteiligten Akteur:innen und Systeme stärkt das Vertrauen in Politik und Verwaltung, erleichtert Kollaboration, und ermöglicht gemeinsames Lernen sowie Partizipation. Die Stadt soll dazu übersichtliche Informationsangebote entwickeln, um z.B. das Erreichen der Strategieziele überprüfen zu können. Eingesetzte Algorithmen und technische Systeme sollen zudem in ihrer Funktionsweise transparent und nachvollziehbar sein. Schließlich sollen Vernetzungsangebote den Austausch der unterschiedlichen Akteur:innen fördern. Smart City-Projekte werden folglich transparent und für alle nachvollziehbar geplant, durchgeführt und evaluiert. 

Operatives Ziel 7: Digitale Bürgerrechte stärken und Datenschutzbestimmungen einhalten

Im Sinne der Cities Coalition for Digital Rights* sollen Bürgerrechte, die offline gelten, auch online geschützt werden. So soll für Bewohner:innen zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar sein, wofür ihre Daten bei öffentlichen Stellen gespeichert und genutzt werden. Für die Einhaltung von Datenschutzbestimmungen bei Behörden werden klare, einfache Prozesse aufgesetzt, um die Entwicklung datenschutzkonformer Anwendungen zu erleichtern.

Ziele für passende Rahmenbedingungen einer smarten Stadt und Metropolregion

Um den Herausforderungen der (digitalen) Zukunft besser begegnen zu können, müssen zunächst einige Grundlagen geschaffen werden. Dazu gehören ein möglichst offenes IT-Ökosystem für städtische Anwendungen, die Sicherstellung von Datenkompetenz, Datenqualität und Schnittstellen für die Zusammenarbeit der Verwaltung untereinander, mit anderen städtischen Akteuren und innerhalb der Metropolregion. 

Operatives Ziel 8: Offenes IT-Ökosystem städtischer Anwendungen entwickeln

Die Grundlage für eine  digitale Stadt ist ein offenes und interoperables Ökosystem* digitaler Anwendungen. Bürgerdienste und Fachverfahren* der öffentlichen Verwaltung sollen aus Teilmodulen bestehen und über standardisierte Schnittstellen miteinander verknüpfbar sein, um den Austausch relevanter Daten effizient zu gestalten. Wo immer möglich, sollen dabei Open Source-Komponenten genutzt und neu entwickelter Code gut auffindbar an zentraler Stelle unter einer offenen Lizenz bereitgestellt werden. Daten der Verwaltung sollen nach dem Prinzip Open by Default* für Dritte zugänglich gemacht werden, falls keine schwerwiegenden Gründe dagegen sprechen. 

Operatives Ziel 9: Voraussetzungen für eine intelligente Datennutzung schaffen

Effizientes behördliches Datenmanagement und die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Daten sind Voraussetzung für die Entwicklung intelligenter Anwendungen im städtischen Kontext. Der Aufbau von Datenkompetenz in jeder Behörde sowie zentrale Zuständigkeiten für qualitativ hochwertige Datenbestände, gewährleisten die Umsetzung der Berliner Open Data-Strategie und bieten wichtige Potentiale für die Planung in der gesamten Stadt. Schnittstellen zur Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft sollen genutzt werden, um auch Daten aus diesen Bereichen für die Öffentlichkeit nutzbar zu machen, z.B. durch (Echtzeit)-Daten beim intelligenten Energiemanagement oder der nachhaltigen Mobilitätsplanung. 

Operatives Ziel 10: Kritische und digitale Infrastruktur ausfallsicher gestalten

Der Betrieb der grundlegenden Versorgung ist die Basis für eine smarte Stadt. Diese kritischen Infrastrukturen (KRITIS)* sollen ausfallsicher gestaltet werden, um die Versorgungssicherheit der Zivilbevölkerung zu garantieren. Die städtische Souveränität und Reaktionsfähigkeit profitiert außerdem von einer sicheren Infrastruktur für den Eigenbetrieb von gemeinwohlorientierten, digitalen Anwendungen. Der Eigenbetrieb soll, wo angemessen und möglich, Standard sein und dabei auch aktuelle Sicherheitsanforderungen in der Informationstechnologie berücksichtigen.

Operatives Ziel 11: Smarte Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg entwickeln

Bisher laufen viele Prozesse der Stadtentwicklung in der Region Berlin-Brandenburg zwischen den zwei Bundesländern getrennt voneinander ab. Eine integrative Planung von Stadtentwicklung, ÖPNV, Infrastrukturen, Energieversorgung und Landwirtschaft zwischen Berlin und Brandenburg fördert die Entstehung einer smarten Hauptstadtregion. Beide Länder sollen sich dazu technisch und organisatorisch enger vernetzen, ihre digitalen Angebote interoperabel gestalten und den Austausch relevanter Daten erleichtern (siehe auch: Strategischer Gesamtrahmen Berlin-Brandenburg). Die nahtlose Integration von Mobilitätsangeboten und die Einrichtung lokaler Co-Working-Spaces unterstützt die Flexibilität von Menschen, die in der Hauptstadtregion leben und arbeiten.    

Ziele für nachhaltige Wertschöpfung

Bedarfsorientierte Lösungen für die Smart City Berlin können von unterschiedlichen Akteuren oder Akteurskonstellationen entwickelt, umgesetzt und betrieben werden. Von Bedeutung ist dabei, dass sie auf die in der Strategie beschriebenen Leitgedanken einzahlen und dass sie einerseits Bezug nehmen auf die lokale Situation und andererseits die globalen Herausforderungen von Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz berücksichtigen.

Operatives Ziel 12: Smarte Wirtschaftsmodelle erproben und fördern

Smarte Wirtschafts- und Geschäftsmodelle, die Erfindergeist mit Nachhaltigkeit und Gemeinwohlorientierung verbinden, spielen eine zentrale Rolle für die Berliner Wirtschaft. Die Entwicklung neuer Unternehmensformen in Bereichen wie Social Entrepreneurship, digitalen Genossenschaften und anderen kooperativen Wirtschaftsmodellen soll künftig stärker unterstützt werden. Für die Entwicklung, die Umsetzung und einen nachhaltigen und partizipativen Betrieb von Smart City-Lösungen sollen auch neue Kooperationsformen zwischen Staat, öffentlichen und privaten Unternehmen, Start-Ups sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen erprobt und evaluiert werden Beispiel hierfür sind innovative Betreibermodelle*.  

Operatives Ziel 13: Regeneration der natürlichen Ressourcen lokal begünstigen

Natürliche und nicht-erneuerbare Ressourcen sind begrenzt, dementsprechend muss eine smarte Nutzung ihren Verbrauch reduzieren und sie in Stoffkreisläufe einbinden. Dabei soll die Stadtgesellschaft zuerst den Eigenwert und die Leistungen von Ökosystemen anerkennen und motiviert werden, in ihre Regenerationsfähigkeit zu investieren. Die Nachhaltigkeit der Quartiere soll gefördert werden, indem aufeinander abgestimmte Kreisläufe in Bezug auf Versorgung (Wasser, Nahrung, Energie, und Konsumgüter) sowie Entsorgung etabliert werden und der Verbrauch natürlicher und nicht-erneuerbarer Ressourcen auf lokaler Ebene effizienter organisiert wird (Gebäude, Mobilität). Diese Entwicklung hin zu einer smarten, regenerativen Stadt soll beispielsweise bei neuen Stadtentwicklungsprojekten wie dem Schumacher Quartier und der angrenzenden Urban Tech Republic erprobt werden. 

Ziele für erfolgreiches Umsetzen

Für einen erfolgreichen Transformationsprozess ist es essentiell, auszuprobieren, zu scheitern, zu optimieren und zu lernen. Dafür braucht es in der Stadt ausgewiesene Experimentierfelder, Bedingungen für die öffentliche Vergabe, die daran angepasst sind und eine Verwaltung, der Kooperation und Kommunikation möglich ist und die Andere zum Handeln ermöglicht.

Operatives Ziel 14: Impulse für lebenswerte Stadtentwicklung setzen

Smart City-Ansätze müssen Impulse für lebenswerte und nachhaltige Stadtentwicklung setzen. Langwierige Prozesse und strenge Anforderungen erschweren oft das schnelle Ausprobieren neuer Ansätze. Daher sollen die Smart City-Maßnahmen dabei helfen, Prozesse zu erproben und dadurch langfristig auch strukturelle Abläufe in der städtischen Entwicklung zu verändern. Maßnahmen oder Pilotprojekte, die den städtischen Raum verändern (z.B. Umgestaltung des öffentlichen Raums oder der Mobilitätsangebote), sollen zukünftig erleichtert werden und schneller erfolgen. Dabei soll besonderer Wert auf eine inklusive Entwicklung gelegt werden, und die Projekte im öffentlichen Raum für die Bewohner:innen erlebbar gemacht werden, um Mitgestaltung und Feedback zu ermöglichen.    

Operatives Ziel 15: Transparente und anpassungsfähige Vergabe- und Investitionsprozesse etablieren

Im gesetzlichen Rahmen muss lernendes Experimentieren möglich sein. Flexible Finanzierungsmodelle und Förderinstrumente unterstützen ein schnelles Erproben vielversprechender Ansätze und deren Verstetigung. Agile* (*anpassungsfähige) Vergabe- und Gesetzgebungsprozesse sollen eingerichtet werden, um die Erfahrungen aus Experimenten und Projekten in neue Standards zu überführen. Hierbei werden Projekte so vergeben, dass sie sich an neue Anforderungen anpassen können und die Entwicklung als Prozess verstanden wird. So wird vermieden, dass (digital-)Projekte entwickelt werden, die Bedarfen nicht gerecht werden. 

Operatives Ziel 16: Effektive (Verwaltungs-)Prozesse und Werkzeuge zur Umsetzung von Vorhaben etablieren

Zeitgemäße (Verwaltungs-)Prozesse vereinfachen und beschleunigen die Umsetzung von Vorhaben und fördern die Koordination zwischen Verwaltung, Bewohner:innen und Unternehmen. Zu diesem Zweck sollen Werkzeuge für die Verwaltung entwickelt werden, die berücksichtigen, wie die Ziele und Ausrichtungen verschiedener städtischer Strategien aufeinander einwirken und eine wirkungsvolle projektorientierte Zusammenarbeit fördern. Dabei soll stets auch die Perspektive potentieller Nutzer:innen mitgedacht werden. Mustervorlagen und Methoden-Templates für einzelne Arbeitsschritte können nützliche Werkzeuge sein, um ein einheitliches Vorgehen zu erleichtern und eine Qualitätssicherung einzelner Umsetzungsprojekte zu gewährleisten. Ein standardisierter Prozess wird im Kapitel “Umsetzungsprozess” der Strategie “Gemeinsam Digital: Berlin” beschrieben.

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