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Smart City-Strategie Berlin

Das Land Berlin entwickelt eine neue Smart City Strategie - und die ganze Stadtgesellschaft schreibt mit!

Kapitel 1: Vision

1.1 Berliner Ansatz und Verständnis von Smart City

Im 21. Jahrhundert sind die Herausforderungen für Städte größer denn je: Ressourcenknappheit, Klimakrise, zunehmende Konflikte und gesellschaftliche Spaltung fordern kreative und innovative Lösungen. Gleichzeitig wachsen mit dem technischen Fortschritt auch die Handlungsoptionen und Verantwortlichkeiten von Städten, die als demokratische Gemeinschaften eine besondere Chance haben, Antworten auf diese Herausforderungen zu finden.

 

Berlin will dieses Potenzial auf verantwortungsvolle Weise nutzen. Dabei sollen Wissen und Technologie souverän eingesetzt werden, um eine Stärkung des Gemeinwohls zu erreichen. In Berlin sollen alle Bewohner:innen befähigt werden, an dieser Entwicklung mitzuarbeiten. Mit nachhaltigen und sozial gerechten Lösungen soll der Alltag in der Stadt lebenswerter und zukunftsfähig gestaltet werden. In diesem Prozess orientiert sich Berlin als smarte Stadt an klaren Zielen zur Stärkung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Daseinsvorsorge und Teilhabe.

 

Nachhaltige Stadtentwicklung, inklusive der notwendigen Neuaufteilung städtischer Flächen, zum Beispiel für die Mobilitätswende, können nicht mit den Prozessen des 20. Jahrhunderts gelingen. Neben den externen Herausforderungen wie der Klimakrise sind gleichzeitig nachvollziehbare Veränderungsängste vorhanden. Diese Herausforderungen erfordern, dass wir ihre Komplexität verstehen und trotzdem effizient handeln können.  Die Voraussetzung dafür ist ein kooperatives Vorgehen der Politik und Verwaltung, in enger Abstimmung mit zivilgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteur:innen. 

 

Die Stadt Berlin will schon lange smarter werden und ist trotzdem an vielen Stellen noch nicht auf dem wünschenswerten Stand. Dabei ist die Stadt voll von Wissen, engagierten Akteur:innen und vielversprechenden Projekten. Was fehlt, ist eine zentrale Steuerung der vielen Impulse: Das Verwaltungshandeln funktioniert noch zu oft in Silos und die Bürokratie steht der Veränderung häufig im Weg, statt sie zu unterstützen. Mit der Strategie Gemeinsam Digital: Berlin sollen neue Wege gefunden, neue Werkzeuge erprobt und weiterentwickelt werden, um diesen Schwierigkeiten effektiv zu begegnen. Wie die Erarbeitung der Strategie begreifen wir auch die Umsetzung und den Lernprozess, als Aufgaben, die nur partizipativ funktionieren. Die Umsetzung soll gemeinsam mit der Stadtgesellschaft erfolgen, auch um die Sichtbarkeit in der gesamten Stadt zu erhöhen und zu einem spürbaren Erfolg im Alltag aller Berliner:innen zu werden.

Eine Kontextualisierung

“Gemeinsam Digital: Berlin” ist eine Fusion aus der Berliner Digitalstrategie und der Smart City-Strategie (1). Während die Smart City-Strategie die Vision für das Zusammendenken von Stadtentwicklung und Digitalisierung in Berlin darstellt und Ziele definiert, bringt die Digitalstrategie die Umsetzungskompetenz dafür ein. Von Anfang an haben wir auf umfangreiche Beteiligungsansätze gesetzt und sehen Digitalisierung als einen der großen Hebel für positive Veränderung in der Entwicklung der Stadt und dem Angebot der Berliner Verwaltung. Die Digitalisierung und die Anwendung von Technologien werden nicht als Selbstzweck betrachtet, sondern werden für eine lebenswerte und zukunftsfähige Stadt eingesetzt. 

Die Strategie “Gemeinsam Digital: Berlin” gibt uns sowohl die Richtung vor als auch Werkzeuge an die Hand. Die Strategie enthält einen Wertekompass, Ziele, Maßnahmen und ein Konzept zur Umsetzung. Innerhalb der Bundesförderung “Modellprojekte Smart Cities” (2) werden bereits erste Pilotprojekte durchgeführt. Genauso werden bereits zentrale Maßnahmen der digitalen Infrastruktur angegangen, also solche, die es zwingend braucht, um u.a. eine Kooperation innerhalb der Verwaltung und mit der Stadtgesellschaft zu ermöglichen. Das Umsetzungskonzept beruht auf einem standardisierten Vorgehen für das Aufsetzen von Digitalprojekten und soll kontinuierlich weiterentwickelt werden.

In der Konzeptionsphase wurde der “Strategische Rahmen zur Ausarbeitung der Berliner Smart City-Strategie” erarbeitet und im August 2021 vom Senat beschlossen. Dieser bildet mit den “Leitgedanken”, “Zukunftsperspektiven” und den “Prinzipien der guten Praxis” den Referenzrahmen für die zukünftige Gestaltung und Weiterentwicklung der Strategie “Gemeinsam Digital: Berlin”.  

In der Verbindung von Stadtentwicklung und technologischen Aspekten sowie Zielen der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes hat das Thema Smart City zahlreiche Anknüpfungspunkte an bestehende Strategien des Landes Berlin und an die Richtlinien der Regierungspolitik (3). Als Querschnittsthema unterstützt die Smart City die Umsetzung durch den Einsatz digitaler Werkzeuge, neuer Arbeitsweisen und Kooperationsformen. Dabei sollen keine Parallelstrukturen geschaffen, sondern ein vernetztes, ressort- und sektorübergreifendes Handeln unter einem gemeinsamen Leitbild gefördert werden. Vor allem in Bezug auf die 2021 vom Senat beschlossene BerlinStrategie 3.0 als das ressortübergreifende, gesamtstädtische Leitbild einer integrierten Stadtentwicklung, unterstützt die Strategie deren Umsetzung.

Im Verständnis von “Gemeinsam Digital: Berlin” werden Herausforderungen ‘smart’, das heißt kreativ, offen, partizipativ und zweckmäßig, angegangen. 

Dabei werden Digitalisierung und Technologie als Werkzeuge betrachtet, die gesellschaftlichen Nutzen erzeugen und das demokratische Gemeinwesen stärken können. ‘Smart’ beschreibt dabei die Art und Weise, wie bestehende Ziele erreicht werden:

  • Was sind neue Wege, um Gemeinwohl, Nachhaltigkeit, Resilienz und Kooperation in der Stadt zu fördern? 
  • Wie lassen sich Daten und neue technische Möglichkeiten für die Stadtentwicklung kreativ und verantwortungsvoll nutzen?
  • Welche Prozesse sind notwendig, um Stadtentwicklung partizipativ, agil, transparent und werthaltig zu gestalten?

In dem Verständnis der Strategie “Gemeinsam Digital: Berlin” kann die konkrete Aushandlung des Gemeinwohls jedoch nur gemeinsam mit der Stadtgesellschaft (4) erreicht werden.

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1)  Die Erstellung der Smart City-Strategie wird gefördert durch das Programm „Modellprojekte Smart Cities” des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

2) ebd.

3) Berlin.de (2021). Richtlinien der Regierungspolitik 2021 - 2026.

4) Der Begriff Stadtgesellschaft bezieht sich in der Smart City-Strategie auf die vielfältigen Gruppen, die die Berliner Gesellschaft auszeichnen. Dazu zählen Verwaltung und Politik, Akteur:innen aus Wirtschaft und Wissenschaft, die organisierte Zivilgesellschaft und die Berliner:innen.

Eine Strategie von und mit der ganzen Stadtgesellschaft

Berlin setzt im Prozess der Entwicklung und Umsetzung der neuen Strategie auf Teilhabe und Mitgestaltung. Die Strategie wurde aus der Überzeugung heraus entwickelt, dass die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft nur mit der gesamten Stadtgesellschaft erfolgreich angegangen werden können. Die Strategie entstand daher nicht allein aus der Verwaltung heraus, sondern es wurden neue Ansätze zur Strategieentwicklung erprobt, die auch als Lernerfahrung für die gemeinsame Umsetzung dienen sollen.  Dabei wurde im gesamten Prozess darauf geachtet, dass möglichst viele Perspektiven aus der Berliner Stadtgesellschaft vertreten waren. So sollten Berliner:innen konkret die Möglichkeit erhalten, an der Ausarbeitung mitzuwirken, aus ihrer Sicht die Herausforderungen und Bedarfe zu benennen, Ziele zu formulieren und Maßnahmen vorzuschlagen.

Schon in der ersten Erarbeitungsphase, der Konzeptphase, von Januar 2021 bis August 2021 waren bei der Erarbeitung des “Strategischen Rahmens” tausende unterschiedliche Stimmen vertreten. Die ausgewählten Formate reichten von aufsuchender Beteiligung sogenannter Stiller Gruppen (1), über Workshops für Akteur:innen aus Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft bis hin zu breit angelegten Online-Umfragen und Veranstaltungen. In der Ausarbeitungsphase von September 2021 bis Oktober 2022 wurde noch einmal stärker darauf geachtet, dass eine möglichst große Vielfalt von Berliner Perspektiven an der Erarbeitung der Ziele und Maßnahmen mitwirkt. Dies wurde unter anderem durch das “Stadtgremium Digitales Berlin” und das “Verwaltungsforum Smart City” ermöglicht. Auch Expert:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Verwaltung konnten zur Ausarbeitung der Ziele und Maßnahmen maßgeblich beitragen. Im Anhang findet sich eine ausführliche Darstellung des Beteiligungsprozesses in beiden Phasen.

Durch die Vorarbeit im Rahmen der Digitalstrategie können zusätzlich auch Erkenntnisse zur Digitalisierung in der Verwaltung mit in die Strategie einfließen. Digitalisierung geschieht seit langem und auch erfolgreich in den Berliner Bezirken und Senatsverwaltungen (2). Eine zentrale Erkenntnis aus der Arbeit lautet: Vor allem eine zentrale Koordination und die Arbeit an zentralen Infrastrukturen und Prozessen ist stark verbesserungswürdig.

Mit der Strategie “Gemeinsam Digital: Berlin” wird nun ein Rahmen geschaffen, der den vielen in der Digitalisierung Aktiven wichtige Prozesse und Werkzeuge sowie Sichtbarkeit und Wirkungsmessung zur Verfügung stellt.

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1) Stille Gruppen: Zu den sogenannten Stillen Gruppen zählen Berliner:innen, die sonst nur selten oder schwer in Beteiligungsprozessen zu hören sind: Menschen mit Einschränkungen, Menschen mit Fluchterfahrungen, Menschen mit Diskriminierungserfahrungen, Kinder und Jugendliche, sowie Menschen ohne Obdach.

2) Im Grünbuch der Digitalstrategie wird ausführlicher der Kontext der Digitalisierung in der Berliner Verwaltung erläutert.

 

Digitalisierung als Herausforderung und Chance für die Stadtentwicklung

Die Digitalisierung wird in der Strategie “Gemeinsam Digital: Berlin” als Mittel zum Zweck und als Werkzeug betrachtet. Als Querschnittsthema fördert und erfordert sie systemischen Wandel. Die Strategie ist daher bewusst keine Fachstrategie (1) für ein bestimmtes Fachressort bzw. einen Sektor. Vielmehr hat sie das Ziel, das Erreichen bestehender Stadtziele zu ermöglichen und zu beschleunigen. Digitalisierung ist dabei mehr als der Einsatz von Technik. Sie erfordert und ermöglicht neue Prozesse und Arbeitsformen in der gesamten Stadt. Um die Chancen erfolgreich zu nutzen und umzusetzen, ist es grundlegend, dass die Verwaltung den internen Kulturwandel angeht und neue Formen der projektbasierten, ressortübergreifenden Zusammenarbeit etabliert.

Die positiven Effekte der Digitalisierung wie Agilität, Zusammenarbeit und grundsätzliche Offenheit gehen über die Veränderung der internen Verwaltungskultur hinaus. Sie bieten die Chance, die Effekte auch für die Gestaltung des physischen Raums zu nutzen.

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1) Fachstrategien werden in der Verwaltung oft als "Konzept" bezeichnet.

Die Berliner Situation

Neben den Herausforderungen, die die digitale Transformation ohnehin mit sich bringt, weist Berlin als Stadtstaat strukturelle Besonderheiten auf. Berlin ist zwar eine Stadt, sie hat jedoch zwölf Bezirke mit ihren jeweiligen kommunalen Aufgaben und eigener Bezirkspolitik sowie elf Hauptverwaltungen mit übergeordneten Aufgaben und ministerieller Führung auf Landesebene. Die Senatskanzlei schließlich unterstützt die Regierende Bürgermeisterin bei ihrer Arbeit und bei der Umsetzung der Richtlinien der Regierungspolitik. Die Strategie “Gemeinsam Digital: Berlin” ist sich dieser strukturellen Herausforderung bewusst und begegnet ihr mit neuen Arbeitsweisen und Vorgehen. Berlin ist zudem ein zentraler Teil der Metropolregion Berlin-Brandenburg, daher ist enge Kooperation mit dem Land Brandenburg unerlässlich. (1)

Berlin hat großes Potenzial, als Stadt ein nachhaltiges, zukunftsweisendes digitales Ökosystem zu entwickeln, nicht nur für technische Innovation, sondern auch für neue Formen der Zusammenarbeit. Dieses gemeinsam experimentierende und lernende Vorgehen wird bereits heute praktiziert: Im städtischen Innovationslabor CityLAB Berlin, in der Urban Tech Republic auf dem ehemaligen Flughafen Berlin Tegel, mit  der ZUsammenKUNFT Berlin eG – Genossenschaft für Stadtentwicklung im Haus der Statistik, an den Zukunftsorten, dem InfraLab sowie vielen weiteren Orten und Initiativen. In der Umsetzung der Strategie “Gemeinsam Digital: Berlin” wollen wir mit den vielfältigen Akteur:innen der Stadtgesellschaft unter anderem an diese Erfahrungen anknüpfen und in den Projekten auf Lernerfahrungen aufbauen. 

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1) Berlin-Brandenburg (2021). Überlegungen zu einem Strategischen Gesamtrahmen.

Eine Strategie als lernender Prozess

Die Strategie “Gemeinsam Digital: Berlin” umfasst einen einheitlichen Prozess für das Gestalten von Digital- und Smart-City-Projekten und Werkzeuge für die Umsetzung. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind in verschiedenen Fachbereichen (Ressorts) angesiedelt und erfordern meistens eine Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen bzw. Bezirken. Die aktuelle Sammlung beinhaltet beispielsweise Maßnahmen in den Bereichen Mobilität, Umwelt, Wasserversorgung, und Bildung. Sie unterstützen potenziell Themen aller Ressorts und bringen bestehende und neue ambitionierte städtische Ziele voran, wie beispielsweise Klimaschutz und -anpassung. Was sie auszeichnet ist weniger der Einsatz von Technologie, als vielmehr ein spezifisches Vorgehensmodell, geleitet von gemeinsamen Werten, Prinzipien und gemeinsamen Grundlagen (organisatorische, prozessuale, technische). Organisatorische Grundlagen sind beispielsweise die ressortübergreifende Zusammenarbeit, prozessual wird tendenziell ein agiles Vorgehen gewählt und technisch wird prototypisch entwickelt. Diese gemeinsamen Grundlagen ermöglichen zugleich, dass Projekte ineinandergreifen, sich gegenseitig stützen und voneinander lernen können. Auf der Basis einer umfassenden Monitoring-Systematik wird auch die Strategie selbst zu einer lernenden Strategie.

1.2 Die Leitgedanken

Die bereits im Strategischen Rahmen in ausführlicher Version formulierten Leitgedanken sind unser Kompass für die Entwicklung und Umsetzung der neuen Strategie “Gemeinsam Digital: Berlin”. Sie fassen die Wertvorstellungen und übergeordneten Ziele zusammen und greifen auch die vielfältigen Perspektiven der Berliner Stadtgesellschaft auf. Die Leitgedanken fokussieren dabei bewusst nicht technische Ziel- und Wertvorstellungen, an denen sich der Einsatz von Technologie orientieren soll.

Die nachhaltige Stadt

Die Smart City Berlin soll dazu beitragen, dass auch zukünftige Generationen ein lebenswertes Umfeld vorfinden – ökologisch, sozial und wirtschaftlich. Neben dem lokalen und regionalen Fokus soll auch die globale Perspektive mit ihren Herausforderungen wie der Klimakrise stärker berücksichtigt und lokal angegangen werden. Hierbei sollen die Aktivitäten von “Gemeinsam Digital: Berlin” konkret aufzeigen, wie die Chancen der Digitalisierung für den Schutz von Ressourcen und natürlichen Lebensgrundlagen genutzt werden können. Um saubere Luft, vielfältiges Stadtgrün, lebendige Ökosysteme und ein angenehmes Stadtklima sicherzustellen, müssen die städtischen Emissionen und der Ressourcenverbrauch drastisch gesenkt sowie ausreichend Grünräume in der Stadt geschaffen werden. Die Transformationsprozesse in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität sollen mithilfe intelligenter Vernetzung und Nutzung technologischer Möglichkeiten noch schneller und effektiver umgesetzt werden.

Das Wirtschaften in der Smart City Berlin soll zu einer nachhaltigen Entwicklung bestehender und neuer wirtschaftlicher Ökosysteme beitragen. Dafür sollen innovative Formen des Unternehmertums und der lokalen Kreislaufwirtschaft durch gezielte Förderungen beschleunigt werden. Die Transformation zur nachhaltigen Stadt soll allen wirtschaftlichen Akteur:innen die Chance eröffnen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Die gemeinwohlorientierte Stadt

Die Aktivitäten in “Gemeinsam Digital: Berlin” sollen am Gemeinwohl ausgerichtet sein und der Einsatz von Technologie dem Wohle der Stadt und ihren Bewohner:innen statt den Interessen Einzelner dienen. Mit dem Ausbau frei zugänglicher digitaler Infrastrukturen, der Bereitstellung öffentlicher Angebote und offener Daten werden die Grundlagen für ein funktionierendes Gemeinwesen gelegt. Bei der digitalen Entwicklung der Stadt werden ethische Aspekte, Solidarität und Gerechtigkeit besonders berücksichtigt – lokal wie global.

Alle Berliner:innen sollen gleichermaßen Zugang zu öffentlichen Gütern, Räumen, Ressourcen oder Angeboten haben und aktiv zu deren Erhalt beitragen können. Dafür ist es notwendig, die Entscheidungen mit Blick auf das Wohl aller, insbesondere oft benachteiligter Gruppen, zu prüfen (1). Der barrierefreie Zugang zum städtischen Leben und zu Ressourcen ist zentral, damit Menschen aus allen gesellschaftlichen Gruppen dauerhaft ein gutes Zusammenleben ermöglicht wird. Soziale Sicherheit, hochwertige Bildung und eine umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sollen für alle Berliner:innen mithilfe digitaler öffentlicher Dienstleistungen bedarfsgerechter weiterentwickelt werden. Um die Wirksamkeit von gemeinwohlorientierten Maßnahmen transparent nachzuvollziehen, werden in kontinuierlicher Rückkopplung mit der Stadtgesellschaft entsprechende Kriterien bestimmt und evaluiert (siehe Kapitel 5). 

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1)  Dafür haben wir in der Entwicklung der Strategie besonderen Wert auf die Beteiligung von Bürger:innen, insbesondere Stille Gruppen und Stadtgremium gelegt.

Die resiliente Stadt

Die Entwicklungen von “Gemeinsam Digital: Berlin” sollen dabei unterstützen, robust und anpassungsfähig – also resilient – mit ökologischen, sozialen oder wirtschaftlichen Krisensituationen umzugehen. Städtische Infrastrukturen und Lieferketten sollen zukünftig so gestaltet sein, dass ein verlässlicher Betrieb und die Grundversorgung der Stadt auch in Notsituationen gewährleistet ist. Dafür ist es notwendig, herkömmliche Steuerungsansätze und Prozesse, die im Umgang mit instabilen Situationen an ihre Grenzen stoßen, krisensicher auszurichten. Lernfähigkeit und Weitsicht sind zentrale Merkmale einer resilienten Stadt, weshalb in Berlin der Blick für komplexe systemische Zusammenhänge geschärft und Möglichkeiten geschaffen werden müssen, um kritische Situationen vernetzt vorherzusehen. Die lernende Strategie setzt daher auch auf Mechanismen, um gemeinsam mit Expert:innen neue Rahmenbedingungen einzuschätzen und sie zu berücksichtigen.

Die Möglichkeiten der Digitalisierung sollen die urbane Resilienz stärken, indem intelligente Systeme zur Lenkung städtischer Prozesse entwickelt und dafür sichere Datengrundlagen geschaffen werden. Aber auch die Technologie selbst soll resilienter und sicherer werden, indem öffentliche IT-Systeme modular, quelloffen und souverän entstehen. Die Widerstandsfähigkeit und Flexibilität öffentlicher Institutionen ist dabei entscheidend, weshalb  zusätzliche Kompetenzen und Kapazitäten aufgebaut werden sollen, um Herausforderungen proaktiv und vorausschauend zu meistern.

Die kooperative Stadt

In der Umsetzung von “Gemeinsam Digital: Berlin” wird die kreative Mitwirkung der gesamten Stadtgesellschaft als Basis für eine demokratische Entwicklung der Stadt gefragt sein. Die Verwaltung ist das Bindeglied zwischen Staat, Bewohner:innen, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft. Dafür muss die öffentliche Verwaltung neue Kanäle, Formate und Governance-Strukturen für gesellschaftliches Engagement entwickeln, die bestehenden Gestaltungsspielräume über verschiedene Lebensrealitäten hinweg erweitern und auch die Inklusion fördern. Zugleich muss sie kreative Impulse begrüßen, diese lösungsorientiert vorantreiben und aktiv Räume schaffen, in denen Kooperationen auf Augenhöhe ermöglicht werden.

Digitale Mittel sollen Beteiligungsmöglichkeiten legitim vereinfachen und ein kollaboratives Handeln der Berliner:innen fördern. Zugleich werden die Technologien selbst in partizipativen Prozessen entwickelt und bewertet, bei denen die breite digitale Expertise der Stadt ein wichtiger Bestandteil ist. Die Aktivitäten von “Gemeinsam Digital: Berlin” sollen hier besonders auf Transparenz und Offenheit setzen, etwa durch den konsequenten Einsatz von Open-Source-Software, die Bereitstellung offener Verwaltungsdaten oder durch umfassende Informationen zu aktuellen Prozessen.

1.3 Zukunftsperspektiven

Wir sind in der Entwicklung der Strategie von der Frage ausgegangen, wie eine lebenswerte Zukunft für uns als Stadtgesellschaft aussieht. Eines der Ergebnisse daraus sind die Zukunftsperspektiven, die in vollständiger Fassung im Strategischen Rahmen zu finden sind. Die sieben Zukunftsperspektiven zeigen auf, wofür die Stadtgesellschaft die Potenziale von Digitalisierung, Technologie und neuen Methoden für die Entwicklung Berlins nutzen möchte. Es werden aber auch Grenzen genannt, wann Digitalisierung nicht im Sinne der Stadtgesellschaft eingesetzt wird. Die Zukunftsperspektiven stecken Handlungsräume ab, durch die das Gemeinwohl, die Nachhaltigkeit, die Kooperation und die Resilienz spürbar gestärkt werden.

In den ersten vier Zukunftsperspektiven wird der Raumbezug aufgezeigt, bzw. wie die Aktivitäten von “Gemeinsam Digital: Berlin” auf den Stadtraum und die Region wirken sollen. In den letzten drei Zukunftsperspektiven steht, welche Fähigkeiten und Kapazitäten die Stadtgesellschaft (inklusive der Verwaltung) aufbauen muss, um von digitalen Technologien zu profitieren.

Gesunde, vielfältige Kieze

Auf Kiezebene wünschen sich die Bewohner:innen, dass die Strategie einen Beitrag dazu leistet, dass Menschen vor ihrer Haustür ein lebenswertes und vielfältiges Umfeld vorfinden. Kieze sollen zu Orten der Kooperation und Innovation für eine nachhaltige und inklusive Stadtentwicklung werden. Die Entwicklungen von “Gemeinsam Digital: Berlin” stärken lokales Engagement und die Selbstwirksamkeit der Bewohner:innen. Die gemeinschaftliche, experimentierfreudige und kreative Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der Kiezgestaltung soll sozial und technologisch gefördert werden.

Inklusiver Stadtraum

“Gemeinsam Digital: Berlin” soll einen Beitrag dazu leisten, den Zugang und die Qualität öffentlicher Flächen zu verbessern und diese nachhaltig zu gestalten. Eine smarte Stadtentwicklung denkt die Themen wie Mobilität, Wohnungsbau und Flächenknappheit zusammen. Mobilitätsangebote werden flexibler und bedarfsgerechter, um allen Menschen eine unkomplizierte und sichere Fortbewegung mit verschiedenen Verkehrsmitteln zu ermöglichen. 

Regionale Vernetzung

“Gemeinsam Digital: Berlin” soll die Entwicklung einer smarten Region (der Region Berlin-Brandenburg) unterstützen und dafür neue Formen der Kooperation zwischen Verwaltungen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft erproben und verbreiten. Vorausschauend geplant, kann eine intelligente Vernetzung öffentlicher Infrastrukturen mehr Flexibilität in der Wahl des Wohn- und Arbeitsorts für alle Bevölkerungsgruppen ermöglichen. 

Regeneratives Wirtschaften

Die Smart City Berlin soll in enger Kooperation mit dem Brandenburger Umland den Ausbau innovativer und nachhaltiger Geschäftsmodelle zugänglich und handhabbar machen sowie breit unterstützen. Start-Ups und etablierte Unternehmen, die Wissenschaft und die öffentliche Verwaltung, aber auch die Kunst- und Kulturszene sowie gemeinnützige Akteur:innen spielen eine zentrale Rolle, um in diesem wichtigen Entwicklungsfeld kreative Lösungen und neue Wertschöpfungskonzepte zu entwickeln. 

Gemeinsame Gestaltung

Die Strategie soll einen Beitrag dazu leisten, öffentlichen Beteiligungsprozessen einen zentralen Stellenwert zu geben. Eine smarte Stadt ermöglicht es, über Themen und Ressorts hinweg passende Partizipationsansätze auszuprobieren und gemeinsam weiterzuentwickeln. Die Aktivitäten von “Gemeinsam Digital: Berlin” unterstützen Kooperationen und die Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteur:innen für wirkungsvolle Maßnahmen.

Zukunftschancen für alle

“Gemeinsam Digital: Berlin” soll dazu beitragen, dass alle Berliner:innen sich Zukunftskompetenzen aneignen, Wissen teilen und dies bei der Gestaltung der Stadt einbringen können. Die Vernetzung unterschiedlicher Lern- und Wissensformen birgt dabei große Potenziale, komplexe Probleme ganzheitlicher zu betrachten und interdisziplinäre Lösungsansätze zu formulieren. 

Ermöglichende Verwaltung

Maßnahmen von “Gemeinsam Digital: Berlin” können aufgrund ihres Querschnittscharakters dazu genutzt werden, neue Formen der ressortübergreifenden Zusammenarbeit in Verwaltungen zu erproben. An die Stelle klassischer Hierarchien können dabei flexiblere Rollenmodelle treten, die vernetztes und eigenverantwortliches Arbeiten fördern und Abstimmungsprozesse beschleunigen. Die Strategie unterstützt eine kooperative Zusammenarbeit nach innen und außen und hilft dabei, gemeinsames Arbeiten mit der organisierten Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Bewohner:innen Berlins als normale Praxis zu etablieren.

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