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Entwicklungs- und Pflegeplan Tempelhof

Der endgültige Entwurf wurde online und offline kommentiert. Die Ergebnisse wurden am 18.04.2016 diskutiert und stehen online ab dem 25.04.2016 zur Verfügung.

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Geschichte / Gedenken

5.1. Geschichtsort Tempelhofer Feld

Der einmalige Wert des Tempelhofer Feldes in seiner kulturhistorischen Bedeutung und als Ort der Berliner Geschichte, der Luftfahrt und des Gedenkens der Opfer des Nationalsozialismus soll entsprechend der Ziele des ThFG gewahrt und für die Besuchenden erlebbar gestaltet werden. Schwerpunkte bilden die Zeit des Nationalsozialismus entsprechend § 3 Abs. 5 ThFG (Bau des Flughafengebäude, KZ Columbiahaus, Rüstungsindustrie mit Zwangsarbeiterlagern) und entsprechend §3 Abs. 4 ThFG die ehemalige Nutzung für die Luftfahrt (Alter Flughafen, Luftbrücke, Nutzung durch amerikanische Streitkräfte, etc.). Jedoch soll auch die Zeit des Mittelalters mit der Gründung Tempelhofs, die vielfältige Nutzung vor und während des Baus des Flughafens (militärisches Exerzierfeld, beliebte Naherholung für Freizeit und Sport, Kleingartenanlagen, Volkspark, Sportpark) wie die jüngste Geschichte mit der Öffnung des Feldes, die beiden Volksentscheide und der bezirkliche Bürgerentscheid zum Tempelhofer Feld beleuchtet werden. Erst durch das Herausarbeiten der Entwicklung des Tempelhofer Feldes im Spannungsfeld kontroverser Nutzungsansprüche wird die durch unterschiedliche Leitvorstellungen geprägte Entwicklung der Kulturlandschaft in ihrer Gesamtheit deutlich.

5.2. Maßnahmen Geschichte und Erinnern

5.2.1. Wissenschaftliche Aufbereitung und Dokumentation der Geschichte des Tempelhofer Feldes und des Flughafens Tempelhof

Das Tempelhofer Feld und das Flughafengebäude mit Vorfeld sind bei der geschichtlichen Betrachtung als Einheit zu behandeln. Die wechselvolle Geschichte des ehemaligen Flughafengeländes und seiner Umgebung bedarf einer intensiven historisch-wissenschaftlichen und denkmalpflegerischen Untersuchung, einer umfassenden, leicht zugänglichen Dokumentation und der Sicherung und Sichtbarmachung historischer Relikte und der erhaltenden Pflege. Forschungsprojekte zur Geschichte des Ensembles Flughafen Tempelhof, einschließlich möglicher Ausgrabungen, sollten gezielt unterstützt werden.

5.2.2. Geschichte sicht- und erlebbar machen

Bei der Entwicklung des Flughafengebäudes und des Tempelhofer Feldes sind Geschichte und Gedenken in ihrer gesamten Bandbreite angemessen zu berücksichtigen und sichtbar und erlebbar zu gestalten. Empfohlen wird die partizipative Entwicklung einer entsprechenden Geschichts- und Gedenk-Konzeption nicht nur für das Tempelhofer Feld, sondern auch für das Flughafengebäude und Vorfeld unter Beteiligung aller relevanten Akteure und Interessierten. Um die geplanten Maßnahmen und Aktivitäten der staatlichen, wissenschaftlichen und bürgerschaftlichen Akteure auf dem Tempelhofer Feld abzustimmen und zu vernetzen, findet mindestens einmal jährlich ein offenes Informations- und Arbeitstreffen zu Geschichte und Gedenken statt (Zukünftige Zusammenarbeit).

5.2.3. Gedenkort Zwangsarbeit und Rüstungsindustrie im Dritten Reich

Zur Auseinandersetzung mit der NS-Zeit ist zum Gedenken an die Zwangsarbeiterlager auf Teilen des Geländes sowie des Konzentrationslagers Columbia-Haus im Umfeld des Tempelhofer Feldes, aufbauend auf den Vorschlägen des Runden Tisches „Historische Markierungen Tempelhofer Feld“ ein Konzept für einen Erinnerungs- und Informationsort „Tempelhofer Feld/ehemaliger Flughafen Tempelhof“ zu entwickeln und zügig umzusetzen.

Zwingende Voraussetzung für ein trag- und konsensfähiges Gestaltungskonzept auf dem Tempelhofer Feld ist es, dass im Flughafengebäude ausreichend Raum für das Gedenken an die Verbrechen im Dritten Reich zur Verfügung gestellt wird. Auf dem Tempelhofer Feld werden als Erinnerungs- und Gedenkort für die Zwangsarbeiterlager der NS-Zeit insbesondere die Flächen am Columbiadamm betrachtet. Dafür ist ein räumlich-strukturelles Gestaltungskonzept unter Einbindung des bestehenden Soft- und des Baseballfeldes und weiterer bestehender wie künftiger Nutzungen partizipativ zu erarbeiten. Die derzeitige Beachsportfläche kann zu Gunsten des Gedenkens und Erinnerns am Ort des „Richthofen-Lagers“ und z.B. archäologische Fenstern zu den Fundamenten verlegt werden. Bis zu einer Verortung im Flughafengebäude wird eine Ausstellung vorgeschlagen, in der die Funde aus den bisherigen Ausgrabungen zu den Zwangsarbeiterlagern in Gebäuden auf dem Feld gezeigt werden (z.B. Mülltonnenwaschanlage). Zudem sollte ein integratives Bildungskonzept zur Zwangsarbeit auf dem Tempelhofer Feld entwickelt werden.

Die weiteren Standorte der NS-Zwangsarbeiterlager und der Rüstungsindustrie ( Bestandskarte) sollten durch geeignete Maßnahmen sichtbar gemacht werden (z.B. Offenlegung Splitterschutzgraben am Tempelhofer Damm, Umrisse und historische Markierungen, Infotafeln, audiovisuelle Medien etc.). Zur Unterstützung des Wiederfindens und der Wiedererkennbarkeit sollte eine App zur Geschichte entwickelt werden und das bestehende System der Infotafeln weiter ausgebaut werden. Darüber hinaus sollte das Tempelhofer Feld in die umgebende Erinnerungs- und Gedenklandschaft Berlins durch ein geeignetes Informations- und Leitsystem eingebunden werden.

5.2.4. Geschichte der Luftfahrt

Die Geschichte der früheren Nutzung des Tempelhofer Feldes für den Flugverkehr ist in seiner gesamten Entwicklung für Besuchende und Nutzende erlebbar zu machen. Dabei ist der im zentralen Wiesenbereich gelegene Alte Flughafen einzubinden. Dort sollte unter anderem der Schriftzug „Berlin“ in geeigneter Weise gestalterisch wieder sichtbar gemacht werden. Für die Nachkriegsgeschichte ist mit der geplanten Ansiedlung des Alliiertenmuseums im Flughafengebäude partizipativ ein Konzept zu erarbeiten, wie die Luftfahrtgeschichte von ihren Anfängen bis zur Gegenwart auf dem Tempelhofer Feld anschaulich gemacht werden kann.

5.2.5. Geschichte vor, während und nach der Nutzung als Flughafen

An der Ostseite des Tempelhofer Feldes sollten die Relikte des ehemaligen Sportparks Neukölln gesichert und instandgesetzt werden. Vorhandene Bauwerke wie die ehemalige Pfeilerhalle und Treppenbauwerke an der Böschung Oderstraße sowie die Stützmauer mit Banknischen können in ihrer historischen Funktion sichtbar gemacht und in die Erholungsnutzung integriert werden. Bei einer Darstellung der „Geschichte des Sportes“ kann zudem eine Verknüpfung zum Werner-Seelenbinder-Sportpark, zur Hasenheide und der 1848 gegründeten Turngemeinde in Berlin e.V. hergestellt werden. An die Kleingärten, die Naherholungs- und Vergnügungsstätten des 19. und 20.Jahrhunderts, den ehemaligen Volkspark Tempelhofer Feld, die Baracken für oberschlesische Flüchtlinge als nur noch rudimentär sichtbare Zeugnisse der sozialen Aneignung des Feldes durch die Bevölkerung ist angemessen zu erinnern. Der jüngsten Gegenwart mit der Schließung des Flughafens am 30.10.2008, der Öffnung am 08.05.2010 und den demokratischen Bürgerbewegungen zum Bürgerentscheid und den beiden Volksentscheiden sollte an ausgewählten Standorten erinnert werden. Die Linie der vorhandenen Informationstafeln wird weitergeführt und um fehlende Themenbereiche ergänzt.

5.2.6. Bildungskonzept Geschichte und Erinnern

Auf Basis der bereits bestehenden Informations- und Führungsangebote zur Geschichte des Tempelhofer Feldes ist partizipativ ein Bildungskonzept zu erarbeiten, um die Angebote thematisch und altersbezogen weiterzuentwickeln. Aus Sicht eines architektonischen und geschichtlichen Gesamtensembles „Zentralflughafen Tempelhof“ muss auch im Bildungskonzept eine Verknüpfung von Gebäude, Feld und Umfeld stattfinden. Die Entwicklung der Konzeption kann auf den vielfältigen Forschungsergebnissen, den vorhandene Infostelen und –tafeln, geschichtsvermittelnden Teilkonzepten, Ergebnissen des Runden Tisches und den Vorschlägen zahlreicher Initiativen sowie der selbstorganisierten Arbeitsgruppe Geschichte-Gedenken aufbauen (s. Dokumentation des Entwicklungs- und Pflegeplans). Die Angebote sollten mehrsprachig und generationenübergreifend gestaltet werden, um eine möglichst breite wie inklusive Geschichtsvermittlung zu erzielen. Ein Teil der Bildungsangebote sollte kostenfrei angeboten werden. Das Konzept sollte bürgerschaftliches Engagement und lokales Wissen integrieren und gezielt institutionelle sowie bürgerschaftliche Aktivitäten unterstützen . Für die Bildungsangebote sollte zudem ein Qualitätsstandard entwickelt werden.

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