Zum Inhalt springen

Konsultation für zivilgesellschaftliche Akteure zur Weiterentwicklung der Berliner Europastrategie!

Im Rahmen dieses Prozesses haben Sie die Möglichkeit, Ihre Perspektive zu den strategischen Zielen und den dazugehörigen Handlungsfeldern der Berliner Europastrategie einzubringen und diese konstruktiv zu kommentieren.

Sie sind ein zivilgesellschaftlicher Akteur in Berlin?

Dann sind Sie herzlich eingeladen, sich an der Konsultation zur Weiterentwicklung der Berliner Europastrategie zu beteiligen! Sie können die Berliner Europastrategie absatzweise oder als Ganzes kommentieren.

abgeschlossen

Herausforderungen auf europäischer Ebene

Herausforderungen auf europäischer Ebene

Die aktive Rolle des Landes Berlin in Europa ist vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen mehr denn je gefragt. Die Herausforderungen, vor denen Europa als Kontinent, die EU als Staatenverbund und somit auch Deutschland als EU-Mitgliedstaat und Berlin als dessen Hauptstadt stehen, sind vielfältig und groß. Die EU ist Bedrohungen von innen und außen ausgesetzt und wird diese nur durch gemeinsames entschlossenes Handeln aller Ebenen bewältigen können. Hier steht das Land Berlin in der Pflicht. Es geht im Kern um nichts Geringeres als die Verteidigung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Vielfalt, die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen, die Sicherung eines im globalen Maßstab fair zu verteilenden Wohlstands und den sozialen Zusammenhalt in zunehmend heterogener werdenden Gesellschaften.

 

Außen- und sicherheitspolitisch ist der brutale russische Angriffskrieg in der Ukraine die offensichtlichste Herausforderung. Es gilt aus Sicht der EU, eine entschlossene und angemessene Antwort auf den Völkerrechtsbruch und die Menschenrechtsverletzungen zu finden. Das Land Berlin ist hierbei u. a. bei der Stärkung des Bevölkerungsschutzes, in der Umsetzung der Sanktionspakete gegen Russland und Belarus und perspektivisch auch bei der Unterstützung des Wiederaufbaus der Ukraine gefordert.

 

Der wachsende politische, wirtschaftliche und militärische Einfluss Chinas fordert die EU als politischen Akteur und als globale Handelsmacht heraus. China wird von der EU als Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale wahrgenommen, denn die chinesische Wirtschaft strebt entlang von politischen Vorgaben nach Innovationsführerschaft und Autonomie. Zugleich ist China einer der wichtigsten Handelspartner der EU und hier insbesondere Deutschlands. Die China-Politik der EU liegt auch im vorrangigen Interesse des Landes Berlin und der in Berlin ansässigen Unternehmen. China nimmt erneut den zweiten Rang unter den wichtigsten Berliner Exportländern ein. Als Land, dessen Industrieproduktion zur Hälfte exportiert wird, hat Berlin ein hohes Interesse an einem regelbasierten, fairen Handel. Zudem hat Berlin mit der Stadt Peking eine langjährige und sehr erfolgreiche Städtepartnerschaft, die es in den nächsten Jahren weiter auszubauen und zu vertiefen gilt. Auch insofern ist die China-Politik der EU für Berlin von größter Relevanz. 

 

Das transatlantische Verhältnis zu den USA wird auch in Zukunft von herausgehobener politischer und wirtschaftlicher Bedeutung für die EU sein. Mit einem Anteil von 9,5 % an allen Berliner Exporten 2022 sind die Vereinigten Staaten nach wie vor wichtigster Abnehmer Berliner Waren. US-amerikanische Investitionen in Berlin und der gesamten Metropolregion sind und bleiben wichtig und ein Motor für Wachstum und Innovation. Die Verteidigung der Ukraine gegen die russische Aggression, die zunehmende russische Bedrohung von NATO-Staaten und die Entwicklungen der Beziehungen zu China zeigen, dass die USA ein strategisch wichtiger (Handels-)Partner sind. Demzufolge wird der amerikanische Verteidigungsbeitrag für die Sicherheit Europas bis auf Weiteres unverzichtbar bleiben, da der Weg zu einer strategischen Autonomie der EU noch lang ist. Innenpolitische Diskussionen in den USA zeigen jedoch, dass die jahrzehntelange Rolle der USA als Schutzmacht Europas nicht selbstverständlich ist. Berlin unterstützt daher die Bemühungen der EU zur Entwicklung einer echten europäischen Verteidigungspolitik.

 

Die östlichen und südlichen Nachbarregionen und -staaten zu stabilisieren und die politischen wie wirtschaftlichen Kooperationen zu vertiefen, wird ein zentrales Anliegen der EU bleiben. Das Verhältnis zum Vereinigten Königreich muss auf der Grundlage der geltenden Verträge neu austariert werden. Dies ist auch für das Land Berlin zum Beispiel im Hinblick auf künftige Kooperationen im Forschungsbereich bedeutsam. Die im Oktober 2022 auf Initiative Frankreichs gegründete Europäische Politische Gemeinschaft kann ein geeignetes Forum sein, um Staaten, die nicht Mitglied der EU sind, einzubinden und sich auf ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen.

 

Eine Herausforderung ist auch der Balanceakt, den die EU mit dem EU-Erweiterungsprozess vollzieht. Es gilt, die notwendigen Beitrittskriterien einzufordern und deren Umsetzung zu überprüfen, ohne die Kandidatenländer hinzuhalten. Anderenfalls drohen Russland und China in das politische Vakuum zu stoßen, wie es in manchen Staaten des westlichen Balkans zu beobachten ist. Angesichts der globalen Entwicklungen liegt die Erweiterung vor allem auch im Interesse der EU. Die europäische Integration trägt zur Sicherung von Frieden, Sicherheit, Stabilität und Wohlstand in Europa bei – und zwar zum Wohle aller Mitgliedstaaten. Für Berlin steht das Recht souveräner Staaten, über eine EU-Mitgliedschaft zu entscheiden, außer Zweifel. Daher begrüßt Berlin auch die Empfehlung der Kommission an den Europäischen Rat zur Aufnahme von Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Ukraine. Das Land hat seit der Verleihung des Kandidatenstatus am 23. Juni 2022 und unter besonders schwierigen Bedingungen bedeutende Reformschritte unternommen, die sein Engagement und seine Einsatzbereitschaft für den europäischen Weg unter Beweis stellen. Aber auch hier gilt: Bedingung für einen EU-Beitritt ist die Erfüllung der Beitrittskriterien.

 

Von zentraler Bedeutung für die Zukunft der EU ist die Weiterentwicklung der EU – auch vor dem Hintergrund möglicher Erweiterungen. Berlin unterstützt daher Bemühungen um institutionelle Reformen, etwa den Übergang von der Einstimmigkeit zur qualifizierten Mehrheit in gezielten Fachbereichen im Rat. Die dafür notwendigen Mehrheiten in den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu erhalten, ist ein anspruchsvolles Unterfangen.

 

Die Bekämpfung des Klimawandels ist eine der drängendsten globalen Herausforderungen. Da diese allein auf nationaler Ebene nicht gelöst werden können, kommt der EU hier eine besondere Bedeutung zu. Das „Fit for 55“-Paket der EU von Juli 2021 ist die richtige Antwort auf den Klimawandel, aber auch notwendig im Hinblick auf die Lösung der Energiekrise. Der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und der Ausbau der erneuerbaren Energien liegt im strategischen Interesse der Mitgliedstaaten und selbstverständlich auch des Landes Berlin.

 

Die Digitale Agenda der EU - Stichworte sind hier u. a. Cybersicherheit und Künstliche Intelligenz – ist ebenso ehrgeizig wie dringend notwendig, auch und gerade im eigenen Interesse des Landes Berlin als bedeutender und relevanter Digitalstandort in Deutschland und Europa. Mit einer blühenden Start-up-Szene, zahlreichen Tech-Unternehmen, einer Vielzahl von Veranstaltungen und Konferenzen im Bereich der Digitalwirtschaft und mit vielen renommierten Forschungseinrichtungen und Universitäten, die in den Bereichen Informatik und Technologie führend sind, hat sich das Land Berlin einen Ruf als wichtiger Akteur in der digitalen Welt erworben. Die digitale Transformation in der EU, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, muss gelingen, wenn die EU und damit auch das Land Berlin ihre globale Wettbewerbsfähigkeit erhalten wollen. Die EU ist gefordert, den richtigen ordnungspolitischen Rahmen zu setzen und die richtige Balance zwischen Risikovorsorge, digitalen Rechten, dem Schutz der Europäischen Grundrechte und Nutzung der mit der Digitalisierung einhergehenden Potentiale zu entwickeln. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen von den Chancen der digitalen Transformation profitieren können. Auch im europäischen Kontext ist dafür Sorge zu tragen, dass die Digitalisierung gendergerecht gestaltet wird.

 

Die anhaltend hohen Zahlen von Geflüchteten unterstreichen die fortwährende globale Migrationskrise. In diesem Kontext wird die dringende Notwendigkeit eines europäischen Asylsystems deutlich, das die Wahrung der Menschenwürde und den Schutz Bedürftiger in den Mittelpunkt stellt, während es zugleich einen regulativen Rahmen schafft, um Migration zu ordnen. Dies ist gerade für das Land Berlin wichtig, das bei der Aufnahme von Geflüchteten viel erreicht hat und gleichzeitig vor großen Herausforderungen steht.

 

Eine wichtige Herausforderung für die EU bleibt es, die pluralistische Demokratie gegen Angriffe von außen und von innen zu verteidigen. Hierzu gehört, dass die EU die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten einfordert, beobachtet und bei Zuwiderhandlung sanktioniert. Eine unabhängige Justiz und eine vielfältige Medienlandschaft sind zentrale Errungenschaften pluralistischer Demokratien und müssen verteidigt werden. Ferner geht es darum, Falschinformation („fake news“), Hass und Hetze gegen die Demokratie, ihre Repräsentantinnen und Repräsentanten und Institutionen zu bekämpfen. Diese Aufgabe ist als Gemeinschaftsaufgabe – EU, Mitgliedstaaten, Regionen, Städte, Zivilgesellschaft, Unternehmen - zu verstehen. Das Land Berlin setzt sich in den entsprechenden EU-Gremien und europäischen Netzwerken, z. B. im EU-Netzwerk zur Bekämpfung von Desinformationen, aktiv für die pluralistische Demokratie ein und engagiert sich darüber hinaus für die Bekämpfung von Extremismus, Terrorismus und organisierte Kriminalität, die die Sicherheit und das freiheitliche Zusammenleben bedrohen. Angesichts der grenzüberschreitenden Natur von Hass und Radikalisierung und Polarisierung fördert es zudem den europäischen Informations- und Erfahrungsaustausch.

 

Die Soziale Marktwirtschaft ist ein Wesensmerkmal der EU und wichtige Voraussetzung für das Gelingen und die Akzeptanz des europäischen Projektes. Die EU hat mit der Europäischen Säule Sozialer Rechte (ESSR) einen wichtigen Kompass für arbeits- und sozialpolitische Aktivitäten und Initiativen auf europäischer Ebene verabschiedet. Sozialer Fortschritt und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gehören zusammen und bedingen sich gegenseitig. Das Land Berlin unterstützt die EU bei ihren Bemühungen, europaweit für menschenwürdige Arbeitsbedingungen, soziale Teilhabe und gleiche Standards zu sorgen. Konkrete Rechtssetzungsakte in diesem Bereich, wie die Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit, sind daher nach Ansicht des Landes Berlin vordringlich.

 

Berlin ist die Stadt der Frauen im Herzen Europas. In vielen frauen- und gleichstellungspolitischen Bereichen hat sich die EU als ein wichtiger Motor erwiesen. Gleichwohl besteht über die nationale Ebene hinaus auch auf EU-Ebene weiterhin ein großer Handlungsbedarf, um die besten Rahmenbedingungen für eine echte Gleichstellung der Geschlechter schaffen. Zu nennen sind hier allem voran die Beseitigung der Gender Care und Gender Pay Gaps. Mit dem Beitritt zur Europäischen Charta für Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene hat das Land Berlin seine Entschlossenheit zur Weiterentwicklung der Gleichstellung und der Frauenförderung in Zusammenarbeit und im Austausch mit Kommunen europaweit bekundet. 


Kommentare

Mehr aus diesem Projekt