asp Architekten GmbH, Stuttgart
Städtebauliches Konzept (Maßstab 1:2.000)
Projektbeschreibung
Beschreibung der Leitideen
Grüne Landschaftsbänder verbinden den Grunewald mit Charlottenburg und transformieren so die fragmentierten Flächen am Stadteingang West zu einem zusammenhängenden Grünraum mit vier Nachbarschaften.
Städtebauliches Konzept für den Stadteingang West in Berlin
Aus Süden und Westen kommend bildet das Areal um den Funkturm einen markanten Stadteingang von Berlin. Die Wahrzeichen des Ortes besitzen historische Bedeutung für die Hauptstadt und genießen internationales Renommee: die AVUS TRIBÜNE oder die Messe mit dem Funkturm, der bereits von weitem sichtbar das Tor zur Stadt markiert. Mehrere Hunderttausend Menschen passieren diesen Ort täglich – mit dem Auto, mit der Bahn oder dem Bus. Es ist ein Ort des Durchfahrens, aber nur selten des Verweilens. Sein Charakter ist geprägt von Infrastruktur und monofunktionalen Großbauten. Weiträumige verkehrliche Barrieren erschweren seine Zugänglichkeit und teilen ihn in isolierte Fragmente.
Doch der Ort weist auch Flächen auf, die ein hohes Potenzial für die Entwicklung von Wohn-, Gewerbe- und Logistikflächen bieten. Um diese zu erkennen, bedarf es allerdings eines Perspektivwechsels: Betrachtet man die Fragmente im Einzelnen, losgelöst von ihrem verkehrlichen Kontext, so geben sich Flächen zu erkennen, die geprägt sind von Natur und Grün. Für das Berliner Freiraumnetz stellen sie wichtige, stadtökologische Bausteine dar.
Abstrahiert man diesen Gedanken, so erscheinen die einzelnen Flächen im Maßstab der Gesamtstadt nicht mehr trennend, sondern verbindend. Als grüne Schneisen und Trittsteine vernetzen sie die Stadt auf übergeordneter Ebene und verbinden die Quartiere untereinander. Folgt man diesem Gedanken, wird die Perspektive eine andere. Sichtbar werden begrünte Bänder, die unterschiedliche Charakxteristika aufweisen. Einige von ihnen sind bewaldet, andere sind geprägt durch Wasserflächen oder Magerrasen. Diese Grünbänder vernetzen zum Großteil in nord-südlicher Richtung den Stadtteil Charlottenburg mit dem Grunewald und durchziehen kleinmaßstäblich die neuen Nachbarschaften.
Der Entwurf sieht vor, diesen Bändern eine Klarheit zu verschaffen, die von Nord nach Süd zu erkennen und erleben ist. Wie eine Art Leitersystem sollen die Flächen durch Sprossen von Ost nach West verbunden und auf diese Weise zugänglich gemacht werden. Diese Sprossen können sowohl bestehende Elemente wie Brücken und bestehende Unterführungen sein, aber auch vielfältige neue Elemente.
Die AVUS TRIBÜNE, das Mercedeshaus, das Westkreuz, das Internationale Congress Centrum (ICC) sowie die Gebäude des Güterbahnhofs und der Eisenbahnersiedlung weisen allesamt eine historische Identität auf, die für die zukünftige Entwicklung genutzt werden soll. Um lebenswerte Quartiere und Nachbarschaften entwickeln zu können, werden sie als Identitätsanker betrachtet, die, ähnlich wie ein Saatkorn, neue Nachbarschaften und Quartiere um sich herum entstehen lassen. Diese Ankerpunkte werden auf Nachbarschaftsebene ergänzt durch eine Abfolge vielfältiger Begegnungsräume, die sowohl landschaftlich geprägt oder auch urban ausgebildet sein können. Auf der nächsten Ebene gilt es, Wegebeziehungen in die Grünb.nder zu legen, um eine Verbindung zwischen Charlottenburg und dem Grunewald zu schaffen. Damit sind zum einen übergeordnete Wegebeziehungen gemeint, wie etwa ein Schnellradweg, der eine zügige, kreuzungsfreie Verknüpfung ermöglicht. Zum anderen ein zweiter Pfad, der mit geringerer Geschwindigkeit durch das südliche Grünband führt. Zusätzliche, feinmaschigere Verbindungen fügen die bislang fragmentierten und isolierten Flächen zusammen und verbinden die Nachbarschaften miteinander. Darüber hinaus wird eine Anbindung des MIVs gewährleistet und der Logistikverkehr für das UCC und die Messe in das Wegenetz eingegliedert.
Auf einer weiteren Konzeptebene legen sich vier Nachbarschaften in die grünen Bänder. Die Nachbarschaften sind stark durchgrünt, zeichnen sich durch unversiegelte Freiräume aus und sind umgeben von einem starken, grünen Saum. Dieser multikodierte Saum besitzt eine hohe ökologische Qualität, hält Emissionen aus den Nachbarschaften fern, vernetzt die Quartiere untereinander und umfasst ein attraktives Angebot an Freizeit- und Sportaktivitäten. Mobilityhubs fangen den Parkierungsverkehr an den Eingängen ab und ermöglichen auf diese Weise autoarme Quartiere und autofreie Bereiche innerhalb der Nachbarschaften. Diese Hubs beinhalten soziale Nutzungen und dienen als Treffpunkte für die BewohnerInnen. Weitere, kleinere Mobilitätspunkte ergänzen das vorhandene Angebot. Überbaute Parkierungsanlagen (LogPoint) südlich der Avus bedienen die Logistikanforderungen der Messenutzungen. Dadurch werden attraktive Angebote auf den Dachflächen ermöglicht.
Die Nutzungen der vier Nachbarschaften sind auf ihre jeweilige Lage im Stadtgefüge zurückzuführen. Die Quartiere an der Reitschule, dem Güterbahnhof und am Westkreuz weisen einen höheren Wohnanteil auf, wobei der Gewerbeanteil in den Baustrukturen zu den Lärmquellen hinzunimmt. Es entstehen gemischt genutzte Lebensräume, die den Prämissen der produktiven und resilienten Stadt folgen.
Auf dem Reitschulareal mit seinem schmalen Grundstückszuschnitt schirmt eine langgezogene, durchgängige Riegelbebauung die Nachbarschaft gegenüber der Autobahn ab und ermöglicht ruhigere, geschützte Wohninnenhöfe. Die Quartiersmitte markiert ein Nachbarschaftshaus, das soziale und gemeinschaftliche Funktionen beherbergt. Das Güterbahnhofsquartier nutzt die Chancen der städtebaulichen Eingliederung des UCC auf dem Gelände. Abwechslungsreiche Wohnkuben stehen vor und teilweise auf dem UCC, das zusätzlich eine Mantelbebauung erhält. Die bespielte Dachfläche des UCC wird Teil des Landschaftsbandes und bildet – im Zusammenspiel mit dem darunterliegenden, zentral durch die Nachbarschaft verlaufenden Park – einen spannenden Landschaftsraum. Nördlich an den Park anschließende Bebauungsstrukturen sorgen im Duktus des Berliner Blocks für eine klare Körnung in der Nachbarschaft. Die ehemaligen Bahnergebäude werden zum Kulturzentrum umgenutzt und durch das westlich angrenzende Schulgebäude in ihrer Rolle als Quartiersmitte gestärkt. Um das Westkreuz legt sich zum einen nördlich ein Stadtquartier, das auf die angrenzenden Blöcke Charlottenburgs Bezug nimmt und die vorhandene eiszeitliche Rinne in ihrer derzeitigen Form in die Struktur integriert. Zur Bahntrasse stellt eine starke Kante ausreichend Lärmschutz sicher, Richtung Charlottenburg öffnet sich das Areal zu den Kleingärten. Die Erschließung des Quartiers erfolgt über eine neue Anbindung an die Dernburgstraße, die den Parkierungsverkehr direkt in einem Mobility Hubs aufnimmt. Zum anderen markieren sieben Hochpunkte den SBahnhaltepunkt, die unmittelbar über der Autobahn aufragen. Auf diese Weise schafft er einen hohen Wiedererkennungswert für die neue Nachbarschaft und setzt die Tradition markanter Baukörper entlang der Stadtautobahn fort. Das Messeband inszeniert die historisch bedeutsame AVUS TRIBÜNE sowie das Mercedeshausund flankiert diese mit messeaffinen Nutzungen, wie zum Beispiel Hotels und verschiedenen Dienstleistungen.
Neben der klaren räumlichen Struktur konzentriert sich die Konzeption für den Stadteingang West darauf, die Bedürfnisse der zukünftigen BewohnerInnen zu erfüllen. Gleichzeitig sollen die Umwelt und natürliche Ressourcen geschützt werden. Ein nachhaltiger, zukunftsfähiger Stadtteil kann nur entstehen, wenn soziale, wirtschaftliche, energetische, ökologische und gesellschaftliche Parameter ineinandergreifen. Für den Stadteingang West hat das Projektteam folgende Leitbilder definiert: Stadt der Nachbarschaften, Polyvalente Orte, Energy City, Naturerobert die Stadt zurück und Stadt als Gemeingut. Diese Planungsprinzipien finden sich in der Ausbildung der Landschaftsbänder und der vier Nachbarschaften wieder und stellen das Konzept auf ein zukunftsfähiges Fundament.
Stadtplanerischer Masterplan (Maßstab 1:5.000)
Visualisierungen
MESSEBAND
WESTKREUZ
GÜTERBAHNHOF