Cobe A/S, Kopenhagen
Städtebauliches Konzept
Leitidee
Die FlowCity folgt dem Strom der Kaltluft in die Stadt. Ein grünes Gewebe durchströmt, umfließt und verbindet sie. Ein Netz öffentlicher Räume schafft einen neuen Zusammenhalt und Eingang für Berlin.
Projektbeschreibung
Um den zukünftigen Herausforderungen des Klimawandels, der sozialen Segregation und dem Imageverlust begegnen zu können, bedarf es eines Paradigmen-Wechsels in der Betrachtung und Entwicklung der wachsenden Stadt Berlin. Wir nennen es Flow City - die fließende Stadt. Hier dienen die übergeordneten Strömungsbeziehungen als Designparameter:
Luftströme
Die neuen baulichen Strukturen ordnen sich den wichtigen Luftströmen und fördern den Luftaustausch.
Ein Grünes Gewebe
Eine differenzierte Landschaft versorgt und verbindet die Baufelder wie ein Gewebe. Es produziert und transportiert Frischluft, fängt Regenwasser auf und bildet neue Habitate. Vor allem aber schafft es neue Verbindungen und ermöglicht es die Landschaft neu zu erleben und zu nutzen.
Geschwindigkeit und Bewegung
Ein neues, kohärentes Netz an Rad – und Fußgängerverbindungen orientiert sich an den verschiedenen Geschwindigkeiten, Bedürfnissen und Bewegungsmustern der Menschen und ermöglicht damit eine neue Begehbarkeit und damit Wahrnehmung der Stadt.
Stadt: Ein- und Ausgang
Die Einfahrt in die Stadt wird von einer zunehmenden Dichte und Höhe begleitet. Sie staffelt sich von Südwest nach Nordost und erreicht ihren Höhepunkt um die Rotunde und das Westkreuz.
3 Lagen/Ebenen Stadt:
Der Vorschlag entwickelt das Projektgebiet auf 3 Ebenen und Maßstäben: der Stadtlandschaft, der Nachbarschaften und des Netzwerkes.
Die Stadtlandschaft:
InfraNatur – Vom Reitschulgelände bis Westkreuz
Die Infrastrukturkorridore der Bahn und Autobahn durchziehen zentral das Gesamtgebiet und strecken sich von hier in alle Richtungen aus. Sie werden begleitet von grünen, dicht bewachsenen Zwischen- und Resträumen, welche aufgrund ihrer extremen Standortbedingungen (warm, mineralisch, isoliert, Stoffeinträge, …) besondere Habitate mit besonderer Vegetation darstellen. Diese Räume werden als InfraNatur entwickelt, begehbar und erfahrbar gemacht werden. Dichte Vegetation und offene Luftkorridore begleiten abwechselnd die Wege.
Neue Wasserlandschaft - Der Biopark am Güterbahnhof und der Avus Brückenpark
Wir erweitern die Berliner Park- und Wasserlandschaft um zwei neue Anlagen. Zentral auf dem Güterbahnhof und an der Avus Nordkurve soll jeweils ein neuer Park entstehen. Der Park im Güterbahnhof ist Bio- und Wetterpark. Er ist Kaltluftgenerator und Retentionsbecken, Wasserreservoir und -filter und neuer Mittelpunkt des Quartiers am Güterbahnhof. Der Brückenpark an der Avus Nordkurve umschließt eine neue Truck-Rotunde. Brückenpfeiler und Tech-Ästhetik werden zu einem malerischen Hintergrund. Die topographisch ablesbaren Wunden des Umbaus der Autobahn werden zu einer neuen Regenwasserlandschaft, die durch neue Wege zugänglich und erlebbar wird.
Kieze und Nachbarschaften:
Zusammengehalten durch den Infranaturkorridor bilden sich 3 neue Kieze mit unterschiedlichen Identitäten und Qualitäten heraus:
Güterbahnhof mit UCC und Reitschulgelände
Historisch war der ehemalige Güterbahnhof Ort des Umschlags und des Austausches von Waren. Die noch bestehenden Gebäude an der Cordesstraße sind einzigen Zeugen aus der Entstehungszeit des Bahnhofs. Sie bilden den Anker und die kulturelle Identität des Gebietes und werden hier um eine Schule ergänzt. Von hier aus erstreckt sich ein neuer Bio-Park. Ein neuer Rad- und Kulturweg folgt diesem in Richtung Grunewald. Er bindet Stadtzentrum und Messe, Güterbahnhof und Grunewald zusammen. Neue Wohnblöcke mit öffentlichen EG-Zonen hin zum Park, privaten Höfen und dazwischenliegenden grünen Luftkorridoren bilden die nördliche Flanke des Quartiers. Das UCC flankiert den Park im Süden. Es kombiniert ein Logistikzentrum entlang der Bahn mit darüberliegenden grünen Terrassen und eine multifunktionale Bebauung für Kleinproduktion, Werkstätten und Wohnen. Die Terrassen sind öffentlich zugänglich und werden zu Aussichtspunkten über die Bahnlandschaft.
Reitschulgelände:
Die bestehende Atmosphäre des Geländes soll in den neuen Strukturen weiterleben. Eingebettet in dichte Vegetation werden hier Baugemeinschaften und ein experimentierendes Bauen angestrebt. Die äußeren Kanten wenden sich dem Infranatur-Park zu, die inneren Flächen werden zu gemeinschaftlichen Gärten und Höfen.
Westkreuz
In einer waldartigen Landschaft sind Cluster von Hybrid-Türmen angeordnet, sie markieren den neuen Stadteingang und schaffen hier durch ihre Höhe Orientierung. Sie werden im Erdgeschoss über die Halenseestraße erschlossen und hier mit Parkhäusern und öffentlichen Nutzungen bespielt. Das 2.OG ist durch Rad- und Fußgängerbrücken verbunden und öffentlich zugänglich und bildet hier eine Sequenz aus Plätzen und dichten Baumwipfeln, während die weiteren Obergeschosse Labor-, Büro- und Wohnnutzungen aufnehmen. Die Bebauung am Westkreuz Nord reinterpretiert die ikonischen Brandwände der Dernburgstraße in eine neue urbane Wohnstruktur, die vom Park umgeben ist und neuen Formen der urbanen Landwirtschaft ermöglicht.
Avus Nord-MesseCity
Neue Solitäre entlang des Messedamms formen eine neue Kante zur A 115 und bieten Unterkünfte für Gäste wie Angestellte. Ganz zentral entsteht ein neues Infrastruktur-Hub – die Avus Rotunde. Sie ist ein Verteiler für Radfahrer und Fußgänger, ein Logistik- und Umschlagsort für Waren der Messe und ganz besonderer Parkraum. Mobilität wird hier zum Spektakel. Ein Arm der Rotunde nimmt die Kurve der ehemaligen Avus Nordkurve auf, macht sie-dimensional sicht- und erlebbar und senkt sich zur Avus-Tribüne hin ab. Von der öffentlichen Freitreppe vor der Tribüne wird der Paradigmenwechsel in Sachen Mobilität erlebbar – statt Rennautos heute Fahrradfestivals und Marathonläufe. Zwischen Tribüne und neuen Hallen entsteht ein neuer gefasster öffentlicher Raum mit Aussicht auf Avus-Raststätte, Funkturm und ICC. Er setzt diese ikonischen Relikte wieder in Beziehung.
Netzwerk und Mobilität
Ein feines Netzwerk an neuen Verbindungen und öffentlichen Räumen spannt sich über das gesamte Bearbeitungsgebiet. Es bildet das berühmte Narrativs Berlins. Gerahmt und im Zusammenhang mit zeittypischen Gebäuden werden diese Räume zu Identitäts- und Kraftzentren, wie:
- Tribüne mit Nordkurve und Avusplatz mit Avusmuseum in der ehem. Raststätte
- Quartiersplatz um Cordestrasse mit Schule und Sportplatz und alten Gebäuden im Übergang zum Bio-Park
- Fahrradplatz am Sportzentrum ganz im Südwesten des Reitschulgeländes mit Anbindung an S-Bahn Grunewald und Forst
- Neuer Eingang an der Station Westkreuz Nord
- Neue Terrassen als Eingang an der Neuen Kantstraße und Station Messe Nord
Die zentral platzierte Fahrradrotunde-die Avus 3.0, schafft neue Rad -und Fußgänger Verbindungen über Gleise und Autobahn hinweg. Als eigenständiges Bauwerk wird es Destination und wirbt für den Umstieg aufs Rad. Sie setzt ein markantes Zeichen für eine neue Zukunft.
Lärm
Landschaft und Geschwindigkeit werden als die 2 Schlüsselstrategien im Umgang mit Lärm gebraucht:
Topografische Erhebungen (+4-6m) im Infranaturkorridor schirmen als Teil des Parks den Lärm ab, sie werden an schmalen Stellen zu lebenden Wänden aus Stampflehm, Gabionen oder begrünt und sind somit gleichzeitig zum Lebensraum und haben eine taktile Qualität.
Am Westkreuz werden vertikale produktive Parks und Wände den Lärm zurückhalten. Sie sind in Fassaden integriert oder stehen als vertikale Parks zwischen den Gebäuden. Sie sind gleichzeitig Gemeinschafsträume und Gärten für die Anwohner.
Effektivste Lärmminderung wird jedoch eine Geschwindigkeitsverringerung des PKW-Verkehrs auf 70 und 50km/h entlang des Güterbahnhofes sein.
Die FlowCity – die fließende Stadt stellt das Leben und den Menschen in den Mittelpunkt. Sie ist ein resilientes Gewebe aus Stadt und Landschaft, welche langfristige und zukunftssichere Kieze und Nachbarschaften im Berlin von übermorgen entstehen lässt.
Modell
Gesamtes Modell
Blick Richtung Norden
Blick Richtung Süden