Team 1 – CKSA + Hager Partner
Erpekiez Köpenick
- Ein Erklärvideo zum Planungsentwurf sowie die Präsentationspläne zum Download finden Sie auf der Projektwebsite zum städtebaulichen Werkstattverfahren HIER. (externer Link)
ERLÄUTERGUNGSBERICHT
Städtebau
Das Grundgerüst im neuen Stadtquartier sind direkte, sichere und angenehme Routen für den Fuß- und Radverkehr zu den wichtigsten Zielen in der Umgebung. Eine urban geprägte Route führt vom Bahnhof Köpenick und den ihn säumenden Einkaufsmöglichkeiten quer durch das Viertel zum Brandenburger Platz. Eine grün geprägte Route führt vom Bahnhof Hirschgarten und dem dort anschließenden Wald, durch das Quartier, zum Bellevuepark und die dahinter gelegene Altstadt. Diese beiden Routen formen ein 'Andreaskreuz', in dessen Mitte ein lebendiger Platz das Herzstück des Quartiers bildet. Wie in vielen Berliner Kiezen gibt dieser Platz dem Quartier auch seinen Namen: der Erpeplatz im Erpekiez.
Auf dem baumbestandenen Quartiersplatz gibt es Spielgelegenheiten für alle Altersgruppen und Raum für Gastronomie mit Außenterrasse. Haltestellen des ÖPNV und auch der Schulcampus adressieren sich mit der Volkshochschule zum Platz hin. Eine wichtige Fuß- und Radverbindung führt an der Bahnlinie entlang. Die Ausrichtungen des 'Andreaskreuzes' leiten über diese Verbindung weiter zu den S-Bahn-Haltestellen und sorgen so dafür, dass der Weg entlang der Bahn ins Quartier einbezogen wird. Die Umgehungsstraße für den Autoverkehr verläuft schräg durch das neue Stadtquartier. Diese Straße ist bewusst nicht mit der Bahn gebündelt parallel an den Rand gelegt. Eine Funktionstrennung mit einer reinen Autoverkehrsstraße zerschneidet die Gesamtstadt am Ende mehr und befördert auch das Fahren mit höheren Geschwindigkeiten. Stattdessen entsteht eine Stadtstraße, auf der das Tempo 30 kaum zu überschreiten sein wird. Die flankierenden Erdgeschoße sind mit Gewerbeeinheiten belegt. Die Straße ist Teil der urban geprägten Route zum Bahnhof Köpenick.
Durch kleine Versätze in den Nebenstraßen und Auflockerung der Bebauung entstehen spielerische Hof- und Gassenräume. An wichtigen Stellen sind die Blöcke geöffnet und untereinander - auch freiraumgestalterisch verbunden. Zur Bahn, zum Gewerbe und zu stark befahrenen Straßen ist lärmrobuster Städtebau mit geschlossener Bebauung mit durchgesteckten Grundrissen vorgesehen. Zum Park und zur Einfamilienhaussiedlung hin ist die Bebauung mit Punkthäuser stärker aufgelockert.
Nördlich der Bahn ist zwischen Umgehungsstraße und Tramlinie nur ein schmaler Streifen für Bebauung verfügbar, der wegen der Lärmbelastung für Wohnen eher ungeeignet ist. Auch hier ist die Bebauung spielerisch angeordnet, wodurch trotz der geringen Tiefe längliche Vorhöfe entstehen. Weiter östlich ist lärmrobuste Wohnbebauung vorgesehen, die zusammen mit den Häusern am Stellingdamm einen Block bilden und die Bestandsbebauung vor Lärm schützt.
Am Bahnhof, an der Bahnunterführung und am Erpeplatz steht jeweils ein kleiner Hochpunkt, um die Bedeutung des Ortes zu betonen.
Freiraum
Die städtebauliche Setzung ermöglicht die Entwicklung qualitätsvoller Freiräume, die zum einen wichtige Verbindungsfunktionen in die baulichen und naturräumlichen Nachbarschaften aufnimmt und zum anderen wichtige neue Identitäten im Quartier erlaubt. Im urbanen Band vom S-Bahnhof zum Brandenburgplatz ist auch die neue Umgehungsstraße dergestalt integriert, dass sie durch die perspektivisch kommenden Mobilitätsalternativen in den nächsten Jahrzehnten zunehmend verkehrsberuhigt werden wird. Dies kann sich bereits vorausschauend in der Belags- und Profilgestaltung des Quartiersplatzes, dem neuen Erpeplatz widerspiegeln.
In gegenläufiger diagonaler Ausrichtung wird ein grünes Natur- und Erlebnisband vom S-Bhf. Hirschgarten und seinem Anschluss an den Forst Mittelheide weitgehend verkehrsfrei durch das Quartier gezogen. Das naturnahe Band bildet dabei ein zweiseitiges Rückgrat für die Schulstandorte und integriert gemeinsam mit dem östlich erweiterten Sportparkgelände eine Vielzahl von Spiel-, Sport- und Aufenthaltsangeboten in möglichst gering versiegelten, naturnahen Freiflächen. Ziel ist es, einen hohen Anteil der schulsportlichen Angebote - zeitlich organisiert - in einen öffentlichen Parkraum auch der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
Der zentrale Pocketpark wird als lebendiger Quartierstreffpunkt urbane und naturräumliche Aspekte sichtbar verbinden. Der Platz, mit seinen Spielangeboten und von üppigen Bepflanzungen und Bäumen umrahmte Orte zum Verweilen, wird eine gemeinschaftliche Nutzung neuer und alter Bewohnerschaft befördern.
Die vorgeschlagenen Innenhofstrukturen orientieren sich zu den attraktiven Grünräumen und ermöglichen anhand halböffentlicher Wegeverbindungen einen guten Austausch im Quartier und darüber hinaus zu den angrenzenden Nachbarschaften. In den Einzelhöfen sind öffentlich nutzbare Angebote für Spiel, Urban-Gardening, Nachbartreffpunkte oder Grillplätze vorgesehen. So sind einerseits kleinzellige Identitäten der Bewohner in den Einzelhöfen möglich als auch über die Durchwegung im Quartier gleichzeitig neue nachbarschaftliche Verbindungen mit den Bewohnern der Bestandsbebauungen.
Mehrere Geh- und Radwegverbindungen durchziehen das Quartier und führen über die Bebauung hinaus auch in die angrenzenden Freiräume wie das Erpetal oder den Bellevuepark. Das Spazier- oder Joggingangebot soll hier gezielt erweitert werden, wobei auch hier baulichen Maßnahmen an Straßenquerungen und Parkwegeführungen außerhalb des Wettbewerbsgebietes erforderlich werden. Die neue Unterführung unter den Bahngleisen ist dabei neben ihrer verkehrlichen Funktion maximal attraktiv für Fuß- und Radfahrer auszugestalten.
Entlang der Straßen werden Bäume in Versickerungstiefbecken gemäß dem Schwammstadtprinzip linear gepflanzt. In allen Bändern, Bereichen, Plätzen und Innenhöfen verteilen sich die Baumpflanzungen in variablen Arten und Höhen rein landschaftlich. Sämtliche Dachflächen werden soweit technisch möglich begrünt und sollen nutzbarer Raum für Natur und Mensch sein.
Regenentwässerung
Das Entwässerungskonzept verfolgt konsequent das Ziel des Schwammstadtprinzips. Im Ergebnis wird mit dem vorliegenden städtebaulichen Entwurf eine Null-Abfluss-Siedlung ermöglicht werden können. Dabei greift der Entwurf auf die verschiedenen bekannten Bausteine aber auch auf innovative Bausteine und auch multifunktional genutzte Anlagen zurück.
Ziel des vorliegenden Entwurfs ist es, ein integriertes Regenentwässerungskonzept im Sinne des Planungsziels der Verknüpfung zu entwickeln. Dabei soll die Regenentwässerung nicht für jedes einzelne Baufeld, jedes Grundstück, jede Straße, etc. allein betrachtet werden, sondern die jeweiligen Vor- und Nachteile der einzelnen Areale sollen miteinander zu einem nachhaltigen integrierten Konzept entwickelt werden. So sollen z.B. die Vorteile der Grünflächen oder Sportplatzfläche als ein möglicher Retentionsraum für das Zurückhalten von Starkregenereignissen genutzt werden.
Demgegenüber besteht insbesondere in den Sommermonaten ein Bedarf an Regenwasser zur Regenwassernutzung z.B. für die Bewässerung dieser Grünanlagen. Hierfür sollen Regenwasserzisternen das auf den Dächern anfallende Regenwasser speichern, welches dann zur Bewässerung genutzt werden kann. Ebenso soll auf dem Quartiersplatz eine oberflächennahe Versickerung mit in die Platzfläche integrierte Versickerungsmulden geschaffen werden, um Regenwasser auch im Mittelpunkt des Quartiers präsent werden zu lassen. Weiterhin wird vorgeschlagen, den Anteil an begrünten Dachflächen, oder Dachflächen mit Retention so hoch wie möglich umzusetzen. Hierdurch soll dem Ziel der Erhöhung der Verdunstung, aber auch der Verbesserung der Biodiversität entsprochen werden. Ebenso sollte eine Fassadenbegrünung genutzt werden, um z.B. Effekte der Verdunstungskühlung zu erreichen. Durch den Einsatz von Maßnahmen der Dachbegrünung, Retention und Regenwassernutzung kann der Spitzenabfluss, welcher durch die Versiegelung durch neue Gebäude einhergeht, so weit wie möglich reduziert werden.
Nutzungen
Der Erpekiez soll ein durchmischtes Viertel mit einem hohen Wohnanteil werden und auch Platz bieten für Gewerbe, Bildung und Büroflächen. Besonders in den Erdgeschosszonen soll eine Vielzahl an Nutzungen umgesetzt werden.
Zentral im Gesamtquartier, bis zum Bahnhof Köpenick gedacht, liegt der Schulcampus. Der Campus ist für die ganze Nachbarschaft durch die relative Nähe zur S-Bahn gut erreichbar und prägt gleichzeitig die Westseite des Erpeplatzes. Die Schulgebäude sind zur Straße im Norden hin geschlossen und öffnen sich kammartig zur parkartigen Grünverbindung im Süden und bilden so verschiedene Schulhöfe aus. Die auch öffentlich nutzbaren Sportflächen im Stadtteilpark grenzen westlich an.
Der Einzelhandel an der Bahnhofstraße ist fußläufig erreichbar. Am Brandenburgplatz, wo sich auch Tram- und Bushaltestellen befinden, sind ein weiterer Nahversorger und einige ergänzende Läden für den täglichen Bedarf angedacht. Zur Belebung der Erdgeschosszonen ist an allen Hauptstraßen Platz für Gewerbe vorgesehen. In den Nebenstraßen geht das Wohnen bis ins EG, möglichst als Maisonetten. Der Erpeplatz ist besonders für Gastronomie mit Außenterrassen geeignet.
Die Bebauung in Bahnhofsnähe nördlich der Bahnlinie ist sehr gut als Gewerbe- und Bürostandort geeignet. Auch um den Brandenburgplatz ist eine gewerbliche Nutzung angedacht. Hier wäre unter anderem eine gute Fläche für eine Erweiterung des Finanzamtes. Der Hochpunkt an der Bahnunterführung wäre beispielsweise für ein Hotel gut geeignet.
Erschließung
Die Fuß- und Radwege zu den S-Bahnhöfen und Haltestellen sind Ausgangspunkt für das Verkehrskonzept, dass an erster Stelle auf ÖPNV und Fahrrad setzt. Über diese bequemen Routen gelangt man auf direktem Wege zu den wichtigen Haltestellen in der Umgebung, welche im näheren Einzugsbereich der zukünftigen Quartiersnutzenden eine sehr gute ÖPNV-Erschließung sowohl mit S-Bahn, Bus als auch Straßenbahn gewährleisten. In und um die Gebäude im Quartier sind überdachte Radstellplätze vorzusehen.
Zugleich werden die Flächen für den fließenden und ruhenden Kfz-Verkehr auf das erforderliche Minimum reduziert, um den autoarmen Charakter des Quartiers zu unterstreichen. Bis auf die Erschließungsstraße sind die Straßen vor allem dem Fuß- und Radverkehr vorbehalten, dem durch eine eindeutige Wegehierachie und eine überwiegend autofreie Gestaltung Vorrang geschaffen werden soll. Autos werden aus diesen Straßen ferngehalten, indem Parkplätze sich hauptsächlich in den drei Quartiersgaragen befinden und alternative Parkangebote im Quartier vermieden werden. In den Quartiergaragen befinden sich kleine Mobilitäts-Hubs inkl. e-Ladestationen und Fahrraddepots, welche die größeren Hubs an den S-Bahnhöfen hinsichtlich des Angebots bspw. an Sharing-Angeboten ergänzen. Die Befahrbarkeit aller Wege durch Einsatzfahrzeuge (Feuerwehr, Notarzt, Ver- und Entsorgung, Pflegedienste) wird dennoch gewährleistet.
Infrastruktur
Da Fernwärme nicht vorgesehen ist, wird auf ein dezentrales System mit Kombination verschiedener Quellen gesetzt, wie Abwärme von Gewerbe und Abwasser und eventuell Geothermie. Wärme durch Solareinstrahlung wird auch optimiert. Außer auf den Dächern können die südorientierten Fassaden zur Bahnstrecke, sowie die Fassaden von Quartiersgaragen für Photovoltaik genutzt werden. Zur Kühlung erhalten die Gewerbeeinheiten integrierten Sonnenschutz. Auch die Pflanzung von (Laub-)Bäumen sowie die vorgeschlagene grüne Fassade an dem Block am Brandenburgplatz wird zur Kühlung beitragen.
Es wird für den Einsatz von Unterflurbehältern zur Abfallsammlung plädiert. Die Vorteile von Unterflursystemen sind hinlänglich bekannt. Sie benötigen eine um zwei Drittel geringere Fläche als herkömmliche Container, sind leicht zugänglich und daher barrierefrei, bieten erhöhten Brandschutz, verringern unangenehme Gerüche. Man verzeichnet deutlich weniger wilde Beistellungen, Vermüllung, Vandalismus und Graffiti. Das Sammelsystem der Zukunft wirkt nicht nur praktisch und schlüssig, sondern auch ästhetisch. Grundsätzlich ist das System im gesamten Quartier umsetzbar.
Lärm
Auf das Plangebiet einwirkende Geräuschbelastungen:
Das Plangebiet ist insbesondere durch Schienenverkehrslärm verlärmt. Darüber hinaus wirkt aber auch Straßenverkehrslärm auf das Vorhaben ein. Der städtebauliche Entwurf reagiert darauf, indem konsequent ein lärmrobuster Städtebau für die Wohnnutzungen umgesetzt wird. Die Gebäudetiefen ermöglichen durchgesteckte Wohnungen, sodass die lärmabgewandte Seite auch genutzt wird. Alternativ sind an den zu den Gleisanlagen ausgerichteten Nordfassaden aber auch Laubengangerschließungen denkbar. Neben den Wohngebäuden stellen auch Sportplatz und Freiflächen am vorgesehenen Schulstandort eine schutzbedürftige Nutzung dar. Gemäß der vom Lärmgutachter bereitgestellten Verkehrslärmkarte liegt am Tag die Geräuschbelastung ohne die vorgesehene bahnständige Bebauung in dem vorgesehenen Gebiet bei ca. 60 dB(A). Durch die bahnständige Bebauung wird der Schienenverkehrslärm abgeschirmt, sodass die Geräuschbelastung geringer ausfallen wird und womöglich bereits ohne zusätzliche Maßnahmen die Geräuschbelastung ausreichend gering sein dürfte.
Aus dem Plangebiet auf die Umgebung einwirkende Geräuschbelastungen:
Durch das Vorhaben wird zusätzlicher Kfz-Verkehr generiert, der sich mit dem bestehenden Verkehr vermengt und üblicherweise an den bestehenden Nutzungen außerhalb des Plangebiets keine besonderen Maßnahmen nach sich zieht. Besonderes Augenmerk ist aber auf den Sportplatz zu legen. Da er nach Möglichkeit auch dem Vereinssport (und nicht nur dem lärmmäßig privilegierten Schulsport) dienen soll, wurde bereits in dieser frühen Planungsphase überschlägig geprüft, dass die Vorgaben der entsprechenden schalltechnischen Regelwerke an den bestehenden Wohngebäuden (westlich des Sportplatzes) zumindest am Tag eingehalten werden.
Realisierungsabschnitte
Die Realisierungsabschnitte werden sich als lärmrobuster Städtebau grundsätzlich an den Lärmquellen, vom Norden nach Süden ausrichten. So werden die Baufelder südlich der jeweiligen Lärmquelle Bahntrasse, dann Umfahrungsstraße, den Bauabschnitten folgend jeweils geschützt sein. Im ersten Bauabschnitt muss die Bebauung zur Bahn gebaut werden, der den Schallschutz für die davor gelegene Bebauung gewährleistet. Dazu gehören auch zwei Quartiersgaragen. Im zweiten Bauabschnitt kann das Kernquartier errichtet werden, sodass der identitätsstiftende Kiezplatz realisiert ist. Dazu gehören die dritte Quartiersgarage und der Nahversorger im Block zwischen Erpeplatz und Brandenburgplatz. Als letzter Schritt kann die Bebauung errichtet werden, die durch die Schule vom Straßenlärm geschützt wird, und in Folge die beiden Blöcke an der Stelle des heutigen Nahversorgers. Der Bau der Bahnunterführung kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Es sollte möglich sein, mit dem Bau des Quartiers auch noch ohne fertiggestellte Unterführung in Realisierung zu gehen.