Unmut über Einbahnstraßensystem und das neue Gegeneinander
Erstaunlich, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen und Erwartungen hier im Kiez sind. Ich lebe seit fast 20 Jahren direkt in der Bizetstr., habe hier zwei Kinder groß gezogen, fahre jeden Tag bei jedem Wetter mit dem Fahrrad zur Arbeit, durch den Schichtdienst kenne ich den Alltag im Kiez zu unterschiedlichen Zeiten, schlafe dadurch Tag oder Nacht mit dem Fenster zur Straße prima, nutze in meiner Freizeit gern auch mal für diverse Dinge das Auto, sitze gern auf dem Balkon und unterhalte mich und fühlte mich bislang rundum wohl hier und wenig eingeschränkt durch Verkehr.
Nun sieht es ein wenig anders aus. Die Stimmung und der Umgang auf den sozialen Plattformen und im Kiez vor Ort empfinde ich als sehr schwierig. Während Befürworter des Kiezblocks teilweise sehr abwertend kommentieren und sich als bessere Menschen darstellen, versuchen "Gegner" verzweifelt ihre Autofahrten zu rechtfertigen und konstruktive Lösungen vorzuschlagen. Das Ziel scheint das Gleiche, doch die Umsetzung von "Ich will sofort und das um jeden Preis" und "Warum gab es keine transparenten Infos und Umfragen? Warum jetzt, wo die Berliner Allee noch voller Baustellen ist? Warum werden jetzt einige Baustellen auf der Berliner Allee/Indira Ghandi plötzlich fertig - da kann man den jetztigen Verkehr in der Bizetsr. doch gar nicht realistisch auswerten? Wäre es nicht sinnvoller, wenn ..?" liegen doch Welten. Ich selbst hatte keine Wurfsendung im Briefkasten oder an der Haustür kleben, diese habe ich auf dem Gehweg verteilt in der Meyerbeerstr irgendwann einmal gefunden und ich habe auch keine Plakate entdecken können. Durch die Fahrradbügel wurde mir dann einiges klar und habe auch Emails geschrieben, um diese aufgrund der Parkplatzsituation zu hinterfragen. Die Infoveranstaltung habe ich mir online angesehen. Da war deutlich, dass es auf viele Fragen und Vorschläge keine Antworten gab und Ratlosigkeit auch bei den Veranstaltern. Trotzdem kam es zur Umsetzung, was sich ehrlich gesagt nicht für möglich gehalten hätte, dass dies jemand bewilligt.
Ich als Anwohnerin, Fahrradfahrein, Autofahrerin usw. möchte in keiner dieser Rollen stigmatisiert werden, wie es derzeit häufig passiert. Auch möchte ich keine dieser Rollen rechtfertigen müssen. Zum Glück bin ich für meinen Arbeitsweg nicht auf das Auto angewiesen. Doch zum Glück bin ich in der Lage einen Perspektivwechsel einzunehmen und kann gut verstehen, wie verärgert ein großer Teil aus guten Gründen (Zeitaufwand, unnötige Kilometer, erhöhte Kosten, Abhängigkeit durch persönliche Einschränkungen, Kinder, die nun länger in Kita und Hort bleiben müssen, Klima, usw., usw.) nun ist.
Ich finde das erhöhte Verkehrsaufkommen von 2 bis max. 4 Stunden am Tag rechtfertigt die Maßnahmen überhaupt nicht. Warum muss man nun in den restlichen Stunden, auch nachts, riesen Umwege fahren und die dadurch entstehenden Probleme in Kauf nehmen? Eine große Runde fahren, z.B. um den freigesprochenen Parkplatz hinter mir zu bekommen, anstatt zu wenden erscheint mir absurd. Vor allem muss ich sicher noch eine weitere Runde drehen, da der Parkplatz dann garantiert weg ist.
Nur, weil der Verkehr jetzt vor der eigenen Haustür weniger ist, ist er doch grundsätzlich nicht weniger geworden. Er hat sich nur verlagert. Das ist doch sehr egoistisch gedacht und erfordert Umfragen auch außerhalb des Komponistenviertels, wie sich die Lage dort entwickelt hat.
Ja, der Durchgangsverkehr muss für die eingestellt werden, die hier im Kiez oder auch in den Geschäften der Berliner Allee nichts zu erledigen haben, doch alle anderen sollten hier fahren dürfen und zwar nicht durch dieses aufwendige Einbahnstraßensystem.
Vorschläge diesbezüglich gab es hier auf der Plattform ja schon einige, die hoffentlich berücksichtigt werden!
Ich hoffe, es wird zeitnah ein gute Lösung für alle geben. Das wäre für das Miteinander im Kiez sehr hilfreich und nicht selbsternannte Verkehrspolizisten.
Bekanntlich gibt es immer Solche und Solche, auch unter Autofahrern und Fahrradfahrern!