KiezRadar – der Informationskanal für Bürger*innen
Viele Bürger:innen wollen sich an der Gestaltung ihrer Stadt beteiligen – zielorientiert, unkompliziert und direkt. Damit verbunden sind neue Anforderungen an das Zusammenspiel von Politik, Verwaltung und Bürgergesellschaft. Die Erwartungen sind hoch: Bessere Qualität der Planung, höherer Gemeinsinn und mehr Digitalisierung.
Doch wie erfahren die Bürger*innen von aktuellen Planungen und Entscheidungen? Wie bekommen Bürger*innen relevante Angebote in Ihrem Kiez mit? Wie werden Bürger*innen zeitnah und ortsbezogen informiert, ohne dass sie mit Informationen überschwemmt werden?
Mit diesen Fragen hat sich das Forschungsprojekt KiezRadar eingehend befasst. In einem partizpativen Ansatz wurde gemeinsam mit Bürger*innen und Vertreter*innen der Verwaltung der Prototyp der KiezRadar-App als Lösungsansatz entwickelt.
Der Ansatz von KiezRadar
Ein großes Problem ist derzeit die Vielfalt an vorhandenen digitalen Informationskanälen mit unterschiedlicher Zielsetzung und verschiedenen Zielgruppen, die den Überblick und die gezielte Informationssuche interessierter Bürger*innen erschwert. Damit Bürger*innen sich nicht selbst durch die digitalen Angebote Berlins wühlen müssen, soll die KiezRadar-App proaktiv, übersichtlich und bedarfsgerecht über wichtige Ereignisse und Angebote aus Politik und Verwaltung informieren. Die Bürger*innen können selbst auswählen, zu welchen Themen und mit welchem Ortsbezug sie benachrichtigt werden möchten. Hierfür bündelt die KiezRadar-App verschiedene Informationen aus bestehenden Plattformen und bereitet sie adressatengerecht auf.
KiezRadar nutzt dafür bestehende, öffentliche Quellen. Das können z.B. Informationen der Stadt sein, von Behörden, anderen Beteiligungsplattformen, von Bürgerinitiativen oder dem Quartiersmanagement. Die Inhalte werden für die KiezRadar-App aus den bestehenden Quellen abgerufen und aufbereitet. Für die Bürger*innen hat dies den Vorteil, dass Inhalte verschiedener Quellen schnell einheitlich genutzt werden können, ohne das sie jede Quelle einzeln ansteuern müssen. Die Verwaltung profitiert durch die Nutzung von öffentlichen Quellen insofern, dass nicht mehrere Systeme mit Daten »gefüttert« werden müssen.
Der derzeitige Stand
In Berlin stehen sehr viele öffentliche Quellen zur Verfügung. Es sind so viele, dass eine Auswahl und Nutzung für interessierte Bürger*innen aufgrund des Umfangs schwierig ist. Zusammen mit den Akteuren der Zivilgesellschaft und der Berliner Verwaltung wurden bisher drei unterschiedliche Quellen für den Prototypen exemplarisch integriert:
- Inhalte der Ratsinformationssysteme der Bezirke
- Projekte und Pläne von mein.berlin.de
- Veranstaltungskalender des Quartiersmanagements Auguste-Viktoria-Allee
Die Funktionsweise und das Design von KiezRadar wurde durch die Erstellung von Mockups und das Erheben von Anforderungen festgehalten und im Rahmen von Nutzer*innenbefragungen und Tests evaluiert. Der Prototyp der KiezRadar-App wurde als native Android-App umgesetzt. Die Prioritäten im Forschungsprojekt lagen darauf, mehrere unterschiedliche Quellen anzubinden und die Ereignisse übersichtlich darzustellen. Für die Darstellung der Ereignisse wurde eine Anzeige als Listenübersicht umgesetzt, bei der die Ereignisse nach Aktualität oder Entfernung angezeigt werden können sowie eine Detailansicht und Kartenansicht. Zudem können die Nutzer*innen im Prototypen Ereignisse als Favoriten markieren und sich in einer Favoritenansicht anzeigen lassen. Eine weitere im Projekt umgesetzte Kernfunktion bestand darin, die Ereignisse anhand verschiedener Parameter (Entfernung, Zeitpunkt, Themenbereiche, Quelle) filtern zu können.
Nicht im Projekt realisiert werden konnten z.B. die Umsetzung von Push-Benachrichtigungen, die Nutzer*innen z.B. bei Projektfortschritten informieren; eine Stichwort-Suche für Ereignisse oder die Möglichkeit, Routen abzufahren und als Ortsbezug zu verwenden.
Über die Forschungsergebnisse und Fortschritte des Projekts wurde regelmäßig auf der Projektwebseite berichtet (https://kiezradar.fokus.fraunhofer.de/). Die KiezRadar-App wurde ebenso wie die geschaffene Schnittstelle als Open Source zur Verfügung gestellt.
KiezRadar bedient offenen Bedarf
Für die Politik und Verwaltung Berlins begründet sich der Mehrwert einer ergänzenden Anwendung zu den bestehenden Plattformen u.a. durch die Zusammenführung mehrerer Informationsquellen, der adressatengerechten Aufbereitung, der Favoriten oder der Benachrichtigungsfunktion, ohne dass redaktioneller Mehraufwand entsteht. Zudem zeichnet sich der Ansatz als mobile Anwendung durch den Vorteil des Standortbezugs aus.
Dadurch, dass Informationen aus mehreren Quellen zusammengeführt werden, profitieren verschiedene Akteure von einer derartigen App-Lösung. Gegenüber den bestehenden Plattformen hat KiezRadar einen breiteren konzeptionellen Fokus, der neben den im Prototyp genutzten Datenquellen eine flexible Erweiterung um weitere relevante Datenquellen möglich macht. Mögliche Themenbereiche von KiezRadar sind:
- Stadtentwicklung
- Bauen
- Gesundheit
- Selbstorganisation und Nachbarschaftshilfe
- Kunst und Kultur
- Sport und Freizeit
- Politische Teilhabe
- Umwelt und Grünflächen
- ÖPNV und Verkehr
- Bildung und Weiterbildung
Darunter fallen z.B. Daten zur Nutzung öffentlicher Turnhallen oder Räumlichkeiten, Baustellen, S-Bahn Einschränkungen, Nachbarschaftsgesuche und Angebote oder politische Initiativen. Wichtig ist, dass die Daten öffentlich und in einem geeigneten Format zur Verfügung stehen, dass ein Orts- und Zeitbezug besteht und ein Mehrwert für die Bürger*innen geschaffen wird, z.B. Befähigung, Verbesserung der Lebensqualität oder Teilhabe. KiezRadar ist demnach eine Lösung für ganz Berlin, kann aber gleichsam auch lokal und bezirksspezifisch eingesetzt werden.
Der aufgezeigte Bedarf für die KiezRadar-App unterstreicht, dass eine Fortführung des Projekts und Weiterentwicklung hin zur ausgereiften Lösung sinnvoll ist. Mit dem bestehenden Funktionsumfang des Prototypens, den im Backlog gesammelten Anforderungen und der API kann für eine Fortsetzung auf umfangreichen Vorarbeiten aufgebaut werden.
Weiterer Forschungsbedarf und Reifung der Lösung
Im Projekt fiel auf, dass die Qualität der Daten sowohl innerhalb eines Systems aber vor allem zwischen den Systemen sehr unterschiedlich ist. Insbesondere die für KiezRadar notwendigen Geoinformationen waren selten vorhanden, da in den Systemen eine Ortsangabe über einen Text ausreicht. Zudem werden Beziehungen zwischen gleichen Daten in unterschiedlichen Systemen bisher nciht systematisch gesetzt. Bei einer Projektfortführung läge ein Fokus darauf, die Angebotsseite, insbesondere in Hinblick auf die Datenqualität und Bereitstellung, näher zu betrachten und abzuleiten, welche Schritte auf den Weg zur einer einheitlichen und gut nutzbaren Datenbasis unternommen werden müssen.
Die bereits erschlossenen Quellen könnten um weitere Inhalte angereichert werden, z. B. um:
- Projektinformationen ereignisübergreifend zu vernetzen,
- Projektfortschritte den Beteiligungen zuordnen zu können oder
- redaktionelle Inhalte, die händisch für die jeweiligen Maßnahmen erstellt werden.
In Zusammenarbeit mit der Verwaltung sollen zudem weitere Daten identifiziert werden, die integriert in der KiezRadar-App einen echten Mehrwert bieten würden. Ob durch die Nutzung von KiezRadar messbare oder spürbare Effekte auf Seiten der Verwaltung auftreten, soll im Rahmen des Forschungsprojektes ebenfalls betrachtet werden. In diesem Zusammenhang soll auch erforscht werden, welche Unterstützungsbedarfe auf Seiten der Verwaltung bestehen. Denkbar sind z.B. die Anfertigung einer Kurzanleitung mit Hinweisen für die Eingabe neuer Daten oder Schulungen.
Der Prototyp der KiezRadar-App soll für den Produktiveinsatz weiterentwickelt werden, d.h. die App soll täglich automatisch vorab festgelegte Daten einlesen können. Zudem sollen die fehlenden Funktionsbereiche entwickelt werden und mit Nutzer*innen evaluiert werden. Eine weitere Aufgabe könnte sein, die KiezRadar-App unabhängig vom Betriebssystem Android zur Verfügung zu stellen.