Gut gemeint, aber…
Dieses Projekt ist sicherlich gut gemeint, aber leider mal wieder nur ein Beispiel typischer Berliner Symbolpolitik, um von den tatsächlichen Problemen und Unzulänglichkeiten abzulenken.
Was wir brauchen, sind keine Fahrradtresen.
Was wir brauchen, sind konkrete bauliche Maßnahmen, um das Radfahren in dieser Stadt und in diesem Bezirk sicherer zu machen: Physisch abgegrenzte Radwege. Abgepollerte verkehrsberuhigte Straßen. Fahrradwege ohne Baumwurzeln und Schlaglöcher, die breit genug sind für den heutigen Radverkehr. Ein durchgehenden Radverkehrsnetz, das nicht urplötzlich auf einer Hautverkehrsstraße in den laufenden Autoverkehr geleistet wird.
Und wir brauchen eine ernsthafte Durchsetzung von Verkehrsregeln: Gegen Zweite-Reihe-Parker auf der Oranienstraße. Gegen Autos, die mit 70 die Skalitzer entlang brausen, obwohl dort Tempo 30 gilt. Gegen Leute, die Fahrradstraßen wie die Mariannenstraße als Abkürzung nutzen.
Diese Stadt sollte eigentlich dankbar sein dafür, dass ihre Bewohner*innen in den letzten Jahren immer mehr aufs Rad umgestiegen sind und damit die Verkehrsnetze auf ökologische und klimafreundliche Weise entlastet haben. Sie sollte mit aller Anstrengung den Ausbau einer Infrastruktur vorantreiben, um noch mehr Leute davon zu überzeugen, das Radfahren in der Großstadt nicht nur nicht lebensgefährlich ist, sondern tatsächlich auch Spaß machen kann! So, wie es Städte wie Kopenhagen, Amsterdam, Utrecht oder jetzt auch Paris vormachen.
Stattdessen habe ich das Gefühl, dass Radfahrende nach wie vor nicht ernst genommen und durch politisches Desinteresse mutwillig einer Gefahr aussetzt werden: Ein neues Fahrradstraßen-Schild hier, ein bisschen Farbe auf der Straße da, das muss reichen. Ich wohne seit 20 Jahren im Kiez, ich fahre hier jeden Tag Fahrrad – und meine Kinder auch. Ich weiss, wovon ich rede, wenn ich sage, dass ich mich über die Zeit immer unsicherer fühle auf den Straßen dieser Stadt.
Ich habe keine große Hoffnung, dass irgendjemand das hier lesen wird, aber falls doch, so würde ich mich sehr über Feedback freuen und bin gern an einer konstruktiven Diskussion interessiert.
Ich bin übrigens kein autohassender Kampfradler – ich fahre selbst ab und zu Auto in der Stadt, ich kenne die Autofahrenden-Perspektive auf Radler, die sich benehmen wie die Axt im Walde. Aber ich bin überzeugt davon, dass eine Koexistenz verschiedener Verkehrsformen möglich ist – jedoch nur, wenn sich alle an Regeln halten, welche auch durchgesetzt werden.