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Digitale Transformation

Digitale Transformation

Wie ist der gegenwärtige Stand der Zusammenarbeit zwischen den Ländern?

  • Eine Zusammenarbeit existiert in den Grundlagen innerhalb der vielfältigen digitalrelevanten Themenfelder. Aus Sicht der IHKs Berlin-Brandenburg sind für die anwenderorientierte und erfolgreiche Digitalisierung der Metropolregion Berlin-Brandenburg wichtige weitere Schritte für eine zielgerichtete Zusammenarbeit zu institutionalisieren und zu professionalisieren.
  • Aktuell arbeiten beide Länder u.a. im Rahmen des OZG-Themenfeldes „Querschnittsleistungen“ zusammen. Die Arbeit in diesem Themenfeld (TF) wird vom Bundesministerium des Innern sowie dem Land Berlin federführend geleitet. Zu den weiteren TF-Projektpartnern gehört u.a. die Brandenburgische Landesregierung. Auch arbeitet Brandenburg bei der OZG-Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) mit Bayern künftig enger zusammen. Grundlage hierfür ist eine Ende 2020 geschlossene Kooperationsvereinbarung.
  • Beide Länder haben im Rahmen der Entwicklung der Berliner Digitalisierungsstrategie ihre Zusammenarbeit bzw. Abstimmungstätigkeiten ausgebaut. Das unterschiedliche Tempo und das bisherige Nicht-Vorhandensein eine Berliner Digitalisierungsstrategie erschweren aktuell ein auf strategische Maßnahmen abgestimmtes Vorgehen. Die vor gut zwei Jahren vom Kabinett verabschiedete „Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg“ wurde 2020 einer Evaluation unterzogen – die Ergebnisse finden Eingang in das Digitalprogramm 2025. Es ist ungewiss, in welchem Umfang eine Verzahnung beider Landesstrategien realisiert wird. Die Ausrichtung der jüngst eingerichteten Digitalagenturen beider Länder unterscheiden sich merklich.

Wie sollte eine Zusammenarbeit der beiden Länder aussehen?

  • Politische Governance: Ein engeres Zusammenrücken beider Länder bei Strukturen und Projekten der Digitalen Transformation ist unbedingt erforderlich und von beiderseitigem Vorteil. Gerade beim Auf- und Ausbau der digitalen (Daten)Infrastruktur und der Verwaltung ist ein gemeinsames bzw. abgestimmtes Vorgehen sinnvoll, um zügig eine solide Basis für Digitalisierung zu schaffen. Als Knackpunkt könnte sich die übergreifende Zusammenarbeit in den gegebenen Regierungs- und Verwaltungsstrukturen ergeben, die sich schon innerhalb Berlins als Hemmschuh der Digitalisierung erweist. In Brandenburg hat im Sommer 2020 ein Bericht des Landesrechnungshofes deutlich die Defizite benannt und strukturelle Anpassungen zur besseren Steuerung und Gestaltung angemahnt. Die Digitalisierung ist nicht nur organisatorisch einzuleiten, sondern muss auch politisch priorisiert werden. Hier haben beide Ländern die Möglichkeit auf Basis des Strategischen Gesamtrahmens den politischen Willen mit konkreten Maßnahmen, Zielen und Kapazitäten zu bekräftigen und zu untersetzen.
  • Verwaltungsdigitalisierung: Berlin und Brandenburg sollten als Nachbarländer ihre praktischen Erfahrungen bei verwaltungsübergreifenden Themen stärker in die OZG-Umsetzung einbringen – und die Mitwirkung im IT-Planungsrat ausbauen. Länderübergreifende Herausforderungen im täglichen Verwaltungshandeln sind sowohl für viele Unternehmen (z.B. mit Betriebsstätten in verschiedenen Bundesländern) als auch für die betroffenen Behörden ein potenzieller Ansatzpunkt dafür. Mögliche Pilotvorhaben könnten Potenzial für zahlreiche andere Nachbarregionen in Deutschland entfalten.
  • Verwaltungsdigitalisierung: Die Intensivierung auf verwaltungsseitiger Ebene muss sich auch auf technischer Ebene fortsetzen. Insbesondere bei der Kooperation der jeweiligen landeseigenen IT-Dienstleister (ZIT-BB & ITDZ).
    • Das Fehlen von interoperablen Lösungen belastet unzählige Bereiche des Landeswesens und seiner Verwaltung. Eine projetorientierte Zusammenarbeit und ein systematisierter Erfahrungsaustausch z.B. bei Nutzerservices oder Open-Source-Lösungen schonen die personelle wie finanzielle Kapazitäten und bieten die Möglichkeiten von Beginn an interoperable (technische) Lösungen zu entwickeln. Im besten Fall können Dienstleistungen vom ZIT-BB als auch ITDZ aus beiden Ländern bezogen werden. Andere Metropolregionen nutzen diese Synergievorteile bereits.

Welche konkreten Vorhaben oder Verabredungen sollten die beiden Länder hierfür treffen?

  • Politische Governance: Ein steuerndes länderübergreifendes Digitalkabinett und die Federführung in den jeweiligen Kanzleien müssen die politische Priorisierung, Koordinierung, Umsetzung und das Monitoring langfristig gewährleisten. Digitalpolitik muss Chefsache sein und in Berlin werden: Erforderlich wird damit eine zentrale Steuerung, Koordinierung und Umsetzung in der Senatskanzlei. Erfolge setzen des Weiteren neue Rollen wie die eines Staatssekretärs „Digitalisierung & Digitale Stadt“ (als CDO) sowie die Etablierung einer ressortübergreifenden Arbeitsstruktur und -kultur voraus. Zielgerichtete personelle wie finanzielle Kapazitäten sind dabei gleichzeitig auch in den jeweiligen Fachverwaltungen notwendig. 
  • Digitalisierungsstrategien: Für die mittlere und langfristige Entwicklung der Metropolregion legen die jeweiligen Digitalstrategien der Länder als Rahmenstrategien eine wichtige Grundlage für konkrete Maßnahmen, Ziele und Messgrößen. Die aktuelle Entwicklung der Berliner Digitalisierungsstrategie sollte bereits frühzeitig eine in den hier aufgezeigten Themenfeldern strategische Kongruenz mit der Brandenburger Digitalisierungsstrategie sicherstellen. Gleiches gilt für das fortgeschriebene Brandenburger Digitalisierungsprogramm 2025. Sobald auch Berlin über eine eigene Strategie verfügt, muss ein Prozess sicherstellen, dass die Wirkung länderübergreifender Maßnahmen messbar wird. Nur so können bestehende Maßnahmen korrigiert und neue Maßnahmen (sowie Instrumente) mittelfristig entwickelt werden. Zusätzlich müssen für die Digitalisierung bestehender städtischer Infrastrukturen und Dienstleistungen kommunale Unternehmen stärker eingebunden werden. Für ein bundeslandweit koordiniertes und zielorientiertes Vorgehen der jeweiligen kommunalen Unternehmen ist ein klarer politischer Auftrag auszusprechen und Verantwortung für die Koordination, das Monitoring und die Prozesskonsolidierung zu übernehmen. Die landespolitischen Strategien wie die E-Government-, Digitalisierungs- und Smart-City/Country-Strategie sollten zukünftig mit den Zielen der Unternehmensstrategien der Landesunternehmen übereinstimmen.
  • Verwaltungsdigitalisierung: Identifikation von geeigneten länder- oder kommunenübergreifenden (digitalen) Verwaltungsleistungen (z.B. Anträge und Genehmigungen für Tiefbauarbeiten im Bereich Glasfaser und bei Mobilfunkstandorten).
  • Digitale Infrastruktur: Für das digitale Zusammenwachsen der Metropolregion sind Fortschritte beim Glasfaserausbau sowie beim Auf- und Ausbau des 4G/5G Mobilfunknetzes stärker durch gemeinsam befürwortete Projekte und Prozesse zu priorisieren und zu beschleunigen. Für ein unterbrechungsfreies Mobilfunknetz – unabhängig von Ländergrenzen und entlang der Pendlerströme – sollten beide Länder stärker ihre Kooperationspotentiale für die Bestimmung von Mobilfunkstandorten prüfen. Die Fertigstellung eines Mobilfunkstandortes dauert in Summe durchschnittlich 24 Monate. Dabei werden vier Prozessschritte „Standortsuche“, „Standortsicherung“ „Baugenehmigungsverfahren“ und „Realisierung der Infrastruktur“ unterschieden. Eine Angleichung, Standardisierung und Digitalisierung bei Baugenehmigung führen zu direkten Realisierungs- und Kostenvorteilen. Wohingegen beide Länder auch bei der Standortsuche von Mobilfunkorten insb. an den Ländergrenzen Synergie- und Unterstützungspotentiale im Sinne der Daseinsvorsorge als auch für die ausbauenden Unternehmen heben müssen.
  • (Echtzeit-)Daten: Egal, ob für die Gestaltung der Verkehrs- oder Energiewende oder für den Wandel der Verwaltung hin zu einem modernen Dienstleister, überall werden Daten benötigt. Das Effizienz- und Wertschöpfungspotenzial ist enorm. In Berlin gibt es bereits mit dem Open Data Portal oder den Geodaten-Informationssystemen gute Ansätze: Diese müssen zwingend um eine zielorientierte Data Governance (unter Einbindung kommunaler Unternehmen) ergänzt, mit einer Urban Data Platform (bzw. Country Data Platform) steuerbar gemacht und für evidenzbasierte politische Entscheidungen genutzt werden. Dabei müssen insbesondere Echtzeitdaten noch stärker aufgearbeitet und für den Betrieb der Stadt und auf dem Land nutzbar sein. Gemeinsame Projektentwicklungen und Anwendungsfälle bieten sowohl für Berlin als auch Brandenburg große wirtschaftliche, unternehmerische und strukturpolitische Potentiale. Hier kann zukünftig den landeseigenen IT-Dienstleistern eine neue Aufgabe zukommen.
  • Gesundheitssektor: Mit der hervorzuhebenden Stellung Berlins als Gesundheitsstadt und der Vorteile, die die durch Digitalisierung von Prozessen und Leistungen im Gesundheitsbereich ermöglicht werden, sind für die Bereitstellung und Nutzung ärztlicher Expertise und gesundheitsrelevanter Leistungen neue digitale Wege zu beschreiten. In der Region Berlin-Brandenburg sollte ein konkretes, länderübergreifendes Modellprojekt „Virtuelles Krankenhaus“ als leistungsfähiges IT-Netzwerk initiiert werden, in welchem die hier ansässigen, spezialisierten Krankenhäuser und Akteure der Gesundheitswirtschaft effizienter und patientenorientierter zusammenarbeiten können. Ein Referenzprojekt existiert bereits in Nordrhein-Westfalen, welches aktuell verstärkt an Bedeutung gewinnt, weil es auf den hohen Bedarf an Behandlung und Expertise bei der Patientenversorgung schwersterkrankte Covid-19-Fälle eine digitalbasierte besser Unterstützung ermöglicht.
  • Datenschutz: Der Berliner Senat schafft gemeinsam mit der Brandenburgischen Landesregierung (und den Datenschutzbeauftragten der Länder) alle Voraussetzungen dafür, dass einheitliche, praktikable Datenschutzrichtlinien der Länder Berlin und Brandenburg schrittweise erarbeitet und verbindlich eingeführt werden. Nur so kann die Berliner Wirtschaft, und insbesondere die Gesundheitswirtschaft in der Digitalisierung erfolgreich zu sein. Die ungleiche Auslegung und Strenge in einzelnen Bundesländern wirkt als Hemmschuh wirtschaftlicher Aktivitäten und diskriminiert Unternehmer je nach Standort.
  • Förderung & Finanzierung: Ein länderübergreifender Investitionsfonds, der Mittel für im Prozess des Strategischen Gesamtrahmens identifizierte länderübergreifende Projekte schneller und bürokratieärmer in die Umsetzung bringt, wird angelegt. Dies klärt bereits frühzeitig Verantwortungen und schafft den nötigen finanziellen Spielraum. Ein Investitionsfond kann dafür sorgen, dass in der Projektumsetzung zu viel Zeit aufgrund grundlegender Finanzierungsfragen verloren geht. Außerdem kann die wirtschaftliche Entwicklung und der Digitalisierungsgrad von KMU in der Metropolregion mit einem gemeinsam konzipierten Förderprogramm (z.B. „Digitalbonus BB“) Zuschüsse bereitstellen ermöglichen. Die in beiden Ländern bestehenden Digitalisierungsförderprogramme sollten dahingehend einer Evaluierung unterzogen werden, um Empfehlungen abzuleiten, Anpassungen vorzunehmen (z.B. bei der Gesamtvolumengrenze) und Förderbereiche (neu) auszurichten. Eine dabei zusätzliche Ausrichtung auf Unternehmen, die durch Betriebsstätten in beiden Ländern gekennzeichnet sind, kann für das Zusammenwachsen der Region zusätzliche Anreize setzen (z.B. Produktion in einem Land und F&E im anderen).
  • IT-Fachkräfte: Die Suche nach IT-Fachkräften belastet heute bereits zahlreiche Unternehmen (IHK-Fachkräftemonitor (FKM): Aktuelle Zahl ohne Corona-Effekt (Prognose 2021): Engpass von 1.400 in Berlin; 2030 Engpass von 1.600 Informatikern in Berlin) Ein gemeinsames IT-Fachkräfteanwerbe-Projekt kann hier strategische Entwicklungen ermöglichen, indem eine Bestandsaufnahme, der in Berlin-Brandenburg verfügbaren beruflichen wie akademischen Aus- und Weiterbildungsangebote erfolgt und eine darauf aufbauende Bewertung der mittelfristigen Erweiterungsplanung bzw. fachlichen Spezialisierung abgeleitet werden kann.
  • Fortschritt & Monitoring: Für die die Akzeptanz, Nachverfolgung und Wirkungsmessung ist ein öffentlich zugängliches Monitoring z.B. in Form eines Dashboards frühzeitig zu diskutieren und pilothaft anzustoßen (z.B. Vorbild OZG-Dashboard Bund). Dieses Angebot bietet zusammen mit Beteiligungsplattformen wie „mein.berlin“ eine aufwandsarme und nutzerfreundlich Möglichkeit Beteiligungsprozesse daten- und erfolgsorientiert zu ermöglichen.
Barbara Nitsche - für die IHKs Berlin und Brandenburg erstellt am
Referenznr.: 2021-09387

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