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Ziele und Mittel passen nicht zusammen. Das Ergebnis ist katastrophal

Hinweis

Anders als viele andere war ich als Anwohner der Bergmannstraße mit Auto, Fahrrad und kleinen Kindern vorsichtig positiv gestimmt, als ich von den Plänen für die Bergmannstraße hörte. Ich hatte mir vorgestellt, dass man die Bergmannstraße vom Autoverkehr weitgehend freihalten würde und dafür in den angrenzenden Straßen neuen Parkraum schafft, dass man sich mit dem Fahrrad nicht mehr durch Zweitereiheparker schlängeln und vor Rechts-Vor-Links-Ignoranten fürchten muss, dass man auch die Kinder bedenkenlos auf der Straße fahren lassen kann, dass die Straße etwas grüner würde.

Nichts von dem wird eintreten: Parkplätze wurden ersatzlos und geradezu schikanös beseitigt. Es wurde nichts getan, um den Autoverkehr einzuschränken. Von „außen“ sieht man der Bergmannstraße nicht einmal an, dass sich hier irgendetwas oder irgendjemand begegnen soll. Das Fahrradfahren ist durch die Verbreiterung der Park- und Parkletflächen deutlich gefährlicher geworden. Erst heute morgen schlängelte sich ein Autofahrer dicht an mir vorbei, offenbar überrascht davon, dass man auf dieser breiten Straße nicht mehr ohne Weiteres an einem Fahrrad vorbei kommt, wenn es Gegenverkehr gibt. Und grüner wird es wohl auch im Frühling nicht werden.

Stattdessen gibt es unzählige Parklets, die – wie schon die immerhin optisch ansprechenderen Testversionen – jedenfalls zur Tageszeit niemand nutzt (erst recht nicht die Anwohner). Stattdessen soll es vollständig ohne Bedarf unzählige Fahrradständer geben (mit dem Fahrrad habe ich hier noch nie einen Parkplatz gesucht). Stattdessen wird die Straße künstlich und zugleich halbherzig schmaler gemacht, anstelle einen Radweg zu schaffen. Stattdessen sind unzählige Begrenzungspoller geplant, die insbesondere Kindern das Fahrrad fahren auf dem Bürgersteig noch weiter erschweren werden.

In den Zielen des Projektes heißt es: „das zu Fuß gehen [soll] einfacher und sicherer, die Aufenthaltsqualität gefördert und das rücksichtsvolle Miteinander Aller im Straßenverkehr gestärkt werden.“

Man kann (und sollte) über die Ziele streiten, sie haben jedenfalls fast nichts mit meinen ursprünglichen Erwartungen zu tun. So furchtbar schwierig und unsicher erscheint mir das zu Fuß gehen nicht. Eine „Förderung der Aufenthaltsqualität“ brauchen wir hier auch nicht. Das wäre in anderen Ecken Berlins wohl wichtiger.

Vor allem aber sind die Mittel zur Zielerreichung auch nicht geeignet: Parkplätze ersatzlos abzuschaffen führt vor allem dazu, dass es noch schwerer wird, Parkplätze zu finden – und es gibt nun einmal auch hier Menschen, die auf das Auto und einen Parkplatz angewiesen sind. Solange durch die Straße Busse fahren und LKW zu jeder Tageszeit anliefern dürfen, wird sich ein rücksichtsvolleres Miteinander sicher nicht einstellen. Daran werden auch Parkraumbewirtschaftung, Tempo 20 und willkürlich platzierte Ladezonen nichts ändern. Schließlich werden die Parklets die Aufenthaltsqualität nicht steigern, übrigens auch nicht, wenn man noch weitere zehn davon aufstellt.

Hier wird sich zu Recht u.a. über die absurde Geldverschwendung, den täglichen Müll, die hanebüchene Optik der Parklets, die schlampige Planung und Umsetzung und etwa die in jeder Hinsicht schikanösen Metallauffahrten zu den Parklets beschwert. Doch selbst wenn es all dies nicht gäbe, wäre das Projekt ein Katastrophe. Weder meine Erwartungen können so erreicht, noch die formulierten Ziele auf diese Weise erreicht werden. Die Straße künstlich zu verschmälern, ohne Busse fernzuhalten, den Autoverkehr drastisch zu verringern und/oder LKW-Einfahrzeiten zu beschränken, Parkplätze abzuschaffen, ohne für Ersatz zu sorgen und zwar peppige im Übrigen aber unpraktische Parklets aufzustellen, ist jedenfalls kontraproduktiv.

Das kann man jetzt 12 Monate testen (einen Monat Chaos haben wir Anwohner übrigens schon hinter uns) oder gleich einräumen, dass das Projekt gescheitert ist. Wir (auto- oder fahrradfahrende Anwohner) waren vorher besser dran.

MaSchi erstellt am
Referenznr.: 2018-04004

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