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Straßenbahn, das Verkehrsmittel der Zukunft?

Straßenbahn, das Verkehrsmittel der Zukunft?

Zunächst möchte ich mich auch darüber beschweren, dass es hier nur noch darum geht, welche Strecke wir denn nun bevorzugen. Es geht wohl nicht mehr darum, ob die Anwohner überhaupt eine Straßenbahn haben wollen oder nicht. So sieht keine Bürgerbeteiligung aus!

Die Straßenbahn ist zweifelfrei ein umweltfreundliches Verkehrsmittel mit relativ hoher Beförderungskapazität. Sie macht vor allem dort Sinn, wo genügend Platz für den erforderlichen Gleisraum zur Verfügung steht. Das sind dann vorteilhaft separat geführte Schienenwege. Diese sind aber auf den geplanten Strecken nicht verfügbar. Wird die hohe Beförderungskapazität auf den Planstrecke überhaupt benötigt? Rechnet man sich das nicht einfach schön, um die Notwendigkeit zu begründen?

Zuvor sind aber erhebliche Investitionen in die Infrastruktur erforderlich, um die Straßenbahn überhaupt erst betriebsfähig zu machen. Wurde der Baugrund schon untersucht? Die Häuser in der Reuter- und Pflügerstraße stehen auf recht instabilen Grund und sacken schon seit Jahren ab. Das kann man von der Straße aus sehr gut sehen. Wenn alles fertig ist, fallen dann die notwendigen Instandhaltungskosten für die neu geschaffenen Verkehrswege an. Denn das Gleisbett und die Oberleitung sind nicht wartungsfrei. Wenn das Geld nun aber plötzlich keine Rolle spielt, dann frage ich mich ernsthaft, warum die Verkehrswege und insbesondere die Gehwege nicht instand gesetzt werden. Ein Spaziergang im Reuterkiez erinnert mich mehr an eine Bergwanderung über Stock und Stein, als an einen Gehweg in der deutschen Hauptstadt. Das Wasser bleibt in den zahlreichen Mulden stehen und die Pfützen frieren dann bei Frost sofort zu. Löcher im Kopfsteinpflaster auf Straße und Gehweg werden mit Teermumpe zugeschmiert und nicht fachgerecht repariert.

Gibt es überhaupt eine Berechnung über die Wirtschaftlichkeit der Straßenbahn im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln wie Bus oder gar Elektrobus? Warum wurde die Straßenbahn einst in Westberlin abgeschafft? Könnte man nicht zuerst einen Bus auf der angedachten Strecke starten, um belastbare Zahlen über die zu erwartenden Fahrgastzahlen zu erhalten? Der normale Fahrgast (nicht der Partytourist) wünscht sich eine schnelle Verbindung von A nach B, auch wenn er zuvor 5 Minuten zur Haltestelle laufen muss. Eine Bummelbahn durch die engen Wohnviertel kann diesen Wunsch wohl kaum erfüllen. Die derzeitige Fahrzeit von der Warschauer Straße zum Herrmannplatz mit U1 und U8 beträgt incl. Umsteigen nur 13 Minuten, das ist doch recht ordentlich. Brauchen wir da eine neue Verbindung und ist diese dann schneller? Die Straßenbahn ist nicht dafür geeignet, durch enge Wohnviertel zu fahren. Der verfügbare Straßenraum wird dadurch noch weiter verengt. Die Lärmbelastung wird weiter zunehmen, insbesondere in engen Kurven. Manch ältere Anwohner kennen das noch von früher und wünschen sich das nicht zurück.

Ich bin für eine konsequente Verkehrsberuhigung in den Wohnvierteln. Lärm und Abgase bedrohen die Gesundheit im erheblichen Maße. Im Graefe- und auch im Wrangelkiez wurde das erfolgreich durchgeführt. Im Reuterkiez haben sich die Verkehrsplaner anscheinend erfolgreich dagegen gewehrt. Der Verkehr hat hier permanent zugenommen. Eine Unterhaltung auf dem Balkon ist selbst am Wochenende durch das Trommelfeuer der Reifen auf dem Kopfsteinpflaster nicht möglich. Außerdem darf man täglich eine Rußschicht vom Balkontisch entfernen, eine Probe gebe ich gerne ab. Eine Verkehrsberuhigung halte ich daher für dringend geboten.

Ja, man mag ja die Autos verteufeln und von der Straße verbannen. Aber auch ein Elektroauto benötigt nach dem Aufladen einen Parkplatz und löst sich nicht einfach in Luft auf. Man müsste dann Parkmöglichkeiten in Parkhäusern oder Tiefgaragen schaffen, auch wenn das dann Gebühren kosten wird. Derzeit kann ich solche Gedankengänge aber nirgendwo erkennen. Aber viele Anwohner sind einfach auf ein Auto angewiesen oder wollen nicht darauf verzichten.

Auf den engen Straßen verkehren dann zur Straßenbahn zusätzlich Müllabfuhr, Lieferfahrzeuge für die vielen Geschäfte, Handwerker und nicht zuletzt die Paketdienste. Diese Fahrzeuge parken dann gerne die Fahrradwege zu, die Fahrradfahrer müssen dann auf die Gleise ausweichen. So wie auf es den Bildern dargestellt ist, wird es auf keinen Fall aussehen, von den vielen zusätzlichen Baustellen mal ganz zu schweigen. Hier wird mindestens einmal jährlich an Kanalisation, Fernwärme, Telekom, Dachausbauten oder anderen Dingen intensiv gearbeitet. Baustellen sind hier ein Dauerzustand, da kann die Straßenbahn nicht einfach drumherum fahren.

Ist die Straßenbahn zukunftsfähig? Die Abgasdiskussion wird dazu führen, dass es massive Investitionen in die Elektromobilität geben wird. Das wird auch den Elektrobus zu einem brauchbaren und wirtschaftlichen Verkehrsmittel machen. Er ist flexibel, wendig, leise und kann immer die vorhandene Infrastruktur nutzen. Nur dort, wo die Straßenbahn sich die Wege nicht mit anderen Verkehrsteilnehmern teilen muss, ist sie klar im Vorteil. Reitet man mit der Straßenbahn daher nicht ein totes Pferd?

Wie auch immer die Lösung aussehen wird, es wird immer ein Kompromiss sein. Aber lasst die Bürger aktiv daran teilnehmen und nicht nur über die Strecke abstimmen. Bitte mehr Öffentlichkeitsarbeit, diese Umfrage kommt viel zu spät und ist kaum bekannt.

Karl-Willi erstellt am
Referenznr.: 2018-03939

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