Verkehrsplanung
Erst einmal muss ich anerkennen: Die Dinger wurden genutzt. Das hätte ich ehrlich gesagt nie erwartet, dass sich jemand freiwillig in so einem hässlichen Ding in den Abgasen direkt neben dem Bergmannstraßenstaugedränge aufhält. Aber es ist so: Immer, wenn ich vorbeikam, waren die Dinger voll besetzt. O.k., gratuliere. Warum konnte das funktionieren? Mein Eindruck ist, dass die Kisten (= "Parkletts"?) den Menschen die Gelegenheit geben, sich in der Bergmannstraße aufzuhalten, ohne kostspielig konsumieren zu müssen. Insofern ist das positiv. (Naja, für die Anwohner vielleicht nicht sehr positiv.) So gesehen hat das Experiment also gut funktioniert, und die Tatsache, dass viele Leute die Kisten scheußlich finden, ändert nichts daran. Aber ich bin dennoch nicht zufrieden. Diese Maßnahme hat nämlich dem Problem der Bergmannstraße nicht abgeholfen, sondern es verschärft. Mir scheint, dass das Problem von den Planern nicht verstanden worden ist, sonst hätten sie sicherlich keine solche Maßnahme geplant und durchgeführt, die dem Problem nicht abhilft, sondern es verschärft. Ich komme mir zwar etwas seltsam dabei vor, etwas zu erklären, was eigentlich glasklar auf der Hand liegt, aber vielleicht liegt es ja gar nicht ganz und gar glasklar auf der Hand: Also, das Problem ist nämlich schlicht und ergreifend, dass im Verhältnis zur zur Verfügung stehenden Verkehrsfläche zu viel Verkehr (Fuß- + Fahrad- + motorisierter Verkehr) da ist. Und dieses Problem kann man nun einmal nicht lösen, indem man die für den Verkehr zur Verfügung stehende Fläche verringert. (Tusch!) Im Gegenteil: Die *Verkehrsfläche* dürfte man, wenn man das Problem lösen wollte, gerade *nicht* verringern (was die Kisten aber tun). (Ich bleibe mal bei der Bezeichnung Kiste; ich bin nicht sicher, ob mit "Parklett" diese Dinger gemeint sind.) Das *Verkehrsaufkommen* hingegen, das *muss* man verringern (was die Kisten aber *nicht* tun). Ja, wie gesagt, es ist mir peinlich, das Offensichtliche hier hinzuschreiben, aber für die Planer war offensichtlich das Offensichtliche nicht so besonders offensichtlich. Alternativ könnte man rein theoretisch die für den Verkehr verfügbare Fläche vergrößern; da ich aber nicht sehe, wie man das in der Realität tun sollte (da man die Häuser ja nicht weiter auseinanderschieben kann), bleibt es dabei: Eine geeignete Maßnahme kann nur sein, die Verkehrsmenge zu verringern. Was dazu erforderlich ist, ist klar: Der motorisierte Verkehr muss auf den Lieferverkehr und am besten auf eine Richtung beschränkt werden. Die Konflikte zwischen Fußgänger- und Fahrradverkehr werden sich dadurch verringern, die Luft wird besser, es gibt weniger Lärm, und dadurch bessert sich automatisch die Aufenthaltsqualität. Wenn man die Bürgersteige breit genug macht, kann man – ganz altmodisch – ein paar Bänke aufstellen und ein paar Büsche pflanzen, dann braucht man auch die Kisten nicht. Fall gelöst. Ist aber vielleicht etwas zu einfach und zu altmodisch, die Lösung. Wenn man es natürlich unbedingt vermeiden will, den Leuten wehzutun, die meinen, sie müssen mit dem Auto durch die Bergmannstraße fahren, dann sind die Kisten eine prima "Lösung": Sie nehmen dem fahrenden Autoverkehr keinen Platz weg, sondern nur dem ruhenden Autoverkehr und dem Fahrrad- sowie dem Fußverkehr, stehen aber herum als Beweis dafür, dass die Stadt sich wirklich bemüht hat, etwas zu tun. Prima Sache.