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Variantenkritik

Grundsätzlich ist das Vorhaben eine der wichtigsten Erschließungsmaßnahmen für die ehemals im Grenzgebiet gelegenen Viertel Treptows, Kreuzbergs und Neuköllns, in denen die Teilung der Stadt bis heute an der mangelnden ÖPNV-Vernetzung deutlich sichtbar wird.

Die kürzeste und direkteste Verbindung (Variante 4) hat die wohl beste Erschließungswirkung des Wrangelkiezes, des Görlitzer Parks und der Neuköllner Kieze zur Folge und verläuft zudem in gleichmäßigen Abstand zwischen U1/U8 und der Bustangente Treptower Park-U Rathaus Neukölln - damit wird die fußläufige Erschließung der Kieze für möglichst viele Bewohner deutlich verbessert. Als anspruchsvoll ist die Trassenführung durch die Falckensteinstraße zu bewerten, wobei die künftige Reduzierung auf Straßenbahn-, Rad- und Fußverkehr bei gleichzeitigen Geschwindigkeitsbegrenzungs- und Lärmreduzierungsmassnahmen bei der Straßenbahn sogar eine Aufwertung und Beruhigung (im Vergleich zum heutigen Auto- und Parksuchverkehr) bringen kann (s. Best Practices in der vorliegenden Präsentation).

Die Varianten 1, 2, 3 und 5 sind länger, verlaufen durch ebenso enge Wohngebietsstraßen sowohl auf Kreuzberger als auch auf Neuköllner Gebiet, wohingegen die Varianten 4 und 5 mit Glogauer- und Pannierstraße bereits heute Straßen mit Hauptstraßencharakter einbeziehen. Bei der Variante 3 ist zusätzlich eine neue Brücke über den Landwehrkanal zu errichten.

Zur Variantenführung 1 über die Schillingbrücke: als zusätzliche Netzergänzung ist eine Verlängerung der Straßenbahn bis zum Ostbf. ebenfalls sinnvoll und bereits in den Planungen enthalten. Charmant und verkehrlich sinnvoll wären hier aber eher die Schaffung einer Verbindung über Engel- und Bethaniendamm und Heinrich-Heine-Straße weiter nach Mitte bzw. - nicht minder relevant - über die Köpenicker Straße und Jannowitzbrücke zum Alexanderplatz, wo eine Verbindung zum Bestandsnetz geschaffen wird. Hier kann man und sollte auch an alte Trassenverläufe anknüpfen und die Chance nutzen, eine Straßenbahnachse auf der westlichen Spreeseite zu schaffen, die weiter nach Osten bis zum Treptower Park und perspektivisch darüber hinaus verläuft (Variante 6 ist schon ein kleiner Fingerzeig).

In diesem Zusammenhang ist auch die Variante 7 in zukünftige Netzergänzungen einzubeziehen: Neben der Streckenführung über die Stralauer Allee ist auch die Verknüpfung der neuen Trasse mit einer der wichtigsten Berliner Verkehrsknoten - dem Ostkreuz - und der dortigen bestehenden Trasse überaus sinnvoll. Die weitere Linienführung über Elsen- und Wildenbruchstraße entspricht ebenso historischen Linienverläufen wie heutigen Verkehrsbedürfnissen, zudem wird diese noch bedeutender, sobald die ebenfalls geplante Straßenbahn entlang des heutigen M41 realisiert wird.

Eine weitere, nach der Wende versäumte Infrastrukturmaßnahme ist - wie hier schon mehrfach erwähnt wurde - der Wiederaufbau der Wiener Brücke für den ÖPNV-, Fahrrad- und Fußverkehr. Auch hier kann sich alte Liniennetzpläne anschauen - in jedem Fall kann und sollte der heutige M29 statt des heutigen umständlichen und fahrzeitaufwendigen Linienverlaufs zum Hermannplatz, der spätestens mit der Realisierung der Straßenbahnverlängerung obsolet wird, künftig den direkten und schnellen Weg über Wiener Straße, Wiener Brücke und Karl-Kunger-Straße zum Treptower Park nehmen, der bis dahin hoffentlich wieder Umsteigepunkt zwischen S-Bahn, Straßenbahn und Bus geworden ist. 

moritzfilter bearbeitet am
Referenznr.: 2018-03658

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