Zum Inhalt springen

Contra: Das Kind beim Namen nennen – digitale Kompetenz bezieht sich immer auch auf Technologie. Von Jasmin Zouizi, Berlin

Ich denke nicht, dass digitale Kompetenz als Begriff zu technologielastig ist und wir deshalb einen neuen Namen brauchen. Digitale Kompetenz ist ein Konzept, das Wissen und Fähigkeiten beschreibt, um mit digitalen Medien die Herausforderungen der Gesellschaft zu meistern. Und da in diesem Konzept Herausforderungen der Gesellschaft mithilfe digitaler Medien gelöst werden, müssen das notwendige Wissen und die notwendigen Fähigkeiten zwangsläufig technologiebezogen sein.

Eine Mutter, die einen Onlineshop aufbaut, um von zu Hause aus Familie und Beruf besser in Einklang zu bringen, zeigt digitale Kompetenz. Ein Syrer, der sich auf der Flucht mit Hilfe seines Smartphones organisiert, zeigt digitale Kompetenz. Und auch die Schulklasse, der es gelingt, den kranken Klassenkameraden per Video und Audio mit dem Unterrichtsstoff der letzten Wochen zu versorgen, zeigt digitale Kompetenz.

Drei sehr unterschiedliche Beispiele, die jedoch zeigen, wie Herausforderungen mithilfe neuer Technologien gelöst werden. In allen drei Beispielen nutzen Menschen technologiebezogenes Wissen und technologiebezogene Fähigkeiten um die entsprechende Herausforderung zu meistern. Um auf das Beispiel der Schulklasse zurückkommen: Die Schüler entscheiden nicht nur, dass sie mithilfe digitaler Medien den kranken Mitschüler unterstützen möchten, sondern auch welche digitalen Formate im Einzelfall passen. Abhängig ist das davon, wie das Unterrichtswissen am besten vom kranken Mitschüler aufgenommen werden kann. Entwickelt der Lehrer beispielsweise ein Tafelbild, ist ein Video sinnvoll. Hält er beispielsweise einen Vortrag reicht eine Audioaufnahme. Und auch die körperliche Verfassung des kranken Mitschülers müssen die Schüler berücksichtigen, wenn sie ihn bedarfsgerecht mit Unterrichtsstoff versorgen wollen.

Das Wissen und die Fähigkeiten, die hier benötigt werden, sind divers – aber immer technologiebezogen. Unter digitalen Kompetenzen verstehe ich im Einzelnen folgendes:

  • Das Erkennen von Chancen, die eine digitalisierte und vernetzte Welt für die Lösung einer Herausforderung bietet.
  • Das Nutzen von Technik in Form von Programmen und Webanwendungen, um der Herausforderung begegnen zu können. Dabei gehen wir unterschiedlich vor. Einige knien sich tief in die Programmierung und erstellen alles selbst. Andere versuchen nur die Zusammenhänge zu verstehen und suchen sich für alles andere Unterstützung. Hier geht es um technologiebezogene Fähigkeiten.
  • Das richtige Einschätzen von Chancen und Risiken der sozialen Medien. Wir wissen über die unterschiedlichen Anforderungen von Facebook, Instagram, Twitter und Pinterest und können sie anwenden.

All das setzt in hohem Maße technologiebezogenes Wissen und technologiebezogene Fähigkeiten voraus. Wer also am Begriff digitale Kompetenz die „Technologielastigkeit“ bemängelt, unterschätzt den hohen Anteil technologiebezogener Elemente, die diesen Begriff formen.

Jasmin Zouizi koordiniert festangestellt in Teilzeit europäische Arbeitsmarkt- und Bildungsprojekte. Nebenbei gründet sie eine Online-Plattform mit Existenzgründungstrainings für Mütter. Mehr...