Henningsen Landschaftsarchitekten
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Erläuterungsbericht
NEUER LEBENSRAUM FÜR DAS QUARTIER
Geschichte und Ist-Zustand
Der 1886 gegründete Friedhof verwilderte nach der Schließung 1957 immer stärker. Insbesondere die vegetativen Bestandteile der Friedhofsnutzung verschwanden und verschwammen immer mehr, gleichzeitig nahm die Biodiversität zu. Die ursprüngliche Nutzung entwickelte sich zu einer extensiven öffentlichen Parknutzung und als Stützpunkt für das Grünflächenamt.
Der ehemalige Friedhof war klassisch als Alleequartier angelegt, die Quartiere teilweise mit umlaufenden Heckenstrukturen, teilweise mit Heckenreihen, teilweise offen mit Grabfeldern auf Wiesenflächen gestaltet. Besondere Zeichen aus der Zeit der Friedhofsnutzung bieten insbesondere die verschiedenen Gitterstellen, die Wandgräber, das Mausoleum Loeper und die ehemalige Kapelle.
Mit der Ansiedlung der Ausbildungsstätte wurden bei den mittig liegenden Quartieren die Heckenstrukturen entfernt, sodass eine offene Wiesenlandschaft entstanden ist. In den nördlich und westlich gelegenen Quartieren sind die Heckenstrukturen ohne Pflege gewachsen und überwuchert, sodass die Zugänglichkeit der Quartiere nicht mehr gewährleistet ist. Trotzdem sind die Heckenstrukturen in Teilen noch ablesbar. Es haben sich verschiedene Vogelarten angesiedelt und Potentialflächen als Lebensraum für verschiedene Tierarten entwickelt.
Konzept
Die Vielschichtigkeit der bestehenden Grünanlage soll erhalten und herausgearbeitet werden. Neben der Geschichte als Friedhof ist besonders die Natur, dessen Schutz und Erfahrung, sowie eine neue Ebene der Nutzung als Erholungsfläche und zur Information wichtig. Die Grünanlage soll der Erholung dienen für Spaziergänge und als ruhiger Rückzugsort, sowie der Bildung zu Umwelt, Friedhofskultur, sowie der Vergänglichkeit des Lebens.
Es entsteht ein lebendiger Ort für alle Altersgruppen mit neuen Aufenthaltsangeboten, Treffpunkten und der Anregung zur Entdeckung des Geländes, der verschiedenen Quartiere und ihrer jeweiligen Geschichte und Entwicklung. Die Wege werden entsprechend des Rasters des ehemaligen Friedhofs wiederhergestellt. Ebenso werden Alleen und Baumreihen nachgepflanzt um diesen wesentlichen Charakter des Friedhofes zu erhalten.
Identität des Ortes - Kultur erleben
Der Ort ist geprägt durch die ehemalige Nutzung als Friedhof. Dies ist noch sichtbar und soll auch in Zukunft sichtbar bleiben und dem Ort seine Identität geben. Die Grabsteine werden generell belassen, Wandgräber werden saniert, sowie Gitterstellen und die Beetflächen am Eingang hin zum Mausoleum Loeper durch eine niedrige Pflanzung mit Blühcharakter sichtbar gemacht und so erhalten. Im Gegensatz dazu werden die Gitterstellen im südwestlichen Bereich lediglich zugänglich gemacht und der wilde Charakter behalten um im Vergleich die Entwicklung zu zeigen. Einzelne Quartiere mit Heckenstrukturen (VI-VIII) werden wieder erlebbar gemacht. Zur weiteren Gliederung werden in offenen Bereichen Hecken hinzugefügt um den wichtigen Grabmalen wie den Wandgräbern und dem Mausoleum Loeper einen Rahmen zu geben. Im Bereich dieser durch Heckenstrukturen wiederhergestellten Quartiere werden Wiesen- und Rasenflächen entwickelt, welche zeitweise auch für kulturelle Anlässe genutzt werden könnten, wie beispielsweise als Ausstellungsort für lokale Künstler oder als Erweiterungsfläche für die Kapelle.
Lauf der Zeit - Natur erleben
Nach der Schließung des Friedhofs sind die bestehenden Heckenstrukturen des Friedhofes weiter ohne Pflege gewachsen und wurden nach und nach durch die natürliche Sukzession eingenommen. Quartiere mit einer ursprünglich rahmenden Hecke sind außen so dicht bewachsen, dass man sie nicht mehr betreten kann. Aus naturschutzfachlicher Sicht werden die Quartiere II-III, XI und XV geschützt und gezielt entwickelt, heimische Baumarten wie beispielsweise Ulme oder Eiche werden gefördert, die Sämlinge des Ahorns werden minimiert. Abgesehen davon sollen diese nördlich und westlich außenliegenden Quartiere nicht für den Menschen erschlossen werden, sondern gezielt als Naturschutzflächen erhalten bleiben. Das Quartier V wird ebenfalls geschützt, jedoch enthält dieses Strauchtunnel durch das Aufwachsen der reihenförmigen Heckenstruktur des ehemaligen Friedhofs. Durch das Entfernen von Strauchgut wird das Quartier zugänglich und erlebbar gemacht.
Geschichte des Ortes erzählen
Der ehemalige Friedhof Gotlindestraße erhält ein Informationssystem auf Stelen zur Geschichte des Friedhofes, zum Gartendenkmal, zum Naturschutz und zur Pflanzenverwendung. Einen zentralen Anlaufpunkt bildet das Mausoleum Loeper, hier wird auf Schautafeln informiert. Die bestehende Beschilderung von Bäumen und Sträuchern wird erweitert, wie es insbesondere bereits im Bereich der durch die Ausbildungsstätte genutzten Flächen schon erfolgt. Eine weitere digitale Informationsquelle im Informationssystem bieten integrierte QR-Codes.
Neue Begegnungsorte - treffen, diskutieren und bilden
Die Nutzung der Grünanlage ist derzeit insbesondere durch Spaziergänger, Kinder auf dem Weg zum angrenzenden Spielplatz sowie die Gärtner und Auszubildenden geprägt. Der neue Zugang und die neue Zufahrt an der südwestlichen Ecke dient zur Erschließung des Werkhofes und schafft einen Mehrwert zur Vernetzung der Grünfläche im Quartier. Angrenzend entstehen neue Begegnungsorte für Anwohnende, Schulen oder KITAs als grünes Klassenzimmer, aber auch als Treffpunkt oder für Workshop-Runden. Unterschiedliche Sitzgelegenheiten laden ein zur Diskussion, zum Picknicken oder auch zur Arbeit im Freien. Im Südöstlichen Quartier XVIII werden außerdem Hochbeete ergänzt für Urban Gardening. Abgesehen davon werden in der ganzen Anlage einzelne Sitzbänke verteilt als Rückzugsort. Die Fläche an der Kapelle erhält ebenfalls Tische und Bänke für die mögliche Nutzung als Café oder als weiterer Begegnungsort.
Denkmalschutz - Technisches
Die Wege werden mit einer Wassergebundenen Wegedecke barrierefrei wiederhergestellt. Vorab werden gartenarchäologische Grabungen durchgeführt bezüglich der historischen Wegeführung, den Einfassungen und des Wegeaufbaus. In Bereichen in denen keine Einfassung gefunden wird, werden die Wege mit dem entsprechenden Unterbau ohne Einfassung erstellt (auch zur Schonung der Bäume). Die Zufahrt zum Werkhof erhält einen Belag aus eingefärbtem Asphalt.Die bestehende Einfriedung mit Mauersockel und Zaunelementen wird saniert. In Bereichen in denen dies ohne eine Fällung von Bäumen nicht möglich ist und die Standsicherheit nicht gefährdet ist, werden die Mauerpfeiler und Sockel belassen und eine Sanierung erfolgt erst wenn die entsprechenden Bäume abgängig sind oder die Verkehrssicherheit gefährdet ist.Die Baumneupflanzungen der letzten Jahre bleiben an den gartenhistorisch belegten Standorten stehen. Andere Jungbäume, wie beispielsweise Ahorn, werden zur Ergänzung von Baumreihen verpflanzt, für alle weiteren Bäume muss ein Ersatzstandort gefunden werden.
© Henningsen Landschaftsarchitekten