Rahmenbedingungen
Rahmenbedingungen und Kontext
Die Smart City-Strategie Berlin soll durch verknüpftes und vernetztes Handeln helfen, Berlin zukunftsgerecht zu gestalten. Dabei handel die Stadt im Kontext einer Welt, die unsicherer wird und neue Antworten auf globale Herausforderungen sucht. Der Klimawandel, soziale Veränderungen und das Bevölkerungswachstum sind nur einige dieser Herausforderungen. Die Corona-Pandemie hat uns zuletzt gezeigt, dass die Zukunft nicht immer planbar ist. In Anbetracht dessen muss Berlin sich besser an diese Herausforderungen anpassen und dabei sowohl lokale als auch globale Dimensionen von Problemen in den Blick nehmen sowie sowohl soziale als auch ökologische Perspektiven auf die Welt einnehmen.
Berlin muss sich an diese Kontexte anpassen können und daher adaptiver und flexibler werden. Wie bereits beschrieben, stehen dabei die Leitgedanken Gemeinwohlorientierung, Nachhaltigkeit und Resilienz im Mittelpunkt. Sie geben die Richtung für die Entwicklung der Smart City vor und informieren die Zielkorridore, in denen Maßnahmen entwickelt werden sollen. Gleichzeitig hängen diese von einer Reihe von Rahmenbedingungen ab. Hier gibt es sowohl übergreifende Rahmenbedingungen, die sich auf alle Zielkorridore beziehen, sowie spezifische Rahmenbedingungen, die bei der Ausarbeitung von Maßnahmen innerhalb spezifischer Zielkorridore zu beachten sind.
Diese Rahmenbedingungen sind noch nicht vollständig und werden laufend ergänzt. Vorschläge zu ihrer Ergänzung werden nach Möglichkeiten eingebaut.
Übergreifende Rahmenbedingungen
Nationale und internationale Kontexte
Die Berliner Smart City-Strategie handelt im Einklang mit nationalen und internationalen Standards. Das Berliner Selbstverständnis als Smart City gründet sowohl auf internationalen Erfahrungen als auch auf der 2017 veröffentlichten Smart City Charta. Diese betont ebenfalls, dass Stadtentwicklung und digitale Transformation zusammengedacht werden müssen und Stadtgestaltung transparent und partizipativ erfolgen muss. Sie betont die Notwendigkeit einer öffentlichen Kontrolle von (Daten-)Infrastrukturen. Außerdem hebt sie hervor, dass für die Entwicklung einer Smart City neue Kooperationsformen mit Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft, also der gesamten Stadtgesellschaft, gefunden werden müssen. Die Neue Leipzig-Charta, die Ende 2020 auf EU-Ebene verabschiedet wurde, setzt ebenfalls wichtige Standards für die gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung. Vor allem für den Leitgedanken der nachhaltigen Stadt ist zudem das Hauptgutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte relevant. Die darin beschriebenen planetarischen Leitplanken müssen auch in der Smart City Berlin handlungsleitend sein. Um den Erfolg der Smart City Berlin zu messen, kann auf erprobte Indikatoren zurückgegriffen werden, beispielsweise aus der ISO Norm 37120 (“Sustainable cities and communities -- Indicators for city services and quality of life”).
Berlin ist außerdem Mitglied der Cities Coalition for Digital Rights. In dieser erklären die Mitgliedsstädte der Koalition, dass sie sich verpflichten, Menschenrechte im Internet auf lokaler wie auch auf globaler Ebene zu schützen und einzufordern. Konkret ergeben sich aus der Verpflichtung fünf Forderungen: 1) Universaler Zugang zum Internet sowie zu digitaler Bildung; 2) Privatsphäre, Datenschutz und Datensicherheit; 3) Transparenz, Verantwortlichkeit, Haftungspflichten und Freiheit von Diskriminierung durch Algorithmen, Daten und Inhalte; 4) partizipative Demokratie, Diversität und Inklusion; 5) offene und ethische digitale Standards. Die Standards sind auch für die Berliner Smart City-Strategie wegweisend. Diese orientiert sich außerdem an der Berliner Erklärung zur Digitalen Gesellschaft und wertebasierten digitalen Verwaltung, die im Dezember 2020 von den für die Verwaltungsdigitalisierung zuständigen Minister:innen der EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet wurde. Sie fordert eine Stärkung von Grundrechten und demokratischen Werten in der digitalen Welt und setzt – ebenso wie die Berliner Smart City-Strategie – auf Nachhaltigkeit und Resilienz.
Des Weiteren gelten auch für die Smart City-Strategie die politischen Zielsetzungen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (die Sustainable Development Goals – SDGs), die einen Zielhorizont für die globale Entwicklung bis 2030 bieten. Berlin möchte Verantwortung für diese globalen Herausforderungen und für die aus ihnen resultierende Agenda 2030 übernehmen und erkennt diese Ziele an. Zu weiteren internationalen Strategien, die sich in der Smart City Berlin widerspiegeln, zählen die UN Habitat Smart Cities Initiative, die den Einsatz technologischer Innovationen fördert, um Nachhaltigkeit, Inklusivität, Wohlstand und die Menschenrechte zu fördern, sowie die Fab City Global Initiative, bestehend aus einem Netzwerk aus Städten, Regionen und Ländern, die sich verpflichtet haben, bis 2054 alles selbst zu produzieren, was sie verbrauchen.
Berlin hat sich ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt: Bis 2050 soll die Stadt klimaneutral sein. Als Zwischenschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität legt das Berliner Energiewendegesetz fest, die Gesamtmenge der Berliner CO2-Emissionen bis 2020 um mindestens 40 Prozent, bis 2030 um mindestens 60 Prozent und bis 2050 um mindestens 85 Prozent zu reduzieren, jeweils im Vergleich zum Jahr 1990. Zusätzlich haben sich Senat und Abgeordnetenhaus mit dem Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 dazu bekannt, die Anstrengungen Berlins für den Klimaschutz zu verstärken, um über die gesetzlichen Vorgaben hinaus eine Reduktion der CO2-Emissionen bis 2050 um 95 Prozent zu erreichen.
Neben der Smart City-Strategie entwickelt Berlin aktuell auch eine neue Digitalisierungsstrategie, um die Leitplanken für nachhaltige Digitalisierung im Land Berlin festzulegen. Die beiden Strategien werden eng abgestimmt entwickelt, um Redundanzen zu vermeiden und Synergien frühzeitig zu erkennen.
Finanzielle Rahmenbedingungen
Aufgrund der wirtschaftlichen Lage und der pandemiebedingten Mehrausgaben ist der Berliner Landeshaushalt deutlich angespannt. Eine wesentliche Grenze für Mehrausgaben ist die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse. Unter Berücksichtigung des Budgetrechts des Berliner Abgeordnetenhauses müssen daher Investitionen in die Umsetzungsmaßnahmen der Smart City Berlin getätigt werden. Da Berlin mit Doppelhaushalten arbeitet, müssen Aufgabenschwerpunkte der im Zweijahresrhythmus diskutiert und beschlossen werden. In der Regel sind größere Verschiebungen im Haushalt innerhalb der zweijährigen Geltungsdauer nicht möglich. Dies muss bei der Entwicklung von Maßnahmen im Kontext der Smart City-Strategie mitbedacht werden.
Rahmenbedingungen für einzelne Zielkorridore
Die Smart City-Strategie schafft innerhalb ihrer Zielkorridore Vernetzungen und Verknüpfungen zwischen verschiedenen Zielen der Berliner Stadtentwicklung, technologischen Möglichkeiten sowie den Akteur:innen der Stadtgesellschaft. Sie kann so als unterstützende und übergreifende Strategie auf bestehende Stadtentwicklungspläne und Strategien einzahlen. Dabei zeigt die Smart City-Strategie neue Wege auf, wie ressortübergreifend an diesen gearbeitet werden kann.
Gesunde und vielfältige Kieze
- Berlin ist bekannt als die Stadt der Kieze; es gibt nicht nur ein Zentrum, sondern zahlreiche kleinteilige Stadträume, in denen die Berliner:innen ihren Alltag verbringen.
- Diese Mikrostrukturen der Stadt müssen genauer in den Blick genommen werden, um zu vernetzten Wirkungsräumen zu werden.
- Im Konzept der 15-Minuten-Stadt werden mehrere Straßenblöcke zu einer verkehrsberuhigten Zone zusammengefasst, um die dadurch frei gewordenen Flächen der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen und das Wohlbefinden der Anwohner:innen zu erhöhen.
- Die lokale Umgebung soll die mentale Gesundheit unterstützen und bedarfsorientierte Angebote für unterschiedlichste Bevölkerungsgruppen niedrigschwellig zugänglich machen.
Zugänglicher Stadtraum
Mit dem Mobilitätsgesetz wurde bereits der Rahmen für den Ausbau des Radwegenetzes gesetzt, ebenso wird der öffentliche Nahverkehr stetig ausgebaut und an die wachsende Stadt angepasst.
- Das Stadtentwicklungskonzept Berlin 2030 (StEK 2030) und die ihm angeschlossene BerlinStrategie 2030 bilden das gesamtstädtische und ressortübergreifende Leitbild des Senats für die Metropole Berlin.
- Die Raumstrategie, als Teil der Berlin Strategie, identifiziert Schwerpunkträume der Berliner Stadtentwicklung.
- Die Leipzig-Charta 2020 dient als Leitdokument für eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung in Europa und möchte mit lokalen Lösungen auf globale Herausforderungen antworten.
- Der Stadtentwicklungsplan Zentren 2030 (StEP Zentren 2030) erkennt Zentren als wesentliche städtebauliche Bausteine an, die in vielerlei Hinsicht die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen.
- Der Stadtentwicklungsplan Wirtschaft 2030 (StEP Wirtschaft 2030) identifiziert Flächen für produzierende Wirtschaftsunternehmen und beschreibt die Vorbereitung, Aktivierung und Entwicklung.
- Der Masterplan Industrie bildet den strategischen Rahmen für die Industriepolitik, die einen Schwerpunkt der Berliner Wirtschaftspolitik darstellt.
- Der Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr (StEP MoVe) befasst sich mit der strategischen Verkehrsplanung, um den neuen Anforderungen an die Berliner Mobilität gerecht zu werden.
- Die lokale Strategie Stadtlandschaft Berlin 2030 setzt den Fokus auf die Berliner Stadtnatur, die maßgeblich zur hohen Lebensqualität der Hauptstadt beiträgt.
- Der Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 (StEP Wohnen 2030) stellt den Gesamtbedarf an Wohnraum fest, kalkuliert den dafür erforderlichen Neubau und identifiziert Schwerpunkträume für Neubauten und Potenzialbereiche.
- Das Hochhausleitbild ergänzt den StEP Wohnen und setzt Rahmenbedingungen für das Hochhausvorhaben im städtebaulichen Kontext.
- Eine besondere Rolle unter den Stadtentwicklungskonzepten nimmt die Charta Schumacher Quartier ein, die Grundsätze und Leitlinien für Akteur:innen im zukünftigen Quartier festsetzt.
Innovative Kreisläufe
- Diese Rahmenbedingungen werden aktuell noch erarbeitet, wir freuen uns auf Hinweise zu diesem Kontext.
Digitale regionale Vernetzung
- Der Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg (LEP HR) zeigt unter anderem Strategien auf für räumliche Strukturen, die wirtschaftliche Entwicklung, die Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung sowie die interkommunale und regionale Kooperation.
- Eine weitere Grundlage für die wirtschaftliche Zusammenarbeit bildet die Gemeinsame Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg (innoBB 2025), die Wege aufzeigt, wie Berlin und Brandenburg zu einem führenden Innovationsraum in Europa werden können.
- Eine gemeinsame Erarbeitung kohärenter Open-Data-Standards und die modulare Entwicklung von übertragbaren Open-Source-Komponenten spielen eine wichtige Rolle dabei, die digitale Infrastruktur zwischen Berlin und Brandenburg resilienter zu gestalten.
- Durch eine länderübergreifende Vernetzung kann die gefühlte Durchlässigkeit auch technologisch abgebildet werden.
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Die Brandenburger Digitalisierungsstrategie “Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg” beschreibt ressortübergreifend die strategische Ausrichtung der Brandenburger Digitalisierung und ist daher relevant für regionale Vernetzung und Kooperation.
- Die Brandenburger Smart City und Smart Regions-Bestrebungen zeigen sich unter anderem in weiteren Modellprojekten Smart City in Brandenburg. Für die Berliner Smart City können dies interessante Projekte zum Austausch und Vernetzen, insbesondere für überregionale Ansätze sein.
Kooperative Gestaltung
- Die Leitlinien für Bürger:innen an der Stadtentwicklung sind ein wichtiges Referenzwerk für die Vorgaben, wann und wie über Stadtentwicklungsvorhaben informiert wird, wie man Beteiligungsprozessen begegnet und was mit den daraus entstandenen Ergebnissen passiert.
- Eine weitere Handlungsempfehlung bietet zudem die Berliner Engagementstrategie, die Empfehlungen zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements in Berlin aufzeigt.
Zukunftskompetenzen für alle Berliner:innen
- Berlin ist Mitglied der Cities Coalition for Digital Rights und verpflichtet sich damit, die digitale Bildung auf lokaler und globaler Ebene zu fördern.
Ermöglichende Verwaltung
Die Berliner Verwaltung und ihre komplexe Struktur bilden ebenfalls eine wichtige Rahmenbedingung für die Entwicklung der Smart City Berlin. Durch die verschiedenen Kompetenzen und die Aufgabenteilung, sowohl innerhalb der Hauptverwaltung zwischen den verschiedenen Senatsverwaltungen als auch zwischen Hauptverwaltung und einzelnen Bezirken, bietet Berlin eine komplexe Verwaltungsstruktur. Strukturen sind größtenteils hierarchisch und bieten wenig Anreiz für Innovation. Viele Mitarbeitende wünschen sich jedoch mehr Freiraum für neue Denkweisen. Die technische Infrastruktur ist in der Berliner Verwaltung oft unzulänglich und nicht standardisiert. Zwischen verschiedenen Verwaltungsorganen und auch zwischen den Berliner Bezirken werden unterschiedliche IT-Infrastrukturen verwendet.
Im Mai 2019 unterzeichneten der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, alle Senator:innen sowie alle Bezirksbürgermeister:innen erstmalig in der Berliner Historie ein gemeinsam erarbeitetes Vorhaben zur Verbesserung des Verwaltungshandelns: den Zukunftspakt Verwaltung. Dessen 27 Projekte mit ihren konkreten Zeitplänen und Maßnahmen werden seitdem umgesetzt.
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Neben vielen weiteren Gesetzen sind die folgenden bei der Ausarbeitung dieser Zukunftsperspektiven zu beachten:
- Das E-Government-Gesetz (EGovG) aus dem Jahr 2016 regelt die Digitalisierung der Berliner Verwaltung und legt dabei Standards und Maßstäbe für ihre Evaluierung fest.
- Das Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtet Bund und Länder dazu, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen für Bürger:innen auch digital anzubieten.
- Die Open-Data-Rechtsverordnung konkretisiert die Bereiche, in denen Berliner Behörden Daten in offenen Formaten zur Verfügung stellen müssen.
- Das Haushaltsrecht entscheidet über Zuwendungen aus dem Berliner Landeshaushalt und ist maßgeblich für mögliche Investitionen.
- Das Vergaberecht regelt die öffentliche Beschaffung und stellt vor allem für die Beschaffung von IT in der Verwaltung oft eine Herausforderung dar.