Entwurf von Studio Wessendorf & Grieger Harzer Landschaftsarchitekten GbR
ORTE
Das Areal rund um die Straße Am Sandhaus ist von einer starken und vielfältigen Landschaft umgeben, deren geschichtlicher Ursprung in der Eiszeit heute noch spürbar ist. Der historisch geringen Prägung der Straße Am Sandhaus, die lückenhaft von Gebäuden verschiedener Dekaden gesäumt wird, weist der Ort um das ehemalige Krankenhaus der Staatssicherheit eine spezifische Geschichte auf, in dessen Spannungsfeld der Entwurf ob mit oder ohne Rückbau der „Geisterklinik“ steht.
Im Rahmen dieser schichtenreichen Ausgangslage entstehen drei unterschiedliche Quartiere mit spezifischen Identitäten und Atmosphären. Damit reiht sich der Entwurf in die Tradition der Einzelquartiere und Campus in der Stadt Buch ein. Die Straße Am Sandhaus erfährt eine Metamorphose zur urbanen Dorfstraße, die sich an den beiden neuralgischen Punkten der übergeordneten Wegegabelungen zu Angern aufweitet. Diese wirken als Scharniere, die jeweils zwei Quartiere miteinander verknüpfen und mit öffentlichen Funktionen programmiert sind.
KONZEPT QUARTIER AN DER MOORLINSE
Nahe der S-Bahn spannt sich ein kompaktes Quartier, dessen Blockrandstruktur ein räumlich gefasstes Freiraumkontinuum aufspannt. Über die Raumfolge von Entrée- und inneren Plätzen gelangt man von beiden S-Bahnausgängen auf kurzem Weg durch das Quartier zum östlichen Anger Am Sandhaus. Die Wegeachsen orientieren sich zum südlichen Naturraum rund um die Moorlinse. Die bestehenden Birken werden in die Platz und Hofräume integriert und prägen die Atmosphäre.
KONZEPT URBANES STRASSENDORF
Die bestehende Bebauung Am Sandhaus wird in eine Abfolge offener Hofensemble eingeschlossen, die in Referenz an alte Straßendörfer alle von einem zentralen Straßen- und Angerraum erschlossen werden und diesen damit maximal beleben und zum Nachbarschaftstreffpunkt machen. In die äußere Schale spannen sich Gärten bis zum Wald, die nicht nur den hinteren Gebäuden zugeordnet werden, sondern auch flexibel als Mietergärten nutzbar sind. An den beiden Scharnieren weitet sich der verkehrsberuhigte Straßenraum zu Angern. Der westliche Anger wird die Adresse der neuen Schule, einer Kita und Mehrgenerationenwohnen. Eine weitere Kita, Seniorenwohnen sowie Einzelhandel säumen den östlichen Anger, der gleichzeitig in direkter räumlicher Beziehung zum verlegten Abenteuerspielplatz steht.
KONZEPT WALDQUARTIER
Im Raster des bestehenden Krankenhauses der Staatssicherheit entwickelt sich ein locker verspieltes Ensemble aus Blöcken und Punkten verschiedener Größe. Der vorhandene Kiefernwald ist hier überall sicht- und spürbar und bildet den schützenden Saum für offene und transparente Gebäude. Das Aufgreifen des Rasters geschieht zum einen in Reminiszenz an die Klinik, bietet vor allem aber die Möglichkeit, bestehende Freiraum- und Gebäude- Ressourcen fragmentarisch zu nutzen und in die Struktur einzubinden. Es wird vorgeschlagen, das bestehende Mensagebäude als Veranstaltungsort oder Waldkantine umzunutzen, konzeptionell könnten aber auch andere oder weitere Gebäudeteile in Abwägung mit den entstehenden Kosten erhalten bleiben. Die östliche Erschließungsstraße tangiert das Quartier ungestört als Waldstraße in der Spur der bestehenden Erschließung.
FREIRAUM
Aktive Ränder
Durch die landschaftliche Lage der neuen Quartiere in Buch spielt die Freiraum-Vernetzung eine große Rolle. Die angrenzenden landschaftlichen Highlights wie die Moorlinse, die Waldzunge, die Kiefernwälder und Naturschutzgebiete mit Vogelschutz werden durch ein differenziertes Wegenetz angebunden und erlebbar gemacht. Ausreichend Spiel- und Sportangebote werden in die Wegestruktur sowie in die Quartiere integriert. Dabei bleibt der bestehende Waldsaum im Areal wir weitgehend erhalten. Es entsteht eine ausgewogene Verteilung dieser nachbarschaftlich wichtigen Angebote in Kombination mit öffentlichen Plätzen sowie eine Art Rundweg mit Freiraum-Stationen. Als zentrale, öffentliche Achse wird der Angerraum zum prägnanten Treffpunkt aller Anwohner und bietet als shared space Platz für alle Fußgänger, Radfahrer, eine Busspur sowie Ver- und Entsorgungsverkehr und wird vorrangig als multifunktionale Spiel- und Sportfläche verstanden. Weitere Angebote wie Gemeinschaftsgärten, Urban Farming oder der Aussichtsturm zur Moorlinse sind tolle Anlaufpunkte.
Nachbarschaftsorte
Die drei Quartiere werden in ihrer Identität gestärkt, indem die vorherrschenden Baumarten aus dem Bestand integriert werden und dessen Wiedererkennungswert den Quartierscharakter ausschlaggebend mit prägt. Ein Birkenhain im urbanen Quartier überspannt den zentralen Nachbarschaftsplatz, das Waldviertel wird von Kiefern umspült und die gemischten Baumarten am urbanen Straßendorf wird durch neugepflanzte Obstbäume in seinem dörflichen Charakter gestärkt. Die schützenswerten Solitäre und Baumreihen im Areal bleiben größtenteils erhalten.
MOBILITÄTSKONZEPT
Das urbane Quartier an der Moorlinse ist durch die S-Bahn Station „Buch“ optimal angebunden und eignet sich damit hervorragend als autofreies Modellquartier. Die Buslinie wird über die Straße Am Sandhaus geführt, die im zentralen Bereich ebenfalls als Mischverkehrsfläche ausgelegt und verkehrsberuhigt ist. Der östliche Anger mit dem zentralen Spielplatz ist multicodiert und fungiert zugleich als Buswendeschleife und Haltestelle, die auch das Waldquartier an den ÖPNV anbindet.
Der MIV soll vorzugsweise aus nordöstlicher Richtung geführt werden. Es können bei Ansatz eines Stellplatzschlüssels von 0.5 alle Stellplätze der Bewohner für das Waldquartier und das urbane Straßendorf in den westlichen Quartiersgaragen und die des Quartiers an der Moorlinse in den dort verorteten Quartiersgaragen angeboten werden. Das fußläufige, feinmaschige Wegenetz verknüpft die drei Quartiere ergänzend zum zentralen Angerraum untereinander und verknüpft sich vielerorts mit der umgebenden Landschaft.
UMGANG MIT DEN BÜRGERWÜNSCHEN
Die Bürgerwünsche werden als wichtige Grundlage für den Entwurf verstanden und im Folgenden die Umsetzung der Bürgeranregungen im Entwurf erläutert. Das Quartier an der S-Bahn bietet eine Platzabfolge mit gastronomischen Angeboten wie Cafés und schafft somit viele urbane Treffpunkte mit ergänzender Nahversorgung für die gesamte Bewohnerschaft Buchs. Abenteuerspielplatz/Naturerfahrungsraum werden als Einheit in S-Bahn Nähe erhalten aber in ihrer Lage in den Übergang zur Landschaft eingebettet. Die Erweiterung des Spiel- und Sportangebotes auf den urbanen Quartiersplätzen und insbesondere am Waldsaum wertet die angrenzende Landschaft zum Erlebnisraum auf. Besonders sensible Landschaftsteile werden durch Wege angebunden aber aus Naturschutzgründen nur mittels Stege durchquert. Zusätzlich wird ein hölzerner Aussichtsturm am Rand der Moorlinse verortet, der zur Vogelbeobachtung am Wasser und in den Brutgebieten dient. Auch auf den Bürgerwunsch einen möglichst großen Abstand der Bebauung zur Moorlinse zu respektieren wird eingegangen, auch zum Schutz dieses wichtigen Naturraums. Eine Vielfalt an Gebäudetypologien bietet den unterschiedlichsten Bürgern attraktive Möglichkeiten und spiegelt die Vielfalt der Berliner Bevölkerung wider, insbesondere für junge Familien eignen sich die drei neuen Quartiere in der Landschaft.
DICHTE UND NACHHALTIGKEIT
Insgesamt werden rd. 2.800 Wohneinheiten einer großen typologischen und atmosphärischen Bandbreite geschaffen. Es werden insgesamt rd. 325.000 qm Geschossfläche erreicht, worin die Gebäude der sozialen Infrastruktur und rd. 10% gewerbliche Nutzung enthalten sind.
Dabei staffeln sich die Quartiere nach unterschiedlicher Dichte von außen nach innen abnehmend. Je nach noch weiter auszudefinierendem Anteil Nettobauland liegt im urbanen Quartier eine GFZ von ca. 2.5, im Waldquartier von ca. 2.2 und im urbanen Straßendorf von ca. 1.1 vor. Das bedeutet eine durchschnittliche GFZ von rd. 1.6, wobei zu berücksichtigen ist, dass ein hoher Anteil Waldfläche als extensive öffentliche Freifläche erhalten bleibt, was sich in einer Erhöhung der GFZ ausdrückt.
Die Bebauung in angemessener Dichte schont wertvolle Recourcen und schafft eine Stadt der kurzen Wege, dessen nachhaltiger Ansatz von dem innovativen Mobilitätskonzept gestützt wird.
Ziel ist das „Smarte Quartier“, das eine effiziente Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien und einen ressourcenschonenden Umgang mit Baumaterialien beinhaltet. Hierzu sollen möglichst viele Neubauten in Hybrid- oder Holzbauweise realisiert oder ausgestaltet, so dass in Zukunft flexibel auf mögliche Nutzungsänderungen baulich reagiert werden kann. Es soll ein Energiekonzept des Quartiers entwickelt werden, dass die Herausforderungen der Energiewende im urbanen Raum greift auf und zielt auf eine sektorenübergreifende Vernetzung der Gebäude- und Mobilitätsinfrastruktur abzielt.
BAUSTUFEN
Die verschiedenen bestehenden Strukturen mit zeitlicher Bindung können mittel- bis langfristig harmonisch in die neue Struktur integriert werden.Dabei verbleibt der Abenteuer- und Archäologiespielplatz und Naturerfahrungsraum am längsten an seinem ursprünglichen Ort und wird sukzessive von der neuen Stadtstruktur gerahmt. Langfristig wird die Verlegung der zusammenhängenden Areale in die südliche Landschaftsschale zwischen Waldzunge und Naturraum der Moorlinse vorgeschlagen. Die Nähe zur S-Bahn ist hier nach wie vor gegeben und durch die direkte Anbindung an den östlichen erhält der beliebte Ort als Bindeglied zwischen Stadt und Landschaft eine stadträumlich sehr adäquate Repräsentation.
Baustufen mittelfristig
Baustufen langfristig
1. Übergang Bebauung und Landschaft
2. Umgang mit den Naturräumen/ Naturschutz
3. Höhe und Dichte
4. Zentrumsqualität
5. Angebote an solzialer Infrastruktur
6. Verkehr und Mobilität