Für die Weiße Siedlung in Neukölln liegt ein Vorschlag vor, wie die dringend benötigten sozialen Infrastrukturen – Kita mit Familienzentrum, Sportanlagen und Nachbarschaftstreffpunkt – bedarfsgerecht angeboten werden können.
Nutzen Sie die Gelegenheit und informieren Sie sich zum Vorschlag "Lebendige Campus" auf der Fläche der ehemaligen Carl-Legien-Gartenarbeitsschule. Machen Sie mit und hinterlassen uns Ihre Anregungen, Hinweise und Tipps für die weitere Ausgestaltung dieses neuen Infrastrukturstandortes. Bis zu den Sommerferien konnten Sie hier online Kommentare abgeben, an drei Terminen vor Ort in der Weißen Siedlung mit dem Quartiersmanagement ins Gesprächs kommen und bei einer digitalen Info-Veranstaltung am 10.06.2021 einen intensiven Einblick in das Vorhaben erhalten.
Entwicklung der Weißen Siedlung erfordert weitere soziale Infrastrukturen
Die Weiße Siedlung, gelegen in Nord-Neukölln zwischen Dammweg und Sonnenallee, ist weithin für ihre markante Bebauung bekannt. Sie ist seit 2005, wegen der Konzentration vieler Haushalte in teilweise mehrfach schwierigen Lebenslagen, in der Kulisse eines Quartiersmanagements (Programm Soziale Stadt/Sozialer Zusammenhalt). Prägnant für die städtebauliche Struktur sind die weitläufigen Grünflächen, die im Sinne eines erweiterten Wohnzimmers für viele Bewohner*innen Orte sind, an denen sich Nachbar*innen treffen, sich Familien verabreden und man seine Freizeit verbringt. Diese grünen Räume leisten so auch einen Beitrag für den gesellschaftlichen Austausch und das soziale Miteinander. Das leisten insbesondere auch die ansässigen sozialen Infrastruktureinrichtungen: die Kita Debora mit dem gleichnamigen Familienzentrum, die Sonnen-Grundschule und der Jugendclub Sunshine Inn. Sie haben Ankerfunktionen für Betreuung, Bildung und Gemeinwesen im Quartier und gleichen Lern- und Lehrdefizite sowie Defizite im Umgang miteinander und im Hinblick auf soziale Kompetenzen aus. All das kann häufig in den Familien nicht geleistet werden.
Der Nachbarschaftstreff Sonnenblick erfüllt solche Funktionen in ähnlicher Weise auch für die Erwachsenen der Siedlung, er ist Ort für Zusammenkünfte, für Gleichgesinnte und ein sozialer Treffpunkt vor allem für jene, die die Siedlung kaum verlassen. Als Domizil des Nachbarschaftstreffs dient seit einigen Jahren eine Wohnung in der vierten Etage. Die Schwelle für die Nutzer in den Treff zu kommen, ist dadurch sehr hoch. Außerdem können dort, aufgrund des geringen Platzangebotes, die so dringend notwendigen Freizeit-, Kultur-, Bildungs- und Kreativangebote nicht unterbreitet werden. Ein Nachbarschaftstreff, der ebenerdig und gut einsehbar ist, fehlt derzeit gänzlich.
Die Einwohner*innenzahl der Weißen Siedlung ist in den vergangenen 10 Jahren um 27 % gestiegen, die Anzahl der Kinder unter 6 Jahren sogar um 75 %. Die Hälfte der Bewohner*innen (54 %) lebt von Transferleistungen oder in einem Haushalt, der sich hauptsächlich über Transferleistungen finanziert. Der Anteil in Armut lebender Kinder ist mit 72 % sehr hoch. Auch im Neuköllner Vergleich gibt es hier wesentlich höhere Anteile von Kindern mit sprachlichen, gesundheitlichen, motorischen Auffälligkeiten und einem dementsprechenden Förderbedarf. Die Anforderungen an die vorhandenen sozialen Einrichtungen des Quartiers nehmen in den letzten Jahren, da die Bewohnerschaft immer jünger wird und sich die Problemlagen in den Familien häufen, sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht zu. Allein wegen des quantitativen Zuwaches der Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter, gibt es Defizite in der Versorgung: Der ansässigen Sonnen-Grundschule fehlen Sportflächen (sowohl Hallenteile als auch Außensportflächen). Das Kitaplatz-Defizit beträgt gegenwärtig rund 300 Plätze.
Bedarfe der sozialen Infrastruktureinrichtungen sind vielschichtig
Grundschule
- Ist-Zustand
- durch die bauliche Erweiterung der Grundschule 2018/2019 kann die Schule mehr Kinder aufnehmen (von 2,5 auf 4-zügig), dadurch besteht jedoch auch ein Mehrbedarf an Außen- und Sportfläche sowie Sporthallen(-teilen)
- Sonnen-Grundschule verfügt über eine kleine einteilige Sporthalle und ein Kleinspielfeld auf dem Schulhof
- Bedarf
- mindestens zwei weitere Sporthallenteile gemäß Musterraumprogramm für 4-zügige Grundschulen
- Außensportflächen (großes Spielfeld, Laufbahn, Weitsprung, Gymnastikwiese)
- langfristig Ersatz für den Altbau des Schulgebäudes (derzeit aus dringenden Sanierungsgründen gesperrt)
Kinderbetreuung
- Ist-Zustand
- ansässige Kita Debora mit 130 Kitaplätzen ist vollständig ausgelastet, die Nachfrage anhaltend hoch
- das integrierte Familienzentrum wichtiger Bestandteil der täglichen Kita-Angebote
- das Versorgungsdefizit wird auf rund 300 Plätze (Stand 2018) geschätzt
- Bedarf
- eine weitere Kita mit Angeboten von 0 Jahren bis zum Schuleintritt
- ein darin integriertes Elternangebot
Soziales
- Ist-Zustand
- Nachbarschaftstreff verfügt über 3-Zimmer Wohnung im 4. Obergeschoss
- Angebote finden nur eingeschränkt oder vorwiegend im Freien statt
- Schwelle, den Treff aufzusuchen bei der Bewohnerschaft hoch
- Bedarf
- barrierefreie Räume für Nachbarschafts- und Senior*innenarbeit im Sinne eines Stadtteilzentrums
VHS/Weiterbildung/Kultur
- Ist-Zustand
- bisher können keine Angebote vor Ort unterbreitet werden, da Räumlichkeiten nicht zur Verfügung stehen (Pilotprojekt im Taut-Pavillon angedacht)
- Bedarf
- großer Bedarf an Räumen für Weiterbildung und Kultur
Untersuchungsergebnisse liegen vor
Da sich die Versorgungslage in der Siedlung und auch in der direkten Nachbarschaft absehbar nicht verbessern wird, die Bedarfe jedoch weiterhin anhalten, wurde eine strategische Betrachtung vom Bezirksamt Neukölln von Berlin (Abteilung Stadtentwicklung, Soziales und Bürgerdienste; Stadtentwicklungsamt; Fachbereich Stadtplanung) in Auftrag gegeben. Mit der Studie sollten die aktuellen und zukünftigen Bedarfe für soziale Infrastruktureinrichtungen in der Weißen Siedlung ermittelt und Vorschläge unterbreitet werden, wie und vor allem wo diese in der Siedlung gedeckt werden können. Nun liegen die Ergebnisse der Studie vor und sollen hier allen Interessierten vorgestellt und miteinander diskutiert werden.
Carl-Legien-Gartenarbeitsschule besonders geeignet
Es wurden mehrere inner- wie außerhalb der Siedlung liegende Potenzialflächen unterschiedlicher Eigentümer*innen hinsichtlich ihrer Eignung für Kita und Schulsportanlagen sowie für einen Nachbarschaftstreffpunkt untersucht.
Als in mehrfacher Hinsicht besonders geeignet, hat sich die Fläche der ehemaligen Carl-Legien-Gartenarbeitsschule (Dammweg 214-216) mit der angrenzenden Fläche des Autohandels erwiesen. Für die Fläche spricht:
- Sie befindet sich in öffentlichem Eigentum, dadurch ist ein sicherer Zugriff und eine gute Steuerungsmöglichkeit durch die öffentliche Hand gegeben.
- Durch die Lage zwischen Dammweg und Weiße Siedlung, ist die Fläche nicht nur gut erschlossen, sondern befindet sich auch in direkter Nähe zu vorhandenen Einrichtungen (Kita mit Familienzentrum, Sonnen-Grundschule sowie Clubhaus Phase II (auf der anderen Seite des Dammwegs).
- Die Fläche ist ausreichend groß, um die nachgefragten Einrichtungen dort nebeneinander platzieren zu können.
- Eine Öffnung der Fläche durch soziale Nutzungen würde auch die Weiße Siedlung stärker mit dem Umfeld verbinden.
Alle Bedarfe können hier untergebracht werden
Für diese Fläche wurden verschiedene Varianten der Bebauung und der Organisation der Infrastruktur-Nutzungen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Belange von Schulsport, Kita, Nachbarschaftsreff, denkmalgeschütztem Taut-Pavillon, Gartenanlagen, Wege usw. geprüft. Es konnte mit der strategischen Untersuchung nachgewiesen werden, dass auf der Fläche der ehemaligen Carl-Legien-Gartenarbeitsschule die zusätzlich benötigten Einrichtungen vom Grundsatz her geschaffen werden können.
Folgende Nutzungsideen lassen sich hier realisieren:
- eine Sporthalle (die sich in drei Hallenteile einteilen lässt),
- eine Laufbahn und ein Sportfeld,
- Gymnastikfläche,
- ggf. Schulgarten,
- eine Kita mit 200 Plätzen (evtl. mit getrennten Spielbereichen für verschiedene Altersgruppen),
- ein Stadtteilzentrum (angrenzend an die kleine bestehende Sporthalle),
- der denkmalgeschützte Taut-Pavillon (z. B. für kulturelle Nutzung).
- eine Freifläche bzw. Grünfläche sowie
- ein Verbindungsweg Nernst- zum Dammweg.
Idee der Flächenentwicklung steht hier zur Diskussion
Diese Ideen für neue soziale Infrastruktureinrichtungen und -angebote stellen wir hier online bis 24.06.2021 vor. An drei aufeinanderfolgenden Donnerstagen gibt es zudem die Möglichkeit, sich vor Ort in der Weißen Siedlung die Ideen anzuschauen und am 10.06.2021 werden sie bei einer digitalen Info-Veranstaltung präsentiert und erläutert.