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Mit Blick auf ein verändertes Spektrum freiwilliger Mitwirkung in Institutionen und zivilgesellschaftlichen Organisationen und auf eine gegenüber dem traditionellen Ehrenamt veränderte Motivation engagementbereiter Bürgerinnen und Bürger, wird im Folgenden der umfassendere Begriff der freiwilligen Mitwirkung genutzt.

Traditionell besteht die Mitwirkung von Freiwilligen in den Berliner Öffentlichen Bibliotheken vorrangig in Leseangeboten, Lernhilfen und dem Bring- und Holservice, um ältere und immobile Menschen in ihren Wohnungen mit Medien zu versorgen. Diese Tätigkeiten werden in Berlin von mehreren Vereinen, Gruppen und Einzelpersonen regelmäßig und mit großem Engagement durchgeführt.

Eine Reihe von Bibliotheken wird in ihrer Arbeit auch durch Fördervereine unterstützt.

Aktuell eröffnen viele Bibliotheken die Möglichkeit, dass sich Bürgerinnen und Bürger an der Entwicklung der Bibliotheksprogrammatik beteiligen können. Das reicht vom Aufbau von Medienbeständen unter Mitwirkung von Nutzerinnen und Nutzern bis hin zur Ko-Kuratierung von Veranstaltungen. Die Platzierung eigener Angebote zum Wissen teilen (z.B. Smartphone-Schulung durch IT-affine Nutzerinnen und Nutzer, Austausch und Wissenstransfer zwischen den Generationen etc.) und die Mitarbeit in Projekten lokaler Netzwerke bis hin zu Citizen Science-Angeboten sind weitere Beispiele. Diese partizipative Bibliotheksarbeit positioniert die Bibliothek als Ort der aktiven Stadtgesellschaft. Zugleich setzt jede dieser Beteiligungsmöglichkeiten voraus, dass sich Bürgerinnen und Bürger mit ihren Ressourcen in die Bibliotheksarbeit einbringen – das bedeutet einen kaum abgrenzbaren, fließenden Übergang zwischen der traditionellen Freiwilligenarbeit und partizipativer Bibliotheksarbeit.

Dieses breite Spektrum bietet Raum für – je nach Motivlage der Freiwilligen – unterschiedlich intensive und kontinuierliche Formen der freiwilligen Mitwirkung.

Neben der Erweiterung der Funktionen und des Angebotes der Bibliotheken lassen sich durch eine breite Mitwirkung von Freiwilligen weitere unterstützende Potenziale erschließen:

  • Kompetenzen: Freiwillig Engagierte verfügen z.B. oft über einen anderen beruflichen Hintergrund als die Hauptamtlichen und können wertvolle Anregungen und Ideen einbringen
  • Multiplikator*innen: Freiwillig Engagierte können zu „Botschafterinnen und Botschaftern“ für die Bibliotheken gegenüber ihrem sozialen Umfeld, der Verwaltung, Politik und Medien werden

Grundsätzlich erfordern alle Mitwirkungsformen eine konzeptionelle Integration in die professionelle Bibliotheksarbeit und professionelle Betreuung. Wie eine zeitgemäße, professionelle Ansprache und Einbindung in die Arbeit gemeinnütziger Institutionen gelingen kann, dazu gibt es neben den bereits vielfach vorliegenden Erfahrungen in den Berliner Bibliotheken auch eine Vielzahl von Studien, Ratgebern und Erfahrungen öffentlicher Freiwilligen-Agenturen auch in Berlin. Deshalb soll an dieser Stelle nicht weiter auf die Frage des Managements von Freiwilligenarbeit eingegangen werden.

Für eine erfolgreiche Verzahnung der Bibliothek mit Freiwilligen-Engagement sind klare Rahmenbedingungen unverzichtbar, die mit der Berliner Bibliotheksentwicklungsplanung weiter verfolgt werden müssen:

  1. Freiwilligenarbeit kann eine professionelle, im Service kontinuierlich verlässliche „hauptamtliche“ Bibliotheksarbeit nicht ersetzen.
  2. Für die Ansprache, Einbindung und Betreuung von Freiwilligen muss ausreichend Personalkapazität in den Bibliotheken bereitgestellt werden. Zu deren – auch jeweils vom Einsatzgebiet der Freiwilligenarbeit abhängiger – Bemessung lassen sich Erfahrungswerte aus Bibliotheken anderer Städte und anderen Institutionen heranziehen.
  3. Die Einbindung von Freiwilligen in die Bibliotheksarbeit darf nicht zu negativen Effekten und Verzerrungen in der KLR führen. Hierfür sind im weiteren Verlauf der Bibliotheksentwicklungsplanung geeignete Regeln zu konzipieren und vereinbaren.

Die Hamburger Bücherhallen haben durch eine eigens dafür geschaffene zentrale Organisationseinheit (Bücherhallen Medienprojekte gGmbH) ein zentrales Freiwilligenmanagement eingerichtet, das angemessen mit Personal und Sachmitteln für diese Aufgabe ausgestattet ist.

Ob aber unter den Rahmenbedingungen des föderal strukturierten Verbundes der Berliner Öffentlichen Bibliotheken eine zentrale Ansprache und Steuerung von Freiwilligen hilfreich und erfolgreich sein kann, müsste im Rahmen einer gesonderten und vertieften Untersuchung geklärt werden.

Für die Unterstützung der einzelnen VÖBB-Bibliothekssysteme beim Freiwilligenmanagement, z.B. durch Beratung hinsichtlich rechtlicher Grundlagen für Mitwirkungen, vertraglicher Vereinbarungen und Versicherungen sowie entsprechender Fortbildungsangebote, könnten und sollten aber bereits zeitnah Berliner Freiwilligenagenturen/Ehrenamtsbüros beauftragt werden.