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Das System der Berliner Öffentlichen Bibliotheken – grundlegende Strukturen

Üblicherweise besteht in deutschen Großstädten und in vielen europäischen Nachbarstaaten ein einheitliches, zentralisiertes großstädtisches Bibliothekssystem mit einer Zentralbibliothek als organisatorischem Zentrum und funktionaler Bibliothekszentrale. Demgegenüber ergibt sich aus der Zweistufigkeit der Berliner Verwaltung mit Senats- und Bezirksverwaltungen auch ein zweistufiges Bibliothekssystem.

Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB)

Die ZLB hat die Rechtsform einer Stiftung und fungiert als öffentliche Zentralbibliothek und als Landes- und Universalbibliothek zugleich. Sie verfügt über zwei Publikumsstandorte, die Berliner Stadtbibliothek in der Breiten Straße im Bezirk Mitte und die Amerika-Gedenkbibliothek am Blücherplatz in Kreuzberg. Eine notwendige Zusammenführung der Publikumsstandorte und Magazinstandorte der ZLB in einem Neubau wird bereits seit mehreren Jahren diskutiert. Mit Senatsbeschluss aus dem Jahr 2018[49] ist nunmehr festgelegt, dass der Neubau am Standort Blücherplatz entstehen soll. Nach Abschluss des städtebaulichen Dialogverfahrens zum Neubauvorhaben wird im Laufe des Jahres 2020 das Bedarfsprogramm erstellt und geprüft.

Die ZLB ist der Bewahrung des kulturellen Erbes und seiner Zugänglichkeit verpflichtet und leistet insbesondere die benutzerorientierte Literatur- und Informationsversorgung für den tertiären Bildungsbereich außerhalb der Berliner Hochschulen. Das Stiftungsgesetz[50] schreibt ihr neben der Erbringung zentraler Dienstleistungen für das Berliner Bibliothekswesen die Funktion als bezirksübergreifendes Medien- und bibliothekarisches Innovationszentrum zu.

Bezirkliche Stadtbibliotheken

Im Gefüge des Berliner Bibliothekssystems nehmen die 12 bezirklichen Stadtbibliotheken die Versorgung in ihren jeweiligen bezirklichen Einzugsgebieten wahr. Dem Prinzip der dezentralen Ressourcenbewirtschaftung folgend, verfügen die Stadtbibliotheken über eigene Haushalte. In ihrem internen Aufbau folgen die zwölf bezirklichen Stadtbibliotheken dem Großstadtbibliotheksmodell aus Zentralbibliothek und Stadtteilbibliotheken, wobei der Zentralisierungsgrad des sogenannten „bibliothekarischen Geschäftsgangs“ und anderer Geschäftsprozesse unterschiedlich ausgeprägt ist.

Das Zielpublikum der bezirklichen Stadtbibliotheken ist die breite Öffentlichkeit. Für einzelne Zielgruppen, z.B. Kinder, Jugendliche, Menschen mit Migrationshintergrund und Seniorinnen und Senioren, werden dabei auch besondere Angebote entwickelt. Zur Versorgung in der Fläche unterhalten die bezirklichen Stadtbibliotheken Zweigstellen bzw. Fahrbibliotheken und mobile Bildungsangebote. Das Netz der Bibliotheken besteht aus 11 Bezirkszentralbibliotheken, 57 Mittelpunkt- und Stadtteilbibliotheken sowie 11 Fahrbibliotheken. Aufgabenbeschreibungen und Zielstellungen obliegen den Bezirken und sind zum Teil in bezirklichen Bibliotheksentwicklungsplänen dargestellt. Das Bibliotheksmanagement ist in die jeweilige bezirkliche Ämterstruktur integriert.

Verbund der Öffentlichen Bibliotheken Berlins (VÖBB)

Zur gemeinsamen Erledigung der betrieblichen Gemeinschaftsaufgaben haben sich die für Kultur zuständige Senatsverwaltung, die Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin und die zwölf Bezirke 2004 in einer Verwaltungsvereinbarung[51] auf die Errichtung des Verbundes der Öffentlichen Bibliotheken Berlins verständigt.

Zur Erledigung der vereinbarten, vor allem IT-bezogenen Aufgaben wurde das VSZ (Verbundservicezentrum) eingerichtet und an der ZLB angesiedelt. Das VSZ betreut auch das digitale Verbundsystem der Bibliotheken mit allen Modulen von der Erwerbung bis zum OPAC und Ausleihfunktionalität und fungiert zugleich als Bereitstellungs- und Betreuungsinstanz für die digitalen Content-Angebote.

Zugleich erbringt die ZLB für den VÖBB auch zentrale, nicht-IT-bezogene Dienstleistungen, z.B. das Angebot eines gemeinsamen Mahnwesens, konzeptionelle Entwicklungsplanungen sowie deren Koordination inkl. Umsetzungsmaßnahmen.

Obwohl Berlin als Großstadt über eine Vielzahl von Bibliotheken aller Sparten und ein gut ausgebautes Nahverkehrssystem verfügt, stellt das wohnortnahe Angebot von Bibliotheksleistungen eine noch nicht gemeisterte Herausforderung für die integrierte Stadtentwicklung dar.

Die im Folgenden dargestellten Durchschnitts- und Vergleichswerte zeigen einen Orientierungsrahmen für die Berliner Öffentlichen Bibliotheken auf. Sie können jedoch die örtliche Bibliothekspolitik der Bezirke, vor allem in Standortfragen, nicht ersetzen. Deshalb ist es von wesentlicher Bedeutung, die Bibliotheken als Einrichtungstypus, der nach vielen Seiten hin anschlussfähig ist, in die örtlichen und systematischen Prozesse der sozialintegrativen und lebensweltbezogenen Planungsprozesse einzubringen.

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[49] Mit Senatsbeschluss Nr. S-1319/2018 vom 19.06.2018 hat der Senat über den Standort für den Neubau der Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) entschieden.

[50] Das Gesetz über die Errichtung der Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin ist hier abrufbar: https://www.zlb.de/fileadmin/user_upload/die_zlb/pdf/zentralbibliotheksstiftungsgesetz.pdf, Zugriff am 24.05.2020.

[51] Verwaltungsvereinbarung zur Organisation und Finanzierung des Verbundes der Öffentlichen Bibliotheken Berlins vom 05.08.2004, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs.15/3045.