Zum Inhalt springen

Megatrends für Bibliotheken

Unabhängig von raumbezogenen und zielgruppenbezogenen Fragen sind für jedes Bibliothekskonzept gesellschaftliche Megatrends[10] zu beachten, die die Bedürfnisse und Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger wie auch der Bibliotheksnutzenden auf längere Sicht prägen werden.

Digitale Gesellschaft – Die Bibliothek bietet digitale Infrastrukturen für Medienversorgung und Vermittlung von Kompetenzen.

Angesichts der Digitalisierung (fast) aller Informationen und gesellschaftlichen Infrastrukturen muss sich jede Bibliothek darauf einstellen, dass das Vorhandensein von und der Umgang mit einer aktuellen digitalen Infrastruktur und digitalen Medien sowie die dafür erforderlichen, permanent weiter zu entwickelnden digitalen Kompetenzen des Bibliothekspersonals zwingende Voraussetzungen der Bibliotheksarbeit sind. Bücher und andere physische Medien sind bedarfsgerecht vorzuhalten. Es ist jedoch von einem weiteren Rückgang der Nachfrage auszugehen.

Diverse Gesellschaft – Die Bibliothek hat Strategien für den Umgang mit Diversität.

Angesichts der wachsenden Diversität der Gesellschaft und weiterhin zu erwartender schneller Veränderungsprozesse muss sich jede Bibliothek regelmäßig der Frage stellen, für welches Spektrum an Zielgruppen und Bedürfnissen sie ihr Angebotsprofil entwickelt. Sie muss zudem über Kompetenzen für den Umgang mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Verhaltensweisen ihres Publikums verfügen.

Wissensbasierte Gesellschaft – Die Bibliothek ist Partnerin für das lebenslange Lernen.

Angesichts der wachsenden Bedeutung von Lese-, Medien- und Informationskompetenz sowie einer aktuellen Allgemeinbildung und laufender Fortbildung müssen Bibliotheken ihre niedrigschwellige und kostenfreie Arbeit in diesen Bereichen ausbauen. Sie sind die geeigneten öffentlichen Einrichtungen, um das lebenslange, selbstorganisierte Lernen durch geeignete Medien und Lernorte zu unterstützen und damit ebenso eine besonders geeignete Einrichtung, um die Bürgerinnen und Bürger auf ihrem Lebensweg in einer sich wandelnden Gesellschaft zu unterstützen.

Diskursive Gesellschaft – Die Bibliothek ist Plattform der informierten Demokratie.

Der fast jederzeitig mögliche Zugriff auf das Internet über mobile digitale Endgeräte wie Smartphones, Notebooks, Tablets etc. erleichtert es, sich politisch zu informieren. So informiert sich ein Drittel der Jugendlichen im Alter von 14 bis 24 Jahren täglich und fast drei Viertel mindestens einmal in der Woche auf Nachrichtenseiten bzw. über Nachrichten-Apps und diskutieren ihre Informationen im persönlichen Gespräch mit Freunden und Familie.[11]

Diese Kommunikationsmöglichkeiten der virtuellen Welt bringen neue gesellschaftliche Herausforderungen mit sich. Die öffentliche Meinungsbildung wird mittlerweile durch die Kommunikation innerhalb des Internets maßgeblich beeinflusst. Einerseits entstehen dort neue Zugänge zu Informationen und Wissen sowie die Möglichkeit zum herrschaftsfreien Diskurs. Andererseits bieten sie antidemokratischen sowie menschenverachtenden Ideen und Weltsichten eine Plattform und bringen latente Gruppen mit diesen Ansichten zusammen. Fake News und Hassrede in den sozialen Medien stellen eine reale Gefahr für die Demokratie dar, weil Menschen sich aus der öffentlichen Kommunikation zurückziehen und ihre Meinung nicht mehr frei äußern.

Bibliotheken sind mit ihren physischen Räumen und virtuellen Angeboten besonders geeignete öffentliche Einrichtungen, um gerade solchen Gefahren zu begegnen, indem sie die zwingend notwendige Öffentlichkeit bewahren und das Interesse der Menschen am demokratischen Diskurs unterstützen.[12]

Nachhaltigere Gesellschaft – Die Bibliothek unterstützt die Agenda 2030

Mit 17 Zielen zur Nachhaltigkeit verabschiedeten die Vereinten Nationen 2015 die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Zielsetzung dabei ist es, die globale Zukunftssicherung gleichermaßen sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltig zu gestalten.[13] Öffentliche Bibliotheken können dabei ihre Stärken als traditionell nachhaltig arbeitende Einrichtungen – der Zugang zu und das Teilen von Information, Wissen und Infrastruktur – einsetzen. Gleichzeitig müssen sie ihre Qualitäten als attraktiver Ort für alle Bürgerinnen und Bürger weiter ausbauen und dabei gute Beispiele für einen nachhaltigeren Alltag setzen: z.B. durch gezielte Informations- und Medienangebote, durch Kooperation mit Nachhaltigkeitsakteuren sowie durch eine ökologische Beschaffungspraxis und ökologisches Bauen und Sanieren.[14]

_____________________________________________________

[10]  Einen Überblick über gesellschaftliche Megatrends bieten etwa das Zukunftsinstitut (https://www.zukunftsinstitut.de/dossier/megatrends, Zugriff am 20.05.2020) oder der Bericht des VDI Technologiezentrums zu gesellschaftlichen Veränderungen 2030 (Zweck, Axel et al.: Gesellschaftliche Veränderungen 2030. VDI Technologiezentrum (Hrsg.), https://www.bmbf.de/files/VDI_Band_100_C1.pdf, Zugriff am 20.05.2020).

[11] Vodafone Stiftung Deutschland GmbH / Infratest Dimap: Alles auf dem Schirm? Wie sich junge Menschen in Deutschland zu politischen Themen informieren, 2019.

[12]   So können sich 69% der Berlinerinnen und Berliner und 65% der Hamburgerinnen und Hamburgern den Besuch von Veranstaltungen zur politischen Bildung in der Bibliothek vorstellen (Ramboll: Bevölkerungsbefragung zur Nutzung und den Einstellungen gegenüber öffentlichen Bibliotheken in Berlin und Hamburg, 2018, unveröffentlichte Präsentation).

[13] Die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen sind hier abrufbar: https://www.un.org/sustainabledevelopment/sustainable-development-goals, Zugriff am 20.05.2020.

[14] Deutscher Bibliotheksverband: Bibliotheken und Nachhaltigkeit. Praktische Beispiele zum Beitrag von Bibliotheken zu den Nachhaltigkeitszielen. (https://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/DBV/publikationen/200429_dbv-Flyer_Web-Ansicht_150dpi.pdf, Zugriff am 22.05.2020).