Ein Ort für die Welt: das Thempelhofer Feld
Wir schenken der Welt das Tempelhofer Feld
Globaler Projektplan zum Tempelhofer Feld (Entwurf, Stand 1. Januar 2018)
1. Eine einzigartige Chance für den Senat von Berlin
Mit dem "Tag der Offenen Tür" im Flughafengebäude Tempelhof am 18.11.2017 setzte das Land Berlin einen neuen Impuls, um den Ort als Raum der Bürgerschaftlichen Partizipation zu profilieren und mit der Zivilgesellschaft zusammen ein zukunftsweisendes Nutzungskonzept für den ehemaligen Flughafen Tempelhof zu entwickeln. Das Projekt signalisiert eine Neue Kooperationskultur zwischen partizipatorischer und repräsentativer Demokratie.
Die Tempelhof Projekt GmbH als 100-prozentige Tochter des Landes Berlin steuert den Entwicklungsprozess. Sie erarbeitet im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Konzepte zur denkmalschutzgerechten Instandsetzung, Modernisierung, Vermietung und Verwaltung des ehemaligen Flughafengebäudes Tempelhof. Ziel der Projektgesellschaft ist es, den „einzigartigen Ort würdig, zukunftsweisend und wirtschaftlich tragfähig weiterzuentwickeln.“
Das im Sommer 2016 vorgestellte Projekt „Berlin Creative District“ soll die Grundlage eines integrierten Nutzungskonzepts bilden. Die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher, als Aufsichtsratsvorsitzende der Tempelhof-Projekt GmbH erklärte nach einem Bericht im Tagesspiegel vom 24.4.2017: „Wir beschäftigen uns im Moment mit der Revitalisierung des Gebäudes. Das ist durch die Unterbringungen von Flüchtlingen ins Stocken gekommen.“ Mit Blick auf die Baufläche von 300 000 Quadratmeter BGF (Brutto-Grundfläche) sei dies „kein Haus – das ist eine Stadt. Wir müssen uns dieses Gebäudes einfach annehmen, indem wir es als Quartier denken“. Hier könnten Menschen Nutzungen realisieren, die an anderer Stelle aufgrund der Konkurrenz um Flächen keine Chance hätten. Aber: „Wir brauchen noch eine klare Orientierung, wie es mit der Nutzung durch Geflüchtete auch mittelfristig weitergeht. Wenn wir die haben, dann werden wir relativ schnell sein.“
Die politische Bedeutung der Entwicklung des ehemaligen Flughafengebäudes Tempelhof wird in der Koalitionsvereinbarung 2016-2021 festgehalten: „Die Bebauung des Tempelhofer Feldes wird ausgeschlossen. Der §9 des Gesetzes zum Erhalt des Tempelhofer Feldes bleibt befristet. Die Nutzung für Geflüchtete wird schnellstmöglich beendet. Das Flughafengebäude bleibt in öffentlicher Hand und wird für kulturelle, kreativwirtschaftliche und öffentliche Nutzungen hergerichtet. Gebäudeteile und das Vorfeld können als Eventstandort genutzt werden. Das Nutzungskonzept wird partizipativ entwickelt und soll bereits parallel zu den notwendigen Sanierungsmaßnahmen Nutzungen und einen Gedenkort ermöglichen.“
Eine klare Orientierung fordert die zuständige Senatorin. Das Gebäude müsse als Quartier, als Stadt und urbane Lebenswelt gedacht werden. Die passende Vision zur Entwicklung des Tempelhofer Feldes wäre daher eine Stadt der internationalen Bildung und ein Globales Dorf für Mitmenschlichkeit und soziokulturelle Innovationen, also ein Zukunftsprojekt, das sich zur Welt hin öffnet und die Potentiale Berlins sichtbar macht: eine Bildungsstadt, ein Global Charity Village für die „Völker der Welt“, ein Quartier der kreativen Bürgergesellschaft. Berlin für die Welt, Berlin als Quelle sozialer Innovationen für die Herausforderungen der „Völker der Welt“ kann eine Vision formulieren, die den Senat von Berlin auszeichnet und besonders profiliert. Der Mythos und die Symbolkraft des Ortes machen das Tempelhofer Feld zu einem Projekt mit internationaler Bedeutung, auf das die Menschen stolz sein können und das ihnen Hoffnung auf eine gute Zukunft in den Zeiten der Globalisierung gibt.
2. Wir schenken der Welt das Tempelhofer Feld
Die Rede bewegte Berlin und die Welt. Der Regierende Bürgermeister Ernst Reuter sprach am 9. September 1948 zu den Menschen, die sich vor dem zerstörten Reichstag versammelt hatten: „Wenn heute dieses Volk von Berlin zu Hunderttausenden hier aufsteht, dann wissen wir, die ganze Welt sieht dieses Berlin. (...) Ihr Völker der Welt (...) schaut auf diese Stadt und erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft und nicht preisgeben könnt! Es gibt nur eine Möglichkeit für uns alle: gemeinsam so lange zusammenzustehen, bis dieser Kampf gewonnen, bis dieser Kampf endlich durch den Sieg über die Feinde, durch den Sieg über die Macht der Finsternis besiegelt ist.
Das Volk von Berlin hat gesprochen. Wir haben unsere Pflicht getan, und wir werden unsere Pflicht weiter tun. Völker der Welt! Tut auch ihr eure Pflicht und helft uns in der Zeit, die vor uns steht, nicht nur mit dem Dröhnen eurer Flugzeuge, nicht nur mit den Transportmöglichkeiten, die ihr hierherschafft, sondern mit dem standhaften und unzerstörbaren Einstehen für die gemeinsamen Ideale, die allein unsere Zukunft und die auch allein eure Zukunft sichern können. Völker der Welt, schaut auf Berlin! Und Volk von Berlin, sei dessen gewiss, diesen Kampf, den wollen, diesen Kampf, den werden wir gewinnen!"
„Es war die Geburtsstunde des freien und demokratischen Deutschland“, schrieb „Die Welt“ 60 Jahre danach über das Ereignis. Ernst Reuter sprach damals den Bürgerinnen und Bürgern von Berlin aus der Seele und er öffnete die Herzen in aller Welt für Berlin. Die Luftbrücke hat mit etwa 280 000 Flügen insgesamt mehr als zwei Millionen Tonnen Fracht nach Berlin gebracht. Die „New York Times" schrieb am 4. Juli 1948 dazu: "Eine Luftbrücke ist ein kostspieliger Weg zur Versorgung Berlins. Aber in einem Notstand fragt man in unserem Land, dessen Bürger man „Geldjäger“ oder“ dollargierig“ schimpft, nicht nach den Kosten. Wir fragen nur: „Was wird gebraucht?“ Und wenn wir die Antwort haben, heißt es: “Okay, dann mal los.“
Berlin ist heute eine offene, freie und global vernetzte Stadt. Dieser Ort, sein Geist und seine Lebensfreude bewegt die Jugend der Welt. Viele Menschen verbinden Hoffnungen und Lebensperspektiven mit Berlin.
Die Bürgerinnen und Bürger von Berlin sind den Völkern der Welt dankbar und fühlen sich mit ihnen verbunden. Der Platz der Luftbrücke ist ein zentrales Symbol für Freiheit und internationale Solidarität. Hier ist Raum für soziale Innovationen und die Entwicklung einer Zukunft, die Menschen zusammen und zu friedlichen Verhältnissen führt. Wir in Berlin setzen ein Zeichen und schenken der Welt das Tempelhofer Feld. Wir geben etwas davon zurück, was wir auch bekommen haben: Hilfsbereitschaft, Menschlichkeit, praktische Überlebenschancen. Daraus entstand neues Selbstvertrauen, Mut zur Freiheit und auch ein soziales Herz, das Not und Leid begreift und überwinden hilft. Das Tempelhofer Feld steht für die menschliche Kraft globaler Zivilisation. Es war und bleibt das Berliner „Tor zur Welt“: Ein globaler Kontaktraum der Begegnung, des Austausches und der gemeinsamen Zukunftsgestaltung für die Völker der Welt, eben ein Charity Village. Ein Name in der Medizin steht als weltweites Symbol für die Entwicklungskraft Berlins: die Charité, das Haus der Barmherzigkeit! „Die Charité, das ist das Herz einer sozialen Stadt“, heißt es in der Jubiläumsbroschüre zu 300 Jahre Charité. Das Global Charity Village auf dem Tempelhofer Feld wird zum Herz einer sozialen Welt.
3. Stadt für Flüchtlinge, Lehrlinge, Studenten und kulturell kreative Pioniere
Ernst Reuter gelang es, die Jugend für die Würde des Lebens zu begeistern und Freiheit mit sozialer Verantwortung zu verbinden. Die Luftbrücke versorgte zweieinhalb Millionen Berlinerinnen und Berliner, Flüchtlinge und Gestrandete in einer blockierten Stadt: Die Bürgermeister Reuter Stiftung fördert seit mehr als sechzig Jahren bürgerschaftliches Engagement. Sie hat den Auftrag, in Berlin Heimstätten „für in Ausbildung befindliche junge Flüchtlinge, für Studierende und Lehrlinge zu schaffen“. Eindrucksvoll dokumentiert ein Film über das Leben von Ernst Reuter, wofür Berlin Zeugnis ablegt: „Es ist möglich, seine eigene Freiheit mit geistigen Mitteln, mit geistiger, fester Entschlossenheit zu behaupten.“
http://brst.de/cms/home/ernstreuter/der-film-ernst-reuter.html
oder
https://www.youtube.com/watch?v=RHNlDq0xUNg
Das Volk von Berlin hat sich am 25. Mai 2014 mit großer Mehrheit entschieden: Das Tempelhofer Feld soll frei bleiben. Der Volksentscheid „100 Prozent Tempelhofer Feld“ hat den Nerv der Stadt getroffen und das Gesetz zur Erhaltung des Tempelhofer Feldes übereignete das Areal der „Freiheit und sozialen Verantwortlichkeit“ den Bürgerinnen und Bürgern Berlins: es gehört den Menschen der Stadt und historisch eingebunden auch den Menschen der Welt. Das Gebiet umfasst 400 Hektar freies Gelände. Das Flughafengebäude im Eigentum der Stadt Berlin braucht eine nachhaltige Nutzung, die würdig ist und die Geschichte des Gebäudes in eine Botschaft für die Welt wandelt. Der Senat von Berlin kann im Dialog mit der Bürgerschaft eine entsprechende Nutzung für insgesamt vorhandene Gebäude mit 440 Tausend Quadratmeter Fläche und das gesamte Freigelände realisieren. Wenn das Tempelhofer Feld eine globale, international wirkende Perspektive bekommen soll, wäre die Errichtung eines Internationalen Zentrums der Bildung und Sozialen Innovation für die Bürgergesellschaften der Welt, eben eines „Global Charity Village“ als Ort von Freiheit und Mitmenschlichkeit folgerichtig.
4. Das Gebäude und seine künftige Nutzung
Das Flughafengebäude, schreibt der Senat von Berlin, sei ein Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst, und durch die US-amerikanische Nutzung während der deutschen Teilung zum Symbol der Freiheit geworden: „Das Land Berlin will das Bauwerk, das seit 2008 seine ursprüngliche Bestimmung verloren hat, mit neuen Nutzungen beleben und nachhaltig transformieren. Es soll ein Ort für zukünftige Generationen werden.“ Das Flughafengebäude zählt mit seinen 300.000 Quadratmetern zu den größten Bauwerken der Welt. Ein Drittel des Gebäudes besteht aus der Haupthalle, einem Transitbereich und den sieben ehemaligen Flugzeughangars.
Verantwortlich für das Management der Anlage ist die Tempelhof Projekt GmbH, die das Gebäude als international nachgefragten Eventstandort positionieren und für Messen, Kongresse, Festivals und Corporate Veranstaltungen bereitstellen soll. Ein Innovations- und Gründerzentrum für Unternehmen aus der Kreativwirtschaft ist vorgesehen. Die bestehenden Pläne sind noch widersprüchlich: Aussichtsplattform, Gastronomielandschaften, Ort für vielfältige Veranstaltungen, begrünte Spaziermeile, Photovoltaikanlage, Theaterbühne, Beachvolleyballfeld, Internationale Klinik oder Dachaufsatz mit 2.000 bis 3.000 preiswerten Wohnungen. Es gibt viele Ideen und Pläne. Der Senat von Berlin hat im November 2014 bis zu 22 Millionen Euro für die Entwicklung des Flughafengebäudes bereitgestellt.
Die bisherige Standortentwicklung versucht das „Berlin Creative District“ zu realisieren: Der Senat von Berlin will erklärtermaßen den Ort mit seiner Geschichte angemessen würdigen, das Gebäude weiter für die Öffentlichkeit zugänglich machen und die Flächen kreativ, kulturell und wirtschaftlich nutzen. Die vorhandenen Planungen umfassen entsprechend des Senatsbeschlusses vom 21. Juni 2016
- Die „Erschließung der Dachflächen des Gebäudes für die Öffentlichkeit. Kernstück ist eine „Dachgalerie“ auf dem 1,2 km langen Flughafendach, von der sich ein spektakulärer Blick auf das ehemalige Flugfeld und die Stadt eröffnet. Die Planung des Vorhabens wird bis 2017 konkretisiert. Eine Realisierung soll ab Ende 2017/2018 folgen.“
- Das Projekt Tempelhof Tower. „Im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms (ZIP) des Bundes „Nationale Projekte des Städtebaus“ ist das Vorhaben „Öffnung des Flughafens Tempelhof-Tower THF“ ausgewählt worden. Ziel des Projektes ist es, den westlichen Kopfbau des Flughafens am Tempelhofer Damm barrierefrei zugänglich zu machen. Eine Projektrealisierung ist bis 2018 vorgesehen.“
Für die Realisierung der Projekte „Dachgalerie“ und „Tower THF“ sind 28 Mio. Euro Budget eingeplant.
- „Mit dem Umzug des Alliiertenmuseums nach Tempelhof soll insgesamt ein kultureller und touristischer Nutzungsschwerpunkt in Bereich von Hangar 7 und Kopfbau West entstehen. Mit Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundes am 13. November 2015 konnte das Alliiertenmuseum die Finanzierung für das Vorhaben in Höhe von insgesamt rd. 27 Mio. Euro sichern.“
- „Am Platz der Luftbrücke ist im Erdgeschoss des Bauteils „H2 rund“, direkt südöstlich an den Platz der Luftbrücke angrenzend, neben gastronomischen Angeboten, ein Besucherzentrum geplant. Es soll die zentrale Anlaufstelle für Touristen werden und den Besucherinnen und Besuchern eine kompakte Erstinformation über das Flughafengebäude und das Tempelhofer Feld bieten. Auch hier soll die Planung in 2017 konkretisiert werden.“
Ein 2016 ausgelobt Wettbewerb entwarf in diesem Kontext gestalterische Lösungsvorschläge für die neuen Zugangsbereiche, Dachterrasse und einen Empfangsbereich mit Ausstellungsflächen sowie einem Café im 6. Obergeschoss des Kopfbaus West am Tempelhofer Damm. Die Wettbewerbsjury vergab den ersten Preis an einen Vorschlag, der durch die „gelungene Verbindung zeitgemäßer Nutzungsangebote mit einem sensiblen Eingehen auf die sehr heterogene Substanz des bestehenden Bauwerks“ beeindruckte. Der Umstand, dass weite Teile des Flughafenkomplexes nie vollendet wurden, konfrontiert jede neue Nutzung mit ganz unterschiedlichen Ausbaustadien bis hin zum Rohbau. Es sei der große Verdienst der prämierten Arbeit, hier differenzierte Lösungen anbieten zu können und dabei zugleich den Ansprüchen an eine touristische Nutzung gerecht zu werden. Eine überzeugende Konzeption ist damit noch nicht formuliert. Es fehlt ein Nutzungskonzept für das gesamte Gebäude und den Platz, das zu Berlin wirklich passt und für zukunftsfähige Lösungen begeistert.
Die Probleme Berlins im Umgang mit der Flüchtlingskrise haben notgedrungen das Tempelhofer Feld belegt und dadurch seine Bedeutung als „Ort der Freiheit“ und „Raum für humanitäre Projekte“ neu in das Bewusstsein der Berliner Bürgerinnen und Bürger gebracht. Die geplanten Projekte werden neu hinterfragt. Inzwischen dient das Areal als „Flüchtlingsstadt“ der Unterbringung und Betreuung geflüchteter Menschen. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin fordert jetzt eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes, da sich die Rahmenbedingungen geändert hätten. Der Senat solle das Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes ändern. Eine Abkehr vom Volksentscheid dürfte aber nur gelingen, wenn das „Volk von Berlin“ bereit ist, etwas für die „Völker der Welt“ zu geben. Eine kommerzielle Nutzung des Geländes für den Immobilienmarkt brächte eher die politischen Entscheidungsträger in Misskredit bringen und zu heftigen Konflikten in der Stadtbevölkerung führen. Eine sinnvolle Nutzung mit einen humanitären und dem Gemeinwohl dienlichen Zweck könnte in der aktuellen Situation Brücken bauen und zu einer politisch überzeugenden Lösung beitragen. Der politische Auftrag des Volksentscheides fordert von den politischen Führungskräften der Stadt die Versöhnung mit der Berliner Bürgerschaft. Das Tempelhofer Feld kann zum Symbol für die Bürgernähe, das soziale Gewissen und die gesellschaftliche Integrationskraft des Senats von Berlin und der Mehrheiten im Abgeordnetenhaus von Berlin werden. Es stiftet Sinn als Ort der Gemeinwohlproduktion: Bildung, Teilhabe, Subsidiarität und Solidarität.
5. Der Park
Seit dem 8. Mai 2010 ist das Tempelhofer Feld für Besucher geöffnet, die zahlreich und vielfältig das weite Gelände mit seinen Grasbeständen und Rollbahnen nutzen.
Die Offenheit der nährstoffarmen Wiesen, auf denen der Wind für ein schnelles Austrocknen der Flächen sorgt, begründet einen einzigartigen Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere. Das Tempelhofer Feld wird von der Grün Berlin GmbH verwaltet und bewirtschaftet.
Die Parklandschaft bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten für Veranstaltungen und der vorhandene Freiraum entwickelt sich zu einem Zentrum für Sport, Freizeit, Kultur und Innovation.
5.1. Die Pionierprojekte
Pionierprojekte sind Initiativen des bürgerschaftlichen Engagements, die als Zwischennutzer zugelassen sind. Sie sollen vom Land Berlin in die künftige Entwicklung einbezogen werden. Drei Pionierfelder stehen für soziale, kulturelle, sportliche und unternehmerische Projekte zur Verfügung. Die Pionierprojekte folgen den Entwicklungsleitbildern der Tempelhofer Freiheit. An der Oderstraße liegt der Schwerpunkt auf sozialen, pädagogischen und nachbarschaftlichen Angeboten. Am Columbiadamm sind es kulturelle und sportliche Projekte und entlang des Tempelhofer Damms soll das Leitbild Wissen und Lernen umgesetzt werden. Seit 2010 wurden aus über 200 Bewerbungen 29 Initiativen ausgewählt.
Der Berliner Wissenschaftsladen “basis.wissen.schafft“ versteht sich beispielsweise als Schnittstelle zwischen Fragen der Zivilgesellschaft und Antworten der Forschungseinrichtungen.
Der Shaolin Tempel bezeichnet sich als eine Begegnungsstätte für Frieden und Völkerverständigung, wo Menschen aus aller Welt zum Einklang von Körper, Geist und Seele finden und ihre Gesundheit stärken sollen.
Ein Gemeinschaftsgarten fungiert als Grünes Klassenzimmer, Obst- und Gemüsegarten, Treffpunkt für Nachbarn und Spielplatz für Kinder. Von der Kindertagesstätte bis zum Seniorenheim sollen generationenübergreifend viele Menschen eingebunden werden.
Eine Initiative will zentrale Fragen der urbanen Gesellschaft wie partizipative Stadtgestaltung, Stadtökologie, Versorgung und Konsum, Bildung, Bewegung, Ernährung und Gesundheit, Solidarität, Integration oder bürgerschaftliches Engagement diskutieren und bearbeiten.
Das Projekt Gecekondu der Jugendkunstschule Neukölln und des Jugendkunst Neukölln e.V baut mit Kindern und Jugendlichen eine Hüttenstadt aus einfachen, selbstgebauten Hütten, wie das im türkischen Gecekondular, brasilianischen Favelas oder anderen informell entstandenen Siedlungen gelungen ist.
5.2. Der Nutzerbeirat und der Beteiligungsbeirat
Der Nutzerbeirat Parklandschaft besteht seit August 2013. Die 30 Mitglieder repräsentieren die Nutzergruppen Jugendliche, Senioren, Migranten, Menschen mit Behinderungen, Sportvereinen, Pionierprojekten der Tempelhofer Freiheit, Nachbarschafts- und Bürgerinitiativen sowie Naturschützer. Das Gremium tagt 3-4 mal jährlich und beschäftigt sich regelmäßig mit nutzungsbezogenen und gestalterischen Aspekten der Parkentwicklung. Der Volksentscheid dokumentierte auch ein gebrochenes Vertrauen der Berliner Bevölkerung in die politischen Entscheidungsprozesse. Deutlich wurde das Bedürfnis nach echter Beteiligung.
Der Senat von Berlin hat inzwischen auf der Grundlage des Nutzerbeirats einen Beteiligungsbeirat neu gegründet und als Koordinator den Berliner Landesgeschäftsführer des Umweltverbandes BUND beauftragt: Tilmann Heuser ist Leiter der Bürgerbeteiligung, die alle relevanten Gruppen einbeziehen. Inzwischen existiert ein „Entwicklungs- und Pflegeplan“ für das Areal, der wenig verändern will: Auf der Neuköllner Seite soll der Zugangs zum Feld erleichtert und das dort vorhandene Gebäude zu einem „Bürgerzentrum“ ausgestaltet werden. Auf der Südseite wird die Sanierung des Bodens von Altlasten erfolgen. Überall wird das Feld „mit W-lan“ versorgt.
5.3. Das Ergebnis der Bürgerbeteiligung
„Alles soll so bleiben, wie es ist“, berichtete Tilmann Heuser im Mai 2016 zum Ergebnis der Bürgerbeteiligung. An die 100.000 Menschen hätten sich am Internet-Dialog beteiligt und Vorschläge zur Feld-Gestaltung eingebracht. Vor Ort gab es Felddialoge und Werkstätten. Eine „aufsuchende Beteiligung“ habe 456 ganz normale Bürgern, darunter Senioren und Menschen mit Behinderung befragt wurden.
Gewollt werden die Anlage von Schattenspendern, Toiletten und Sitzgelegenheiten. Zusätzliche Sport- und Spiel-Möglichkeiten, eine Ausleihe von Sportgeräten und ergänzende „Gastronomie“ werden gewünscht. Die Bürgerbeteiligung und die Umfragen sprechen sich weiter gegen jegliche Bebauung aus.
Der bunte Nutzungsplan beschreibt Sport am Columbiadamm, einen Kiezgarten und Grillplätze am Rande von Neukölln. Am westlichen Rand sollen Bühnen aufgestellt und Events stattfinden. Die Alte Gärtnerei wird erhalten und drei Auslauf-Flächen für Hunde werden so eingerichtet, dass sie die Feldlerchen nicht stören, die im Zentrum des Areals nisten. Nun muss das Abgeordnetenhaus dem Plan zustimmen oder andere Entscheidungen treffen. Die Initiative Tempelhof 100% kämpft weiter dafür, dass alles so bleibt. Die Bürgerbeteiligung hat keine Vision entwickelt und eine begeisternde Zukunftsperspektive für das Tempelhofer Feld fehlt. Das könnte den Freiraum für neue Konzepte der zivilgesellschaftlichen Selbstorganisation und der internationalen Kulturentwicklung eröffnen.
6. Eine Olympiade des Geistes und der Herzen
Berlin kann mit seinen Potentialen eine „Olympiade der sozialen Innovationen“ und der solidarischen Lebenswelten realisieren. Berlin schenkt der Welt einen Wettstreit kultureller Disziplinen: den Wettstreit der Filme (Bienale), den Wettstreit der Theater (Theatertreffen), den Wettstreit der Orchester (Young Euro Classic), den Wettstreit der Literaten, den Wettstreit der Rhetoriker, den Wettstreit der Philosophen, den Wettstreit der Sänger, den Wettstreit der Architekten, den Wettstreit der Maler oder Bildhauer, den Wettstreit der Heilkundigen und Mediziner, den Wettstreit der Sozialarbeiter und Pädagogen, den Wettstreit der lokalen Politik und Gemeinschaftsbildung oder auch den Wettstreit der Hacker und IT Kommunikatoren.
Berlin sollte eine olympische Volksuniversität verwirklichen, in der unterschiedliche Ethnien, unterschiedliche Weltanschauungen, unterschiedliche Religionen, unterschiedliche Sprachen, unterschiedliche Kulturen aufeinander treffen und den Geist, den Pierre de Coubertin mit der Olympischen Idee vor ihrer Kommerzialisierung verbunden hat, neu beseelen. Das Tempelhofer Feld gibt der Welt den dafür notwendigen Raum. Hier sind die geeignete Bauten möglich, um Lecture halls, Foren, Seminarräume, oder sogar Dormitorien unter zu bringen. Wir geben so „den Völkern der Welt“ etwas von dem zurück, was sie Berlin geschenkt haben: Solidarität bei der Ausübung jeglicher Kultur in Freiheit und sozialer Verantwortung. Das Humboldtforum als Ort des Diskurses und der Darstellung der Hochkulturen könnte mit einem Gelände in Austausch treten, das die Kulturen der Mitmenschlichkeit und Gemeinschaftlichkeit der Völker spiegelt und darstellt. „Wir schenken der Welt das Tempelhofer Feld“ ist Zeichen und Signal zum Aufbruch in eine bessere Welt.
7. Eine Quelle für Bildung und Entwicklung
Das Auswärtige Amt, das Ministerium für Umwelt-Naturschutz-Bau- und Reaktorsicherheit, das Ministerium für Bildung und Forschung, das Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, das Ministerium für Arbeit und Soziales, das Wirtschaftsministerium und auch das Ministerium der Verteidigung geben hunderte von Millionen jedes Jahr aus, um die Jugend der Welt für Deutschland zu akquirieren, damit sie in unseren Universitäten und Forschungseinrichtungen weiter qualifiziert werden. Es werden aber auch Hunderte von Millionen investiert, um die Jugendlichen in ihren Heimatländern für spezifische Tätigkeiten zu qualifizieren. Es werden deutsche Universitäten in der Türkei, in Ägypten oder in China gegründet.
In Deutschland sollte ein Widerpart der Goethe- und Humboldt-Institute entstehen, der die Lücken unseres Bildungssystems schließt und unsere Universitäten zum Wettbewerb mit den Spitzen-Instituten in der Welt ermutigt. Yale und Cambridge oder Helsinki und Oslo müssen nicht um die Besten in der Welt werben; sie kommen freiwillig und müssen noch viel Geld für ihr Studium bezahlen.
7.1. Das Heilmittel von Bildung, Beteiligung und globaler Kooperation
Heute kommen tausende von Jugendlichen nach Deutschland, viele davon als politische oder wirtschaftliche Flüchtlinge. Es sind nicht selten die Besten ihres Landes, die zu uns kommen. Nicht selten werden sie über Monate in Asylbewerberheimen alimentiert, statt sie ihren Fähigkeiten entsprechend auszubilden. Uns fehlen jedoch die Einrichtungen, die Potentiale dieser Jugendlichen für sie selbst verfügbar zu machen. Also: „Völker der Welt schaut auf unsere Stadt“.
Der Auslöser für einen Ort, der als Berlin-Kolleg, Fachschulzentrum und Volksuniversität nach den olympischen Spielen weiter genutzt werden könnte, an dem der Wettstreit der Kulturen unter den Kulturen mit den deutschen Bildungsinstitutionen stattfinden könnte, wäre der Flughafen Tempelhof. Die Verstetigung des Ortes als College, als Berufsbildungszentrum oder auch als Graduierten Schule wäre eine Möglichkeit, den qualifizierten Zuzug von Jugendlichen aus Kriegsregionen oder Dritteweltländern zu befördern.
Kein Ort wäre für die Aktivitäten besser geeignet als das Tempelhofer Feld und das Flughafengebäude Tempelhof. Dort können die Bildungsangebote und die Beteiligungsstrukturen eingerichtet werden, die den Völkern der Welt Hoffnungsträger und kompetente Kulturgestalter ausbilden: eine Weltuniversität zur Entwicklung von Lösungskonzepten für die Probleme der Welt. Bildung und Beteiligung können Heilmittel gegen soziale Not und gesellschaftlich erzeugte Leiden sein. Berlin sollte als Hauptstadt Beispiele setzen für einen Wandel der Sichtweisen und Handlungskonzepte im Umgang mit Migration und globalen Krisen.
Deutschland braucht eine anhaltende Zuwanderung nicht nur von Hochqualifizierten, sondern auch von (Aus-)bildungswilligen Menschen. Der Handwerksmeister, dem der Nachwuchs fehlt, mittelständische Betriebe, die händeringend nach qualifizierten Facharbeitern suchen oder strukturschwache Regionen, die mit einer überalterten Bevölkerung umgehen müssen, brauchen Menschen. Menschen kommen zu uns und Flüchtlinge sind vor allem eine Ressource und keine Gefahr. Viele kommen als qualifizierte Fachleute und dürfen ihre Leistungsfähigkeit nicht unter Beweis stellen. Sie wollen handeln, für sich selbst sorgen und sich beteiligen. Die jungen Menschen wollen eine Schule zu besuchen, eine Ausbildung machen und studieren. Bildung und Qualifizierung sind der wirksamste Weg zur Bewältigung der gegenwärtigen und der künftigen Flüchtlingsprobleme.
Das entsprechende Konzept einer innovativen Universität der Vielen haben die Internationale Akademie Berlin für innovative Pädagogik, Psychologie und Ökonomie gGmbH als Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin (http://www.ina-fu.org/), der Entrepreneurship Campus und Veranstalter des jährlichen Entrepreneurship Summit (https://www.entrepreneurship.de/) und die Carl Benz Academy als „First Global Cloud Academy“ (https://www.benz-academy.org) in einem ersten Entwurf vorgelegt (Anlage). Das Tempelhofer Feld und das Flughafengebäude sollen im Sinne der UNESCO zu einer "Open Learning Community" heranwachsen. Die Sustainable Development Goals – SDGs der UN-Mitgliedsstaaten von 2016 bis 2030 erhalten in der Global Charity Village einen Denk- und Handlungsraum, der die Völker der Welt bei ihrer Umsetzung wirksam und beispielsetzend unterstützt.
Berlin im Januar 2018
Prof. Dr. Günter Faltin, Prof. Dr. Bernd Fittkau, Dr. Ellis Huber, Dipl. Psych. Manfred Schönebeck, Prof. Dr. h.c. Dipl.-Ing. Wolfgang H. Schuster, Prof. em. Dr. Jürgen Zimmer