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Erläuterungsbericht

Entwurfsbeschreibung Weit…licht…dicht…

Auf dem denkmalgeschützten, ehemaligen Friedhof Gotlindestraße in Berlin-Lichtenberg sind auf einer Gesamtfläche von rund 30.000 m² zahlreiche verschiedene Grabstätten und Grabdenkmäler, auch Gitterstellen, erhalten. Darüber hinaus verfügt die Anlage durch die wegebegleitenden Alleen und zugewucherten Quartieren über einen besonderen, ökologischen Strukturreichtum. Die Anwohner schätzen den Friedhof als Freiraum mit besonderer Atmosphäre. 

Ziel des Freiraumkonzeptes ist es, die (kunst-)historischen, baulichen und kulturellen Schichten für die Allgemeinheit wieder erlebbar und nutzbar zu machen und dabei die naturschutzfachlichen und naherholungstechnischen Aspekte zu berücksichtigen. Es ist geplant, die Quartiersstruktur des ehemaligen Friedhofs zu erhalten und zu stärken, um so dem Ort und der Geschichte des Orts Rechnung zu tragen und den Wiedererkennungswert zu stärken. An verschiedenen Stellen wird die Struktur jedoch bewusstaufgebrochen.

Erschließung

Das geordnete Wegenetz des Alleequartierfriedhofs soll in Anlehnung an den historischen Verlauf wiederhergestellt werden. Um präzise Kenntnisse über den originalen Verlauf, den Aufbau und die Einfassung des Wegesystems zu erhalten, sind gartenarchäologische Suchschachtungen durchzuführen.

Der Wirtschaftshof im Nordosten der Anlage soll über eine neue Zuwegung entlang der westlichen Grundstücksgrenze und einer Rampe zur Überwindung des Höhenunterschieds erschlossen werden. 

Aus gestalterischer Sicht sollten die Wege in wassergebundener Decke mit einer Ziegeleinfassung als Läuferreihe ausgebaut werden. Befestigte Wege sollten auf Wegeabschnitte mit Kfz-Verkehr beschränkt werden.

Der Eingangsbereich an der Gotlindestraße wird gestalterisch aufgewertet und mit Sitzgelegenheiten ausgestattet. Der bestehende Kompostlagerplatz wird entfernt und die verlorengegangenen Konturen und Wege wiederhergestellt. Mit der Anlage des blütenreichen Saums im Grabfeld XIV soll die Sichtachse vom Haupteingang zum Mausoleum Loeper betont werden.

Auch der Kapellenplatz soll in Anlehnung an die historische Form als Platzfläche mit einem Wiesenband um die Kapelle, wassergebundenen Wegen und Sitzmöglichkeiten nördlich der Kapelle hergestellt werden. Ein Teilbereich der südlich anschließenden Wiesenfläche kann für eine mobile Bestuhlung genutzt werden, insbesondere bei einer zukünftigen Nutzung als Café.

Der vorhandene wertvolle Altbaumbestand wird in das Freiraumkonzept integriert. Fehlende Alleebäume werden durch Nachpflanzung unter Berücksichtigung der historischen Baumstandorte ergänzt. Zum Schutz baulicher Anlagen müssen vereinzelt Bäume gerodet werden.

Entwicklung der Quartiere

Ein wesentliches Ziel besteht darin, die vorhandene Vegetationsstruktur als gestalterisches Element aufzugreifen, zu stärken und die Artenvielfalt zu erhöhen. Dazu werden die überwiegend nichtheimischen Laubgebüsche und Wildaufwuchs in den Quartieren behutsam entfernt und mit heimischen Gehölzen ergänzt. Einzelne verwilderte Quartiere werden durch Bestandsauflichtungen geöffnet. In anderen Quartieren soll die geschlossene Struktur erhalten bleiben, insbesondere in zugewachsenen Quartieren mit vorhandenen Strauchtunneln, grünen Bogengängen sowie in mehrschichtigen Gehölzbeständen mit relevanten Strukturen für Brutvögel.

Unter Berücksichtigung von vorhandenen Grabstätten und faunistischer Lebensstätten sollen die nordwestlich gelegenen Friedhofsquartiere mit Rasenwegen und gemähten Lichtungen erschlossen werden. Zum Aufenthalt werden hier Holzpodeste integriert, die neue Blicke und Perspektiven eröffnen sollen und die besondere Atmosphäre von Natur, Kultur, Ruhe und Vergänglichkeit fördern. 

Die Offenflächen sollen zu arten- und blütenreichen Wiesen entwickelt werden. Wiesen mit teppichartigen Beständen von Frühjahrsblühern sollen zum Schutz der wertgebenden Geophyten durch ein gezieltes Mahdregime zu artenreichen Frischwiesen entwickelt werden. Die übrigen Wiesenflächen sollen gezielt durch Ansaat von gebietsheimischen Wiesenpflanzen ökologisch aufgewertet werden.

Wegebegleitend an der Ost-West-Achse sowie im Eingangsbereich soll ein bis zu 120 cm hoher, blütenreicher, mehrjähriger Saum durch Initialpflanzungen und Ansaat mit gebietsheimischen Arten entwickelt werden.

Ein differenziertes Pflegemanagement soll zur Erhaltung und Entwicklung der artenreichen Wiesen- und Saumflächen betragen.

Da die durch die Ausbildungsstätte gepflanzten Bäume auf den Wiesenarealen dem „Raumgefüge der ehemaligen Friedhofsanlage entgegenstehen“ (Laudamus 2023, S. 68) oder Sichtbeziehungen verstellen, werden zahlreiche Bäume entnommen, die an anderer Stelle im Bezirk eingepflanzt werden können. Ausgewählte Baumneupflanzungen können an ihrem Standort verbleiben und/oder werden an geeignetere Standorte versetzt.

Gittergrabstellen und Grabmäler

Die Gittergrabstellen sollen entsprechend ihrer ursprünglichen Gestaltung denkmalgerecht wiederhergestellt werden. Sie sollen vornehmlich mit niedrigen Stauden bepflanzt werden, die Pflanzenteppiche bilden. Somitwird die Oberfläche des Grabes geschützt und ein schnelles Austrocknen der Erde verhindert. In diesem Pflanzenteppich werden in Abhängigkeit der Wuchs- und Ausbreitungsform, vereinzelt oder in Gruppen, dauerhafte Stauden gepflanzt.

Für die (halb-)schattigeren Bereiche werden u. a. Farne, Elfenblume, Purpurglöckchen, Storchschnabel, Lilientraube, Wald Glockenblume, Waldsteinie, Frühlingsgedenkemein und Gewöhnliche Haselwurz verwendet. In den Gräbern, die in sonnigen bis halbschattigen Bereichen liegen, sollen u.a. Ehrenpreis, Karpaten-Schaumkresse, Schneckenknöterich, Immergrüne Schleifenblume, Storchschnabel und Farne gepflanzt werden. 

Die in den ehemaligen Bestattungsfeldern verstreuten Grabdenkmäler und Reste von Grabstätten sollen an Ort und Stelle erhalten bleiben und vor allem Sicherungs- und Reinigungsmaßnahmen erhalten. 

Weitere Ausstattungselemente

Neben den Podesten sollen Bänke an wichtigen Orten und Laubengänge in dichteren Bereichen dem Besucher mehr Abwechslung bieten. Es ist geplant, Informationstafeln mit Hinweisen auf kunsthistorisch und stadtteilgeschichtlich interessante, aber auch ökologische Gegebenheiten aufzustellen. Dies kann zur Sensibilisierung für die Belange der Anlage und somit einem pfleglicheren Umgang führen. Vorgeschlagen wird die Aufstellung an den Eingängen, hinzu können spezielle Hinweistafeln an Bauwerken, Denkmälern oder besonderen Gehölzen kommen.

© Freie Planungsgruppe Berlin