hier: weniger Probleme, mehr Sicherheit
- vor dem JobPoint
- Ich weiß nicht, was hier passiert.
Hier stehen immer so viele Betrunkene und Drogenabhängige mit ihren großen Hunden vor dem JobPoint und dem Kino PASSAGE. Viele Leute, die hier auf der Straße laufen oder vorbeiwollen, sehen das und fühlen sich unsicher und unwohl, besonders Kinder. Da steht viel Gefahr. Das soll anders werden: Was könnte eine gute Lösung für alle sein?
Rückmeldung
Vielen Dank für Ihren Hinweis. Das Stadtentwicklungsamt ist hierzu nicht zuständig. Wir suchen innerhalb des Bezirksamts Neukölln die richtige Ansprechperson. Der Bezirksstadtrat für Soziales und Gesundheit, Herr Rehfeldt antwortet Ihnen:
Guten Tag M. Timmermann,
Ihre Meldung im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Kiez-Spaziergang hinsichtlich der Umstände im Umfeld der Karl-Marx-Straße 131-133 (Passage Kino und Job Point) wurde an mich als zuständigen Bezirksstadtrat für Soziales und Gesundheit weitergeleitet.
Die von Ihnen geschilderten Umstände rund um das Gebiet aber auch darüber hinaus gehen auch an den politisch und fachlich verantwortlichen Personen im Bezirksamt Neukölln nicht regungslos vorbei. Es vergeht kaum eine Woche, in der die grundsätzliche Problematik nicht in irgendeiner Form im Bezirksamtskollegium diskutiert wird. Uns alle treibt der damit verbundene Verlust von Lebensqualität in unserem Bezirk um. Es ist sehr verständlich, dass die von Ihnen dargestellten Umstände große Sorge auslöst.
Ihre Schilderungen zur Drogenproblematik bestätigen meine bisherigen Erfahrungen, die sich leider nicht nur auf das von Ihnen beschriebene Gebiet beschränken. Um einen Überblick über die Drogenproblematiken in Neukölln zu erhalten und auch gezielt Informationen und Hilfeangebote vermitteln zu können, sind konkrete Informationen wichtig. Daher danke ich an dieser Stelle ganz ausdrücklich für Ihr Engagement und Ihren Hinweis auf einen problematischen Bereich in unserem Bezirk.
Auf Ihre Frage, was eine gute Lösung für alle sein könnte, möchte ich näher eingehen und Ihnen darstellen, was bereits getan wird um die Situation in unserem Bezirk sowie für alle Neuköllnerinnen und Neuköllner zum Positiven zu verändern.
Mein Ziel ist es, die in Teilen nicht hinnehmbare Situation zu verbessern, aber auch drogenabhängigen Menschen Hilfen anzubieten, die ein menschenwürdiges Leben soweit als möglich sicherstellen können. Leider haben wir in Neukölln und bezirksübergreifend seit geraumer Zeit an verschiedensten Orten mit der von Ihnen geschilderten Drogenproblematik zu kämpfen.
Ich komme an dieser Stelle jedoch nicht umhin darauf hinzuweisen, dass die fachliche Verantwortung für den Missbrauch von illegalen Drogen bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege liegt. Für den Kampf gegen den Handel mit illegalen Drogen ist ebenfalls der Senat zuständig. Das Bezirksamt ist originär „nur“ für legale Drogen, also Alkohol und Tabak sowie Glücksspiel zuständig und kann bei illegalen Drogen nur mit sehr begrenzten Mitteln kompensatorisch tätig werden. Diese Zuständigkeiten sind für Sie aber verständlicherweise nicht sofort erkennbar und mit Sicherheit nicht relevant in den täglichen Erlebnissen der Neuköllnerinnen und Neuköllner. Ich sehe das Bezirksamt daher durchaus in der Verpflichtung, mit den begrenzt zur Verfügung stehenden Mitteln einzugreifen. Gleichzeitig bedeutet das aber, dass jeder Euro, der in Suchthilfe fließt, nicht für Familienzentren, Obdachlosenhilfe, Seniorenarbeit oder Kindergesundheit zur Verfügung steht. Sie können sicherlich nachvollziehen, dass sich dadurch oft schwierige und oftmals nicht zu aller Zufriedenheit auflösbare Zielkonflikte ergeben. Gleichwohl sehe ich die dringende Notwendigkeit, in der Suchthilfe für die direkt Betroffenen aber auch die Anwohnerinnen und Anwohner, die ebenfalls unter der Situation leiden, viel mehr zu tun. Das Bezirksamt arbeitet daher ressortübergreifend mit der Polizei und freien Trägern zusammen, um durch verschiedene Maßnahmen den Konsum im öffentlichen Raum und damit einhergehende Belastungen für Bürgerinnen und Bürger nachhaltig zu reduzieren.
Der von Ihnen beschriebene Bereich um die Karl-Marx-Straße ist bereits als Schwerpunkt des Konsums illegaler Drogen bekannt, wie auch andere Bereiche in Neukölln. Seit 2017 setzt das Bezirksamt ein Modellprojekt der aufsuchenden Drogenhilfe über Straßensozialarbeit mit dem Suchthilfeträger Fixpunkt gGmbH um. Gezielt werden Aufenthaltsorte von Drogengebrauchenden in Neukölln aufgesucht, die auch über Beschwerden bekannt werden. Die Straßensozialarbeiterinnen und Straßensozialarbeiter von Fixpunkt und Gangway e.V. sind täglich zu unterschiedlichen Zeiten und örtlich ungebunden im gesamten Neuköllner Zentrum unterwegs. Auch der Bereich rund um die Karl-Marx-Straße 131-133 wird von der Straßensozialarbeit regelmäßig angesteuert und ist den Straßensozialarbeiterinnen und Straßensozialarbeitern seit Längerem bekannt. Über aktuelle Hinweise auf einen problematischen Bereich in unserem Bezirk werden die Straßensozialarbeiterinnen und Straßensozialarbeiter auch direkt informiert.
So gelingt es häufig erfolgreich, Konsumentinnen und Konsumenten zu erreichen, sie zu sozial verträglichem Verhalten anzuhalten und an die entsprechenden Einrichtungen der Suchthilfe anzubinden. Die Anbindung an Suchthilfeeinrichtungen, z.B. an Drogenkonsumräume, die Motivierung zu einem sozialverträglichem Verhalten, das auch das eigenverantwortliche Entsorgen gebrauchter Konsumutensilien beinhaltet, und die Vermittlung in Überleben sichernde Hilfen sind vorrangige Ziele des Projekts. Darüber hinaus entsorgen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch alle vorgefundenen, potentiell infektiösen Spritzutensilien fachgerecht.
Für Fragen zum Umgang mit Drogenkonsumierenden oder für Meldungen zu Spritzenfunden stehen die Mitarbeiter von Fixpunkt gGmbH auch Anwohnerinnen und Anwohnern zur Verfügung. Das Team des Projekts der "Straßensozialarbeit Neukölln" können Sie telefonisch unter den Rufnummern 030/692 91 98 und 0163/368 31 37 oder per Mail unter neukoelln@fixpunkt.org erreichen.
Bereits seit dem 31. Januar 2019 hat der stationäre Drogenkonsumraum in der Karl-Marx-Straße 202 seinen Betrieb aufgenommen und damit das bis dahin bestehende Angebot des Drogenkonsummobils abgelöst. Seitdem steht ein erweitertes Platz- und Betreuungsangebot für Konsumenten zur Verfügung. Jedoch kann auch die Sozialarbeit nur im Rahmen der zur Verfügung stehenden Ressourcen tätig werden und natürlich gelingt es nicht immer, schwer chronifizierte suchtkranke Menschen zu erreichen und ihnen die erforderliche Hilfe zukommen zu lassen. Der Bezirk setzt sich daher bei der für Gesundheit zuständigen Senatsverwaltung und dem Abgeordnetenhaus für Mittel zur Ausweitung der Straßensozialarbeit sowie für einen weiteren Konsumraum ein. Der Bezirk setzte sich außerdem für einen erneuten Einsatz eines Kontakt- und Beratungsmobiles ein, welches nun voraussichtlich wieder regelmäßig ab Juli 2025 zunächst am Anita Berber Park stationiert sein wird.
Aus Mitteln des Sicherheitsgipfels und des Programms „Saubere Stadt“ hat Neukölln zusätzlich ein Peer Projekt über den Träger Fixpunkt gGmbH entwickelt und umgesetzt. Es ist ein Angebot zur Wissensvermittlung und Tagesstruktur für (ehemalige) Konsumentinnen und Konsumenten von Heroin und Kokain. Das Konzept sieht vor, dass im Rahmen der Beschäftigung Konsumrückstände aufgesammelt und sicher entsorgt werden, sowie Piktogramme vor Kinder- und Jugendeinrichtungen gesprüht werden, um nonverbal auf besonders schützenswerte Orte hinzuweisen.
In Anbetracht der bekannten Problemlagen wurden die Streifen des Ordnungsamtes und auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Grünflächenamtes mit zusätzlichen Zangen und Behältern zum Sammeln und zur Entsorgung von Spritzutensilien im öffentlichen Raum ausgestattet. Das Aufsammeln von Konsumrückständen ist nicht deren Kernaufgabe, daher bin ich den Kolleginnen und Kollegen aus Ordnungs- und Grünflächenamt besonders dankbar, dass sie es dennoch machen. Meldungen an das Ordnungsamt werden – im Rahmen der auch dort begrenzten personellen Kapazitäten – prioritär behandelt.
Mit der Polizei ist das Bezirksamt in einem regelmäßigen und intensiven Austausch bezüglich Drogenkonsum und Drogenhandel. Auch über den von Ihnen beschriebenen Bereich der Karl-Marx-Straße gab es in der Vergangenheit immer wieder Gespräche und Kontakt, unter anderem mit den Präventionsbeauftragten des Polizeiabschnitts. Die Bekämpfung von Drogenhandel und Drogenkriminalität obliegt aber ausschließlich der Polizei als Ordnungs- und Sicherheitsbehörde. Drogendealertätigkeiten und sonstige Handlungen, die Ihr Sicherheitsempfinden beeinträchtigen, sollten Sie auf jeden Fall bei Ihrem Polizeiabschnitt melden. Auch dann wiederholt, wenn Sie nicht unmittelbar eine Reaktion erkennen. Nur so können daraus erforderliche Maßnahmen und der notwendige Personalbedarf abgeleitet werden.
Mir ist bewusst, dass die derzeit zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht ausreichen, um an allen problembelasteten Orte regelmäßig und zielführend zu intervenieren. Bekanntermaßen führen Maßnahmen von Ordnungs- und Sicherheitskräften lediglich zu einer kurzfristigen Verbesserung der Situation. Letztendlich bewirken sie nur eine Verdrängung der Szene in andere Gebiete. Deshalb fordert der Bezirk, wie bereits erwähnt, unter Hinweis auf die desolaten Zustände bei der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege, die für den Bereich der illegalen Drogen originär zuständig und verantwortlich ist, finanzielle Unterstützung zur Verstärkung der Straßensozialarbeit ein.
Konsum im öffentlichen und halböffentlichen Raum ist aber nicht nur ein Neuköllner Problem, sondern ein gesamtstädtisches, das durch Fluktuation und Verdrängung konsumierender Menschen gekennzeichnet ist. Meine Suchthilfe ist daher auch weit über den Bezirk hinaus vernetzt und arbeitet an gesamtstädtischen Lösungen, um geeignete Interventions- und Hilfemaßnahmen für Drogen konsumierende Menschen und Anwohnerinnen und Anwohnern zu entwickeln.
Der Konsum illegaler und gefährlicher Drogen ist nicht immer, aber aufgrund der sozial verheerenden Folgen einer Suchterkrankung oft mit Wohnungs- oder Obdachlosigkeit verbunden. Bei der zunehmend sichtbaren Obdachlosigkeit im öffentlichen Raum handelt es sich um eine Problematik, die sich unter anderem während der Coronakrise leider verstärkt in der Öffentlichkeit etabliert hat. Der Bezirk Neukölln hat hierauf bereits reagiert und den Träger Gangway e.V. im Rahmen einer aufsuchenden Sozialarbeit damit beauftragt, auf obdachlose Menschen im Bezirk zuzugehen, Bedarfe zu ermitteln und niedrigschwellige Hilfsangebote zu machen. Mir ist wichtig, dass jeder von Obdachlosigkeit betroffene Mensch in Neukölln mehrmals ein Angebot für eine Unterbringung erhält. Die Betroffenen lehnen die bestehenden Hilfsangebote jedoch leider oftmals ab. Sowohl meine Kolleginnen und Kollegen in der Sozialen Wohnhilfe als auch die Straßensozialarbeiterinnen und Straßensozialarbeiter von Gangway e.V. können in solchen Fällen Hilfen nur anbieten, die Betroffenen gegen Ihren Willen jedoch nicht verpflichten, diese Hilfen auch anzunehmen.
Ein Eingriff gegen den Willen, z.B. durch unmittelbaren Zwang, ist an sehr hohe rechtliche Hürden gebunden und kann nur erfolgen, wenn eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt. Dies ist in vielen Fällen trotz aller störenden und sicherlich teilweise auch beängstigenden Begleiterscheinungen jedoch nicht gegeben. Auch eine ordnungsrechtliche Unterbringung über die Soziale Wohnhilfe ist nur möglich, wenn diese Form der Unterstützung durch die Betroffenen auch gewollt ist, da im Rahmen der bezirklich durchgeführten Gefahrenabwehr ausschließlich Gefahren für die von Obdachlosigkeit betroffenen Menschen abgewehrt werden sollen und nicht etwaige Gefahren, die in Einzelfällen von ihnen ausgehen könnten.
In meiner Funktion als Ordnungsbehörde im Bereich der Wohnungslosigkeit biete ich derzeit in Neukölln zwölf sogenannte Safe Places - Behelfsunterkünfte für Obdachlose – an, um diese Zustände nachhaltig zu ändern. Es bleibt jedoch nicht bei der bloßen Unterkunft, es findet auch eine intensive sozialarbeiterische Betreuung statt, die sich positiv auf das Umfeld auswirken wird. Diese Safe Places können eine Alternative sein, wenn klassische Unterbringungen abgelehnt werden. Sie bilden ein zusätzliches Angebot zwischen der Platte und den teilweise nicht auf den individuellen Bedarf passenden ordnungsbehördlichen Unterkünften. Wenn sich die ersten sehr positiven Erfahrungen mit diesem Ansatz bestätigen, will ich das weiter ausbauen. Denn ich bin davon überzeugt, dass es richtig und wichtig ist, von Obdachlosigkeit betroffenen Menschen eine Chance zu geben.
Abschließend möchte ich nicht versäumen, Sie darüber zu informieren, dass es in meinem Geschäftsbereich auch die Suchthilfekoordination gibt. Bitte zögern Sie nicht, sich mit Ihren Fragen an die E-Mailadresse Suchthilfekoordination@bezirksamt-neukoelln.de zu wenden.
Sehr geehrte(r) M. Timmermann, der zunehmend sichtbare Drogenkonsum im öffentlichen Raum ist eine Problematik, die sich in den vergangenen Jahren verstärkt hat und zu einer gesellschaftlichen Eskalation führt, die uns alle als Verlierer zurücklässt. Eine Lösung des Problems von heute auf morgen kann ich Ihnen nicht versprechen. Was ich Ihnen aber versichern kann ist, dass das Bezirksamt alles unternimmt, um die Lage für Sie, sowie alle Neuköllnerinnen und Neuköllner dauerhaft zu verbessern.
Mit freundlichen Grüßen
Hannes Rehfeldt
Bezirksstadtrat