Wind und Lerchen statt Techno
Das Tempelhofer Feld rettet mich seit Jahren. Täglich verbringe ich Zeit dort. Ich gehe mit dem Hund spazieren, mache Sport oder treffe Freunde auf einen Spaziergang oder ein Picknick. Oft setze ich mich allein in die weiten Wiesen zum Lesen und Entspannen. Obwohl man eigentlich überall die Autobahn bzw. Straßenlärm hören kann, empfinde ich das Feld dennoch als einen Ort, an dem ich zur Ruhe kommen kann. Der Wind in den Gräsern und der Gesang der Lerchen und Schwalben gegen die Lautstärke der Herrmannstraße und den Trouble im Schillerkiez. Die Weite gegen die Häuserschluchten der Großstadt. Die relativ saubere Natur im Vergleich zum restlichen Bezirk. Die Möglichkeit, Schafe zu sehen, mitten in der Stadt. Der Geruch nach einem Regen, fast wie auf dem Land. Ich liebe das Feld. Wäre es nicht da, würde mir der Hauptgrund fehlen, in Neukölln zu wohnen. Ohne diese Möglichkeit zum Abschalten, wäre mir der Bezirk zu stressig, zu laut, zu gereizt, zu dreckig und im Sommer viel zu heiß. Unter der Woche klappt dieser Rückzug in eine Auszeit auf dem Feld sehr gut, die Menschen verteilen sich auf der großen Fläche, man findet immer ein Eckchen für sich. Am Wochenenden mit schönem Wetter dagegen, ist das Feld für meine Bedürfnisse oft nicht nutzbar. Dann rücken die Elektropartygruppen an mit Verstärkern, die eigentlich im Club Verwendung finden. Ich verstehe total, dass man seinen Geburtstag gern im Grünen feiert und auch Musik nicht fehlen darf. Aber diese neue Draußen-Partykultur, die alles im Umkreis von mehreren 100 Metern mitbeschallt, nehme ich als sehr problematisch wahr. Oft feiern nur kleine Gruppen von 20 Personen, die jedoch durch die Lautstärke der Bässe weitaus mehr Platz beanspruchen. Oft sind es auch mehrere Partys gleichzeitig, die sich jedoch nicht gemeinsam, sondern nacheinander anordnen (sonst stört ja die Musik der anderen die eigene). So läuft man an manchen Nachmittagen von einer in die nächste Lärmkulisse. Wenn man die Gruppen anspricht, gilt man als Spaßbremse und Spielverderberin. Leider positionieren sich die Partygruppen auch immer im ruhigsten Bereich des Feldes, um das alte Flugzeug herum. Genau dieser Bereich ist aber am besten, wenn man Ruhe und Erholung sucht, da hier die Autobahn relativ leise ist und sich die Menschen gut verteilen. Ich verstehe, dass es viele verschiedene Bedürfnisse in einer Stadt gibt, die alle berechtigt sind. Auch, dass immer mehr Clubs schließen und die Schlangen davor ewig lang werden, so dass eigene Partys im Grünen eine gute Lösung zu sein scheinen, verstehe ich. Dennoch ist der Musiklärm am Wochenende ein Ärgernis, dass ich mit vielen meiner Nachbar*innen teile. Ich fände es daher eine gute Lösung, den Bereich an der Autobahn, wo es ohnehin einen gewissen Lärmpegel gibt, als Bereich für Partys auszuweisen und diese dafür in anderen Bereichen zu verbieten. Oder dass man alternativ zeitliche Grenzen setzt und sagt, o.k., der Samstag gehört euch, feiert gern bis Feldschließung, aber dafür ist sonntags verboten, Musik über Verstärker und Boxen abzuspielen. Irgendwie so. Das wäre mein Vorschlag, um das Fled - zumindest aus meiner Perspektive - als Naherholungsraum zu verbessern. Denn es ist immer wieder frustierend nach einer anstengenden Woche auf dem Feld abschalten zu wollen und zu merken, dass es nicht wirklich möglich ist.