Zum Inhalt springen

Zielanspruch unklar! … Durchsetzung von Liegenschaftsrecht nicht durch Natur-Verbau und Einsatz von Steuergeld ersetzen.

 

Einleitung

Zunächst möchte ich meine Wertschätzung dafür zum Ausdruck bringen, dass es dieses Beteiligungsangebot überhaupt gibt! Dennoch ist es so, dass der tatsächliche Zielanspruch dieses nun mit ca. 1Mio € taxierten Vorhabens irgendwie im Unklaren bleibt. Ich kann daher nur darauf hoffen, dass die nachfolgend dargestellten Punkte im Zuge des weiteren Verfahrens noch irgendwie zur Sprache kommen, und im Zweifelsfall auch durch das in der Kontrollfunktion stehende Bezirksparlament aufgegriffen werden.

Die erhaltene Aussage, den Gesamtinhalt der bereits vorliegenden Konzeptstudie hier aus Datenschutzgründen nicht veröffentlichen zu können, trägt noch einmal zu diesem Meinungsbild bei! Durch öffentliche Gelder finanzierte Studien sollten immer vollständig transparent und offen kommuniziert werden. Entsprechende Dokumente lassen sich durchaus in einer Weise neutral verfassen, das datenschutzrechtlich sensible Informationen, z.B. über einen Kodierungsschlüssel und einen zugehörigen nicht öffentlichen Datenanhang, geschützt bleiben.

 

Klarstellung

Die Erläuterungstexte zu den hier auf mein.Berlin zum Kannegraben angelegten Projektseiten:

verweisen vordergründig jeweils auf „die Notwendigkeit, u.a. grüne Infrastruktur zu sichern, zu optimieren und zu vernetzen“. Als Hintergrund wird angeführt, dass die bereits bestehenden „Bedarfe in der wohnungsbezogenen Grünversorgung des Ortsteils Johannisthal auf Grund weiter geplanter „baulicher Verdichtung“ zunehmen werden. Einer „Etablierung des Kannegrabens als Grünzug und grüner Wegeverbindung“ wird dabei aus Verwaltungssicht ein entsprechendes Potenzial zugesprochen, welches diese „Defizite mildern und die für wohnungs- und siedlungsnahe Erholung nicht adäquat ausgestattete Königsheide entlasten“ könnte.

Fakt ist allerdings, dass es im nördlichen Johannisthal und insbesondere im direkten Umfeld der Eisenbahnsiedlung, und damit anders als für die bereits davon betroffenen Areale in Oberschöneweide, Adlershof und im südlichen wie östlichen Johannisthal, bisher gar keine Anzeichen für eine laufende oder sich absehbar vollziehende bauliche Verdichtung gibt (siehe auch StEP Wohnen 2030 und zugehöriges Kartenmaterial: https://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/stadtentwicklungsplanung/de/wohnen/plaene.shtml). Damit ist zunächst folgender Status Quo festzuhalten:  

  • Die angesprochene Nachverdichtung findet gar nicht im unmittelbaren Umfeld der geplanten Wegeverbindung statt.  
  • Für eben diese Nachverdichtungsgebiete ist also auf diese Weise gar keine Verbesserung der wohnungsbezogenen Grünversorgung (gem. Einteilung Berliner Frei- und Grünflächen: … Einzugsbereich 500 m, Gehweg ca. 5-10 Min.) zu erreichen  
  • Die geplante Wegeverbindung wäre nach wie vor nur mittelbar zu erreichen, wobei die eigentlich zu entlastende Königsheide für viele Nutzer größtenteils weiter als attraktiver, weil nächstgelegener Anlaufpunkt bestehen bliebe.  
  • Durch die unmittelbar angrenzende Königsheide und den Friedhof, sowie durch das bereits vorhandene Maß an Grün, besteht für den Bereich der Eisenbahnsiedlung und das Areal des ehemaligen Kindeheims im Vergleich sogar eher ein Überangebot an Grünversorgung. 

Auch die Beabsichtigte „Funktion als Verbindungsachse zwischen dem Friedhof … und der Königsheide“ wirkt rhetorisch aufgeblasen und damit konstruiert. Denn bekanntlich grenzt die Königsheide in ihrem nordöstlichen Teil bereits unmittelbar an das Friedhofsareal. Die erwähnte Überlastung der Königsheide selbst ist nicht unmittelbare Folge der Nutzung im Rahmen wohnungsbezogener Grünversorgung, sondern resultiert aus ihrer wichtigen Funktion als siedlungsbezogener Erholungsraum mit einem sehr viel größeren Einzugsgebiet. Für eine verträgliche Nutzung der Königsheide braucht es daher grundlegende Maßnahmen im Bereich der Königsheide selbst und nicht kleinteilige Umsetzungen an deren Peripherie.

 

Schlussfolgerung

Von den verwaltungsseitig dargestellten Hintergründen, Zielen und Ergebnissen bleiben damit tatsächlich nur folgende Motive für die angestrebte städtebauliche Reaktivierung des Kannegraben bestehen:

  • Die Erschließung von bekanntermaßen stets knapp bemessenen Grün-Ausgleichsflächen für weitere Bauprojekte mit Neuverdichtungspotenzial  
  • Die Akquirierung von geforderten Projektflächen mit Fokus klimaangepasste Stadt und Regenwassermanagement  
  • Umsetzung als Präventionsmaßnahme gegen eine erneute widerrechtliche Flächenaneignung von in Landesbesitz befindlichen Flächen durch Teile der Anwohnerschaft der Eisenbahnsiedlung (siehe Ergebniszusammenfassung: … „Bei der zukünftigen Ausführungsplanung sind Ansätze einer Eingrenzung der Wegeverbindung zu betrachten, um … der unkontrollierten Entwicklung unberechtigter Abzäunungen und baulicher Inanspruchnahme im Grabenbereich entgegenzuwirken.“)  

Dem wäre wiederum klar entgegen zu halten:

  • Dem fortschreitenden Verlust wertvoller grüner Infrastruktur im Bestand sollte im Zuge von Nachverdichtung und entsprechend den formulierten Ansprüchen des StEP Klima und der Charta für das Berliner Stadtgrün generell nicht weiter unwidersprochen stattgegeben werden. Denn räumlich getrennt zu den Bauprojekten ausgeführte Ersatzmaßnahmen können die vor Ort entstehenden klimatischen, gesundheitlichen und systemischen (Regenwasserrückhaltung) Nachteile nicht kompensieren. Mögliche städtebauliche Alternativen sind durchaus bekannt. Sie müssten allerdings endlich politisch und mit Priorisierung auf das Gemeinwohl durchgesetzt werden.  
  • Die hier vorgestellten Pläne sehen eine, wenn auch behutsame bauliche Nutzung von bisher in größeren Teilen auch sich selbst überlassenen Naturflächen vor. Ökosystemnutzen und Regenwasserrückhaltefähigkeit können im dann baulich veränderten Zustand aber nur sinken! … In diesem Sinne ergäbe sich schlimmstenfalls also sogar eine doppelt negative Wirkung. Zum einen aus dem Verlust von klimaanpassungsrelevantem Grün durch Nachverdichtung im Bestand, zum anderen durch eine ökologisch nicht gleichwertige bauliche Umnutzung und dem dann einhergehenden Qualitätsverlust bisheriger Naturräume.  
  • Ein Vollzugsdefizit der Durchsetzung staatlicher Autorität sollte nicht durch den Einsatz von Steuergeldern als Präventionsmaßnahme kompensiert werden. Die geplante Wegeverbindung bindet Gelder, die anderenorts und gerade auch für Grüne Infrastruktur wahrscheinlich besser eingesetzt wären und zieht zudem weitere Aufwendungen für Pflege, Müllentsorgung und Instandhaltung nach.

 

Zusammenfassung und finales Fazit

Die vorgestellte Studienzusammenfassung liefert Meinungsbilder aber keine Fakten und Belege für einen nachhaltig wirksamen Einsatz von Steuergeldern im Zuge der untersuchten städtebaulichen Reaktivierung des Kannegrabens als grüne Wegeverbindung. Schon die hier vorgenommene grobe Abwägung weist diesbezüglich Fragezeichen auf.

Die Situation der wohnungsbezogenen Grünversorgung in bereits bestehenden oder potenziellen Nachverdichtungsgebieten würde sich tatsächlich nicht relevant verbessern. Eine beabsichtigte Entlastungswirkung für die Königsheide ist nicht zu erwarten. Überhaupt ist in Frage zu stellen, dass sich aus einer städtebaulichen Reaktivierung auf Grundlage baulicher Maßnahmen des aktuell in größeren Teilen sich selbst überlassenen, also verwilderten Kannegrabens als grüne Wegeverbindung überhaupt irgendein wesentlicher ökologischer Nutzen oder Mehrwert abgewinnen lässt. Tatsächlich wäre sogar eine qualitative Verschlechterung bisheriger Naturräume durch Biotopverlust, zunehmendes Störpotenzial und Lichtverschmutzung möglich.

Das tatsächliche Verhältnis von Aufwand zu Nutzen wäre also im Grunde für dieses Projekt neu und im Vergleich zur erzielbaren Wirkung bei alternativer Verwendung der Finanzmittel, z.B. im unmittelbaren Bereich der Königsheide genauso wie im unmittelbaren Umfeld der Nachverdichtungsprojekte zu bewerten. Ob diese Betrachtung überhaupt bereits hinreichend stattgefunden hat, kann leider auf Grundlage der hier verfügbaren Informationen nicht geklärt werden.  

Johannisthaler bearbeitet am
Referenznr.: 2022-15409

Kommentare