Zum Inhalt springen

Internationale Bauausstellung Berlin-Brandenburg

Siedlungsentwicklung und Wohnungsmarkt

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich schlage eine gemeinsame, Internationale Bauausstellung für Berlin-Brandenburg vor und verweise auf den Aufruf der Brandenburgischen Architektenkammer und der Architektenkammer Berlin "Jetzt erst recht!" vom 10. September 2020.

Warum brauchen wir eine Internationale Bauausstellung in Berlin und Brandenburg?

Ich meine, dass die Menschen in Brandenburg und Berlin eine Idee benötigen, hinter der sie sich versammeln können und die eine gemeinsame Identifikation befördert: Wir sind die Hauptstadtregion. Und: Wir stehen zusammen für etwas Positives, Konstruktives und Konkretes was uns allen hilft die Herausforderungen der Gegenwart zu meistern und eine bessere Zukunft zu gestalten! 

Internationale Bauausstellungen sind in Deutschland eine etablierte Marke für solche Ideen. Sie stehen für das Nachdenken darüber wie wir leben wollen. Und sie wirken da am stärksten, wo Menschen die Möglichkeit haben die Umsetzung dieser Ideen in gebauten Beispielen zu besuchen und zu prüfen, ob diese Beispiele für sie ganz persönlich funktionieren. Man könnte sagen: Eine IBA übersetzt strategische Ziele und Planungen in eine (fast) ganz alltägliche Bautätigkeit.

Es ist müßig die Unterschiede von Berlin und Brandenburg zu benennen. Sie sind vielfältig und bedeutsam. Aber die Herausforderungen der Gegenwart sind es auch. Klimawandel, Digitalisierung und Globalisierung sind keine exklusiven Probleme der Hauptstadtregion, aber fraglos welche, die sehr reale Auswirkungen auf unser aller Leben haben. Den benannten Phänomenen sind dabei unsere Unterschiede schlichtweg egal. 

Wir müssen also so oder so nach Antworten auf diese Herausforderungen suchen. Ich meine: Das Potential für gute Antworten ist um ein vielfaches höher, wenn beide Länder auf Augenhöhe zusammenarbeiten, gegenseitig ihre Stärken anerkennen und sich dadurch nicht nur ergänzen, sondern befördern. 

Berlin liegt im Herzen Brandenburgs. Diese besondere Lagebeziehung ist Ausgangspunkt für jede zukünftige Entwicklung der beiden Länder. Wie viele andere Wirtschaftszweige auch, die sich künftig kürzeren Wegen und Wertschöpfungsketten zuwenden wollen oder müssen, ist auch eine nicht auf Wachstum sondern auf Kreislauf ausgerichtete, nachhaltige und dennoch qualitativ hochwertige Bauwirtschaft gemeinsam viel besser umzusetzen, als es innerhalb der jeweiligen Ländergrenzen denkbar wäre. Gleiches gilt für die Verkehrs- und Bodenpolitik, deren grundlegende Bedeutung nicht oft genug betont werden kann. Sie wird überhaupt erst gemeinsam denk- und umsetzbar.

Aber wir werden scheitern, wenn wir diese Themen allein auf der Ebene der Politik und der Planungen behandeln. Das alles muss konkret werden, begreifbar und erfahrbar, und so die Menschen mitnehmen. Wenn es keine Beispiele dafür gibt, wie man gemeinschaftlich besser und nachhaltiger leben kann als in einem Einfamilienhaus, dann werden die Menschen dort, wo der Boden billig ist, auch weiterhin dem Bausparkassen-Credo „mein Haus - mein Auto - mein Boot“ folgen. Die guten Beispiele, die zeigen wie ein anderes Leben möglich ist, in dem Natur, Wirtschaft und kulturelle Identität keine Gegenpole sind, sondern eine Einheit: man muss sie planen und bauen! Und zwar nicht als Kuriosum, als außergewöhnliche Einzelleistung, sondern programmatisch, als Aufbruch zu einer neuen Bau- und Lebenskultur!

Die von den Kammern vorgeschlagene IBA ist somit eine politische Aufgabe mit einer gesellschaftlichen Dimension, die beide Länder unter Wahrung ihrer jeweiligen Identitäten gemeinsam verfolgen sollten. Nicht nur die Fachverbände haben erklärt, dass sie ein solches Vorhaben unterstützen würden. Auch die Kommunalverbände haben sich interessiert gezeigt. 

Natürlich müssen auf diesem Wege auch Risiken seitens der Politik eingegangen werden. Und das größte Hindernis könnte ein Vermittlungsproblem sein: Diese IBA soll nämlich nicht (vor-)schnelle Antworten auf komplexe Fragen liefern. Inhalte und (Realisierungs-)Orte sollen in einem moderierten Dialog zwischen Berlinern und Brandenburgern behutsam destilliert werden und dabei sowohl top-down- als auch bottom-up-Ansätze berücksichtigen. Das ist ein aufwändiger Prozess, der neben aller notwendigen Expertise vor allem bedingt dass man den Menschen zuhören muß. Sie sind die wahren Experten ihrer Leben und ihrer konkreten Umwelt!

Ein solcher Prozess ist jedoch machbar. Interdisziplinär aufgestellte Büros haben es in jüngster Zeit vielfach bewiesen: Sie wandeln Fachleute zu Zuhörern, und damit zu Moderatoren einer Gemeinschaft, die sich ihrer Identität, ihrer Wünsche und ihrer Pflichten bewusst(er) wird. Dass dieser Weg sowohl tiefe Befriedigung und Freude als auch gute Ergebnisse erzeugen kann wissen alle, die an solchen Partizipationsformaten schon einmal teilgenommen haben.

Ich meine, den Menschen in Berlin und Brandenburg wird immer deutlicher, dass der Weg einer globalisierten Wachstumswirtschaft mit all ihren Konsequenzen nicht nachhaltig ist. Aber die Frage ist: was tritt an die Stelle dieses Paradigmas? Und was bedeutet das für uns hier in der Hauptstadtregion konkret? In der Erarbeitung dieser Antworten liegt die potentielle Kraft einer IBA Berlin-Brandenburg, die uns als gemeinsame Marke einen Weg in eine bessere Zukunft weist.

C. Keller

BA_Keller erstellt am
Referenznr.: 2021-09384

Kommentare