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Autofreies Viertel in Friedenau, wo größte Bewohnerzustimmung vorliegt

Friedenau war bis zur Endwidmung der A104 von einem „Autobahndreieck“ umgeben. Damit ist keine der Straßen in Friedenau für den ortsteilübergreifenden Verkehr essentiell, insbesondere nicht der Bereich westlich der Bundesallee, der durch die ehemalige A104 entlastet wird.

Vorgeschlagen wird nun, in Friedenau in vier Abstimmungsgebieten eine Entscheidung herbeizuführen, ob die jeweiligen Anwohner eine Umgestaltung zu einem autofreien Gebiet befürworten. Als Abstimmungsgebiet vorgeschlagen wird der Bereich ab einschließlich Aßmannshauser Straße und Rüdesheimer Straße im Westen, Kreuznacher Straße – Bornstraße im Süden, bis (ausschließlich) Bundesallee und Stadtautobahn im Osten und Norden. Geteilt werden die vier Gebiete durch die Wiesbadener Straße (in jedem Fall Verkehr) und die Laubacher Straße (in keinem Fall Verkehr). Dort verläuft auch die Bezirksgrenze. Die Bewohner der Straßen, in denen in jedem Fall Kfz.-Verkehr bliebe bzw. kein Verkehr wäre, stimmen nicht ab oder werden jedenfalls getrennt ausgewertet. Der Quadrant, in dem sich die höchste Zustimmung für die autofreie Gestaltung ergibt, wird berücksichtigt. Eventuell kann als fünftes der Bereich zwischen Kreuznacher Straße – Bornstraße und Schildhornstraße berücksichtigt werden, ohne die Parkhauszufahrten nähe Schloßstraße.

Besonders die beiden westlichen und das südliche Teilgebiet haben einen eigenständigen städtebaulichen Charakter und wohl auch eine andere Sozialstruktur als die näher am Kern Friedenaus nahe des Friedrich-Wilhelm-Platzes gelegenen. Die vier nördlichen Quartiere haben jeweils eine Grundschule und würden es damit den Kindern ermöglichen, gefahrlos zur Schule zu kommen. Eine autofreie Umgestaltung eines der Quartiere am Südwestkorso würde diesen auch ohne bauliche Veränderungen als Ausfallstraße für den Radverkehr deutlich attraktiver machen.

Minderjährige sollten ebenfalls abstimmungsberechtigt sein, können aber getrennt ausgewertet werden. Die Abstimmung hätte keine Rechtskraft, sollte aber die weiteren Entscheidungen von Bezirk und Senat lenken. Soweit für die Verwirklichung des autofreien Viertels und der Parkraumbewirtschaftung bundesrechtliche Veränderungen erforderlich wären, sollte der Senat über den Bundesrat darauf hinwirken.

Begleitmaßnahme Anwohnerparken

Mit der vorgeschlagenen Fahrradstraße würden zahlreiche Parkplätze wegfallen. Zum Ausgleich sollte die Parkraumbewirtschaftung in den nahegelegenen Straßen ausgeweitet werden. Momentan erfolgt diese in Berlin durch Parkvorrechte für Anwohner. Diese sollten in der Fläche ausgeweitet, aber materiell beschränkt werden. Bislang kann jeder Haushalt beliebig viele und beliebig lange Kfz. anmelden, und die Zahl der Anwohnerplaketten ist nicht begrenzt. Das „neue Anwohnerparken“ sollte der Anzahl und Länge nach begrenzt werden. Die Anwohnerparkvorrechte sollten je Person auf 1,50 m Straßenlänge beschränkt werden, jedoch abweichend 1,75 m je Person für Ein- und Zweipersonenhaushalte. Somit gäbe es für Haushalte mit einer Person Anwohnerparkrechte für eine Fahrzeuglänge entlang des Bordsteins von 1,75 m, für 2 Personen 3,50 m, 3 Personen 4,50 m, 4 Personen 6 m, 5 Personen 7,50 m, usw., die auf Wunsch auch auf mehrere Kleinwagen aufgeteilt werden können.

Diese Regelung würde im größeren Teil des Wohngebiets gelten, und dort sollten auch keine anderen Autos parken. Die 1,75 m wären auch für querparkende Kleinstautos nutzbar, wo die Platzverhältnisse dies erlauben und es ausgeschildert ist. Beispielsweise ist das Elektroauto Microlino mit 2,44 m kaum länger als ein SUV breit, und eine gewisser Überstand über die Bordsteinkante kann toleriert werden, während andere PKW ein Stück Abstand davon einhalten. Die Breite bleibt deutlich unter den allen Haushalten zugebilligten 1,75 m.

In einem kleineren Teil des Quartiers mit sonst längenmäßig begrenzten Anwohnerparkvorrechten können weiterhin von jedem beliebig viele und lange Autos abgestellt werden. Ideal wäre es, dort eine generelle Gebührenpflicht einzuführen, von der es auch keine Ausnahmen für Anwohner gibt. Falls rechtliche oder politische Bedenken bestünden, könnten auch dort Anwohnerparkvorrechte geschaffen werden, wobei die zugehörigen Haushalte dann aber wählen müssten, ob sie Anwohnerparkscheine für das erstgenannte Gebiet mit Längenbeschränkung erhalten oder nur solche für das Gebiet ohne Längenbeschränkung. Zudem wäre die Parkdauer zu begrenzen, z.B. auf maximal 36 Stunden. In beiden Fällen würde Dauerparken mit selten bewegten Fahrzeugen vorgebeugt werden. Beim Verzicht auf Parkgebühren von Anwohnern würde ein beträchtlicher Parkdruck und Parksuchverkehr entstehen. Schon deshalb ist es wichtig, die Parkzeit zu begrenzen, weil damit die Parkplatzknappheit täglich spürbar würden, was im Fall von „Stehzeugen“ weniger der Fall wäre. Es entstünde ein beträchtlicher Anreiz, auf kürzere Autos umzusteigen und – gerade im Fall von 1- und 2-Personen-Haushalten – ohne eigenes Autos auszukommen, oder – bei größeren Haushalten, mit einem einzigen Autos.

Im Umfeld der Fahrradstraße würden die dadurch bewirkten Umschichtungen den Wegfall der Parkplätze ausgleichen. Für die unmittelbaren Anwohner ergibt sich zudem schon dadurch, dass nicht mehr vor das Haus vorgefahren werden kann, ein Anreiz zur Abschaffung des Kfz., und zudem wird ja eine gute Alternative geschaffen.

Sogenannte Fahrradstraßen mit „Anlieger frei“ Regelung und Parken bleiben Angsträume für Durchschnitts-Fahrradbesitzer und für die Eltern radfahrender Kinder, zudem erfolgt keine durchgängige Überwachung. Sie erlauben auch keine generelle Umgestaltung des Straßenraums.

Mobilitätsgesetz

§ 43 (1) des Berliner Mobilitätsgesetzes fordert, dass „auf oder an allen Hauptverkehrsstraßen sollen Radverkehrsanlagen mit erschütterungsarmem, gut befahrbarem Belag in sicherem Abstand zu parkenden Kraftfahrzeugen und ausreichender Breite eingerichtet werden.“ Im Fall der Verwirklichung der Fahrradstraße im Straßenzug a) kann meines Erachtens im Bereich ex-A104 und Schildhornstraße davon abgewichen werden, was ggf. eine Gesetzesänderung erfordert.

Joa Falken erstellt am
Referenznr.: 2021-09722

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